30 Jahre nach dem Tod von Ayrton Senna gedenkt Netflix der Formel-1-Legende mit einer sechsteiligen Serie. Die Produktion gibt nicht nur auf der Strecke Vollgas - zum Leidwesen des Publikums.
Mit Vollgas in den TodNetflix erinnert mit „Senna“ an eine Rennsportlegende
Von Ayrton Sennas Auto war am 1. Mai 1994 nicht mehr viel übrig. Warum genau der Ausnahmefahrer der Formel 1 in Imola mit 214 km/h in eine Betonmauer krachte, ist bis heute ungeklärt. Sein Erbe wirkt in der Rennsportelite bis heute nach - auch, weil er mehrfach zum schnellsten F1-Piloten der Geschichte gekürt wurde.
Einige Monate nach Sennas 30. Todestag huldigt Netflix dem Brasilianer nun mit einer sechs Folgen umfassenden Fiction-Serie. „Senna“, eine Produktion der Regisseure Vicente Amorim und Julia Rezende, ist ab 29. November beim Streamer abrufbar.
Das Duo tritt in große Fußstapfen: Schließlich widmete sich 2011 mit Asif Kapadia ein Oscar-dekorierter Dokumentarfilmer dem tragischen Schicksal Sennas. Das wuchtig und gleichzeitig feinfühlig inszenierte Dokudrama zog damals auch weniger rennsportaffine Cineasten in den Bann und heimste eine Reihe internationaler Preise, etwa beim Sundance Festival, ein.
Hauptdarsteller Gabriel Leone spielte in Michael Manns „Ferrari“
Kam der Dokumentarfilm der Sportlegende auch dank unzähliger Archivaufnahmen beeindruckend nah, geht Netflix bei „Senna“ einen anderen Weg - und setzt mit Gabriel Leone einen Rennsportfilm-erprobten Darsteller (er spielte in Michael Manns „Ferrari“) ins Cockpit. Während zunächst der tragische Unfall die Klammer um die Handlung setzt, springen die Macher der Fiction-Serie in Sennas Kindheit zurück, um die Geschichte vom Autoschraubersohn zum F1-Champion chronologisch zu rekonstruieren.
Von der Schulzeit über die ersten Meter im Selbstbau-Kart seines Vaters bis hin zu ersten Erfolgen: „Senna“ rauscht mit Vollgas durch die ersten Lebensstationen des Brasilianers - oder besser gesagt an ihnen vorbei. Ja, man nimmt Notiz davon, dass der junge (und auch der ältere) Ayrton ein begnadeter, risikobereiter Fahrer auf der Strecke und ein emotionaler Heißsporn daneben war. Innere und äußere Konflikte, etwa der Abschied von seiner Heimat und seinen Eltern zugunsten seines Rennsport-Traums, aber werden bestenfalls angeschnitten. Interessante und facettenreiche Nebencharaktere sucht man vergebens.
Begegnungen mit Alain Prost, Niki Lauda und Co.
„Die Balance stimmt nicht, die Bremsen sind schwammig“, konstatiert Senna bei seiner Probefahrt kurz vor dem Sprung in die Formel Ford. Die sechsteilige Netflix-Serie zeichnet den Brasilianer als nimmermüden Arbeiter, als überehrgeizigen Tüftler und nicht ganz einfachen Zeitgenossen, der seine Karriere über alles stellt. Die Scheidungspapiere seiner ersten Frau Lilian nimmt er bestenfalls zur Kenntnis. Emotionen lässt Senna nicht zu, die zweifelsfreie Zäsur in seinem Privatleben geht in der oberflächlichen Darstellung der Netflix-Serie unter.
Immerhin beruflich schwimmt Senna auf der Erfolgswelle. Nach beachtlichen Erfolgen in den unterklassigen Rennserien landet er 1984 endlich in der Formel 1. Rennsport-Nostalgiker dürfen sich hier auf Begegnungen Sennas mit Ikonen wie Niki Lauda und Alain Prost freuen. Mehr als Fanservice und Staffage - zumindest in den zwei vorab für die Presse zu sichtenden Episoden - sind deren Auftritte aber nicht. Wie sich Senna in der Branche voller geldorientierter Egomanen schlägt, lösen die vier weiteren Folgen auf, die es ab 29. November bei Netflix zu sehen gibt. (tsch)