Marianne Rosenberg steht seit über 50 Jahren auf den Bühnen. Zuletzt veröffentlichte sie zwei neue Alben, nun steht eine große Tour auf dem Programm.
Tour mit HindernissenMarianne Rosenberg: Klartext zu ihren Hits und zu einem Karriere-Ende
Sie ist eine deutsche Pop- und Schlager-Ikone, ihre Hits kennt jeder. Marianne Rosenberg (67) steckt gerade in den letzten Vorbereitungen zu ihrer Tour, die sie unter anderem auch am 12. September in die Kölner Lanxess-Arena führt. Vor dem Start sprach die Berliner Künstlerin ausführlich mit EXPRESS.de.
Drei Tage, nachdem 2020 Ihr Album „Im Namen der Liebe“ erschien, wurde in Deutschland der Lockdown verkündet. Die Tour wurde dreimal verschoben. Jetzt können die Konzerte endlich steigen.Marianne Rosenberg: Zwischenzeitlich habe ich schon gedacht, dass dies das Aus für die Musikbranche sei, nachdem alle Events immer wieder verschoben werden mussten. Ich war ziemlich am Boden und desillusioniert. Dabei hatte ich 50-jähriges Bühnenjubiläum, das Album schoss auf Platz eins der Charts. Das wollte ich mit meinen Fans natürlich feiern. Und es ging alles nicht. Was ist eine Sängerin ohne ihr Publikum? Gar nichts!
Marianne Rosenberg: Gloria Gaynor oder Diana Ross waren Vorbilder
Und dann haben Sie vor lauter Langeweile direkt noch ein Album aufgenommen? Marianne Rosenberg: Ich hatte das Glück, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen Menschen ins Studio gehen konnte, um weiterhin Musik zu machen. Viele waren ja paralysiert während des Lockdowns. Ich wollte unbedingt weiter Musik machen. Ich wurde 2020 mitten im vollen Galopp gestoppt. Das war so heftig, da fällt man ja fast in eine Depression.
Wie kamen Sie auf die Idee, für „Diva“ Neuinterpretationen aus der Musikgeschichte aufzunehmen? Marianne Rosenberg: Als ich mich mit meinem 50-jährigen Jubiläum beschäftigt habe, habe ich viel auf meinen Weg zurückgeschaut. Dabei fiel mir auf, dass es für die Machart meiner Hits wie „Er gehört zu mir“ oder „Marleen“ Vorbilder wie Gloria Gaynor oder Diana Ross gab. Mit diesem Sound habe ich den Schlager zu der Zeit schon revolutioniert und weiterentwickelt.
Also eine Hommage an diese Künstlerinnen? Marianne Rosenberg: In meinem Zimmer hingen damals Poster von den Three Degrees oder von Diana Ross im Glitzerkleid und mit Lipgloss. So wollte ich auftreten, so wollte ich sein. Das habe ich geschafft, auch wenn ich beispielsweise in der ZDF-Hitparade deplatziert war. Da dominierte eher der Look mit offenem Hemdkragen, Kettchen und Jeans. Dann kam ich da an in einem Hollywood-Kleid mit Pailletten an und wurde oft vom Regisseur noch mal weggeschickt, damit ich mir ein neues Outfit besorge.
Welche Beziehung haben Sie noch zu den Titeln? Marianne Rosenberg: Coversongs sind zwar in Mode. Man muss sich die Songs aber auch aneignen und sollte mit den Titeln etwas zu tun haben. Ich habe beispielsweise 1987 „Never Can Say Goodbye“ mit Frank Farian aufgenommen. Plötzlich kam Jimmy Sommerville drei Wochen vor unserer Veröffentlichung mit seiner Version raus. Da habe ich einen Schlag bekommen. Ich habe einmal zeitgleich mit Gitte eine deutsche Version von Barbra Streisands „Woman in Love“ herausgebracht. Das war okay. Aber im Vergleich zu Sommerville hätte ich den Kürzeren gezogen. Jetzt ist es endlich so weit, dass ich den Song auf das Album nehmen konnte.
Mit „Der Traum ist aus“ stammt nur ein Song von einem Mann: Rio Reiser. Marianne Rosenberg: An den wegweisenden Frauen habe ich mich als Teenager orientiert und sie später immer wieder mal getroffen. Ich wollte den großen Disco-Diven ein Denkmal setzen. Das ist der Schlüssel zu meiner Musik: Disco-Grooves, Streicher, die Art des Gesangs. Mit Rio Reiser war ich in den 80er-Jahren eng befreundet. Er hat mich ermutigt, dass ich meine Gefühle in eigenen Texten ausdrücke und hat mir das Songschreiben beigebracht. Daher ist ein Song von ihm dabei.
Wie erklären Sie es sich eigentlich, dass Sie besonders in Köln so treue Fans haben? Marianne Rosenberg: Mein Weg fing in Köln an. Damals habe ich im Alter von 13 Jahren direkt gegenüber vom Dom in einem Veranstaltungssaal die Endausscheidung eines bundesweiten Nachwuchswettbewerbs und damit einen halbjährigen Schallplattenvertrag gewonnen, mit dem ich „Mr. Paul McCartney“ veröffentlicht habe. Mein Bruder hat mich damals zu Discotheken-Auftritten gefahren. Eine junge Schlagersängerin, die sich Natalie von Mayen nannte, reiste uns immer hinterher. Später hat er diese Frau geheiratet und wohnt nun mit ihr in der Eifel. In den 50 Jahren meiner Karriere habe ich dann viele Konzerte in Köln gegeben – die Kölner sind ein wunderbares Publikum.
In der neuen ZDF-Sendung „Music Impossible“, in der Sie Ihren Song „Hallo mein Freund“ als Rap präsentieren müssen, treffen Sie auf den Kölner Eko Fresh. Sie kündigen dort schon ein gemeinsames Werk an. Marianne Rosenberg: Eko Fresh ist ein sehr offener Musiker. Ich denke, dass wir da noch ein Feature zusammen machen. Ich mochte ihn sehr, er mochte mich. Das ist eine offene Tür, durch die wir Ende des Jahres bestimmt durchgehen.
Marianne Rosenberg plant gemeinsamen Song mit Eko Fresh
Das klingt noch nicht so, als würde es Ihnen reichen? Marianne Rosenberg: Womit denn?
Mit Musik und Live-Auftritten. Marianne Rosenberg: Meine Liebe ist Musik. Ich finde den Gedanken, etwas zu beenden und sich auf einen Lebensabend – alleine dieses Wort! – zu freuen, vollkommen absurd. Warum sollte ich das, was ich liebe und kann, verlassen oder aufgeben und stattdessen meinen Garten umgraben? Es gibt bestimmt körperlich schwere Berufe, in denen man ab einem gewissen Alter aufhören muss. Mir wurde diese Stimme in die Wiege gelegt und ich habe die Verantwortung sie fortzutragen. Wenn Barbra Streisand mit 80 noch so wundervoll singt, habe ich die Hoffnung, dass ich das auch noch zehn Jahre lang kann.
Aber dann müssen Sie auch noch zehn Jahre lang „Er gehört zu mir“ singen. Marianne Rosenberg: Die Stones können auch nicht ohne „Satisfaction“ auftreten. Ich habe mal in Berlin ein Konzert von Barry White besucht. Der präsentierte seine Hits in neuen, abgewandelten Versionen. Da bin ich vor Wut auf den Stuhl gestiegen. Ich hatte auch mal rebellische Jahre, in denen ich nur mein jeweils neues unbekanntes Album gesungen habe, aber nicht die großen Kracher. Da hat mir das Publikum deutlich gezeigt, dass ich nur eine Bühne betreten darf, wenn ich die großen Klassiker singe. Das war mir eine Lehre.