Quincy Jones gehörte zu den einflussreichsten Figuren im amerikanischen Showgeschäft. Nun ist der Produzent und Musiker 91-jährig verstorben. Wie stellen fünf Highlights aus seinem weitreichenden Musikkatalog vor.
Quincy Jones gestorbenDiese 5 musikalischen Meilensteine müsst ihr kennen
Quincy Jones hat ein Gesamtwerk hinterlassen, dass so umfangreich ist, wie es einflussreich war.
Der am Sonntagabend 91-jährig verstorbene Entertainment-Titan war außerdem extrem wandlungsfähig: Er begann als Jazz-Musiker und produzierte später das erfolgreichste Pop-Album aller Zeiten. Wir stellen fünf Meilensteine aus seiner Karriere vor, die Sie kennen sollten.
Michael Jackson - Thriller (1982)
Das gleichnamige Album setzte nicht nur Maßstäbe in Sachen Musikproduktion, es wurde auch zum meistverkauften Album aller Zeiten: Die Rede ist natürlich von „Thriller“, Michael Jacksons Meisterwerk aus dem Jahr 1982, nach dem in der Pop-Welt nichts mehr zu sein schien, wie es vorher war. Das Album vermischte Pop, Rock und Soul zu einer vorher ungehörten Mischung und stellte ein Bindeglied zwischen der Vergangenheit und der Zukunft dar: Größtenteils wurde es noch analog aufgenommen, doch erste digitale Tools kamen bereits zum Einsatz.
So nutzte Jones echte Streicher, die er dann aber mit Synthesizern vermischte. „Thriller“ knüpfte an der bisherigen Musikgeschichte an und schlug ein neues Kapitel auf. Dazu kam eine beispiellose Marketingkampagne inklusive der für ihre Zeit extrem cineastisch daherkommenden Videoclips für Hits wie „Beat It“ oder den Titelsong. Ein Album für die Ewigkeit.
Lesley Gore - You Don't Own Me (1963)
Mit „It's My Party“ landeten 1963 sowohl Produzent Quincy Jones als auch Sängerin Lesley Gore ihren ersten Nummer-Eins-Hit. Dabei hätte es anderes kommen können: Auch Phil Spector wollte den Song herausbringen, gesungen von der Girl Group The Crystals. Als Jones von dem Vorhaben hörte, ging er sofort nach Hause, um Testpressungen seiner Version mit der jungen Sängerin herzustellen und an Radiosender zu schicken. Der Plan ging auf und Lesley Gore wurde zum Star.
Bereits „It's My Party“ - mit der zweiten Zeile „And I'll cry if I want to“ - verkörperte die Verweigerungshaltung einer neuen weiblichen Generation, den Erwartungshaltungen zu entsprechen, die an sie gerichtet sind. Im selben Jahr veröffentlichte Lesley Gore mit „You Don't Own Me“ einen Song, der heute als wegweisend für Feminismus im Pop gilt. „Don't tell me what to do“, fordert Gore selbstbewusst. „Don't tell me what to say.“ Jones' Produktion bediente sich dabei der üblichen Tricks von 1960er-Pop - Streicher, das Hervorheben des Refrains durch mehr Textur -, setzte sie aber so ein, dass sie der Geste der Selbstermächtigung den Rücken stärkten, die Gore hier tätigte. Ein mutiges Stück.
Quincy Jones - Soul Bossa Nova (1962)
1962 erschien mit „Big Band Bossa Nova“ ein Album von Quincy Jones selbst, das als eine Art Übergang zwischen dem Jazz-Musiker und dem späteren Pop-Produzenten gelten könnte. „Big Band Bossa Nova“ enthält, was darauf steht. Eine große Jazzband widmet sich dem Bossanova, jenem brasilianischen Hybrid aus Jazz und brasilianischer Volksmusik, für den Amerika zwischen der Begeisterung für Rock'n'Roll und der britischen Invasion durch Beatles, Stones & co. ein Faible entwickelt hatte.
Die Wahl des Genres verrät es schon: Jones schielte hier ein bisschen auf die Verkaufszahlen. Darum tat er auch etwas, das bei den einflussreichen Jazzmusikern dieser Ära eher selten war: Er nahm kurze Stücke mit einer Spieldauer von zumeist weniger als drei Minuten auf. Jones komponierte das erste Stück „Soul Bossa Nova“ und arrangierte alle übrigen Songs und fungierte darüber hinaus als Dirigent. Die Mischung aus hohem Anspruch - Jones wählte nur Top-Musiker für das Projekt aus - und unverhohlenem Spaß funktionierte - auch 35 Jahre später noch, als „Soul Bossa Nova“ durch einen Einsatz in der Agentenkomödie „Austin Powers: Das Schärfste, was Ihre Majestät zu bieten hat“ einen Popularitätsschub erhielt.
Aretha Franklin - Angel (1973)
1972 nahm Quincy Jones mit Aretha Franklin ein Album in Angriff, mit dem die Soul-Sängerin sich auf fremdes Territorium begeben wollte: „Hey Now Hey (The Other Side Of The Sky)“ sollte eigentlich ein reines Jazz-Album werden. Doch während der Aufnahmen packte Jones und Franklin die Freude am Ausprobieren unterschiedlicher Stile und als die Platte im Folgejahr erschien, war es zu einer zwar Jazz-lastigen aber dennoch abwechslungsreichen und verspielten Kollaboration zweier Legenden geworden.
Das Highlight des Albums: „Angel“, eine Pop-Ballade mit einer Spur von Jazz in Form eines Saxofon-Solos und einer Spur von Soul in Form von Aretha Franklins unverkennbarer Stimme. Geschrieben wurde der Song übrigens nicht von einem professionellen Songwriter, aber auch nicht von Jones oder Franklin selbst: Es stammt aus der Feder von Arethas jüngerer Schwester Carolyn Franklin. Die dezente Produktion sorgt dafür, dass all die unterschiedlichen Bausteine ineinandergreifen und das Stück seine emotionale Wirkung entfaltet.
Quincy Jones & Miles Davis - Quincy & Miles Live at Montreux (1991)
1991 kam es beim Montreux Jazz Festival zu einem weiteren Treffen von Legenden. Quincy Jones, der an der Organisation des Festivals beteiligt war, konnte die Festivalmacher und seinen alten Freund Miles Davis davon überzeugen, dass Davis dort auftreten sollte - mit Jones selbst als sein Dirigent. Wieso vorher überhaupt jemand skeptisch gewesen ist? Weil Miles Davis, stets ein Innovator, sich in den Jahrzehnten davor beharrlich geweigert hatte, im Stile seiner großen Klassiker „Kind Of Blue“ oder „In A Silent Way“ weiterzumusizieren und mit den Experimenten der letzten Jahren so einige Jazzfans vor den Kopf gestoßen hatte - etwa indem er Rock-, Funk- und sogar Rap-Elemente in seine Musik einfließen ließ.
Quincy Jones wollte Davis überreden, wieder seine alte Musik zu performen. Diese hatte die Jazz-Ikone seit bis zu vier Jahrzehnten nicht mehr angerührt, die Chancen standen schlecht. Durch eine Hellseherin kam der legendäre Auftritt dann doch zustande. Sie konnte Miles Davis überzeugen, dass es eine gute Idee sei, sich seiner Vergangenheit zu stellen - und Davis sagte zu. Den Abend widmeten die Musiker dem 1988 verstorbenen Gil Evans, mit dem Davis auf vielen seiner klassischen Werke zusammengearbeitet hatte. Der denkwürdige Auftritt wurde auf einem Konzertfilm festgehalten. Für das bei dem Konzert entstandene Livealbum gab es später einen Grammy. Miles Davis war bei dem Auftritt bereits sehr krank - er starb drei Monate später. (tsch)