Ben Zucker (39) ist aus der Schlagerwelt nicht mehr wegzudenken, hat große Pläne für 2023. Darüber – und über seinen Absturz in Corona-Zeiten – spricht er ausführlich.
„Zu viel getrunken, zu viel gefeiert“Schlagerstar Ben Zucker über seinen Absturz – und neue Pläne
Er gehört zum glitzernden deutschen Schlager-Zirkus, doch er ist anders geblieben: Ben Zucker (39), der Mann mit der Reibeisen-Stimme, vermittelt – vor allem, wenn er auf der Bühne steht – immer noch den Eindruck, als wäre er auch gern in der Rock-Welt unterwegs.
Seit fünf Jahren ist Ben Zucker unüberhörbar. Zu seinem Show-Geburtstag veröffentlicht er das Album „Was wir haben, ist für immer“, er plant eine Sommer-Tour – und traf sich im Kölner Savoy Hotel zum Gespräch mit EXPRESS.de.
Ben Zucker: „Zu viel getrunken, zu viel gegessen, zu viel gefeiert“
„Was wir haben, ist für immer“ ist ein kleines Best-of-Album geworden. Warum kein ganz neues?Ben Zucker: Ich bin jetzt fünf Jahre dabei, habe vorher überlegt, ob wir da nicht ein kleines Jubiläum feiern sollten. Ich fand, das hätten wir verdient. Da ich aber wegen Corona kein großes Fass aufmachen konnte, entschloss ich mich, meine Lieblingssongs zusammenzufassen. Und dann habe ich noch fünf neue dazu gepackt.
Sie haben lange im Corona-Loch gesteckt – mit allen negativen Folgen. Wie sieht’s jetzt aus bei Ihnen?Ben Zucker: Ich habe es wieder rausgeschafft, ich bin wieder ganz der Alte. Aber was wegen Corona war, war nicht gut für mich. Ich hatte gerade eine geile Arena-Tournee hinter mir, steckte voller Pläne für eine neue, war aufgedreht. Doch dann kam Corona. Alles, was ich machen wollte, ging nicht mehr.
Was heißt das?Ben Zucker: Die Tournee wurde abgesagt. Ich stürzte ab, verlor meine Orientierung, hatte plötzlich keine Ziele mehr. Das führte zu Langeweile, Lethargie, Stagnation, Hilflosigkeit. Ich habe zu viel getrunken, zu viel gegessen, zu viel gefeiert, brachte schließlich 15 Kilo mehr auf die Waage. Glücklicherweise habe ich im letzten Augenblick die Reißleine ziehen können.
Dass die 15 Kilo wieder weg sind, haben Sie gerade in einer Instagram-Story gezeigt, in der Sie Ihren Sixpack-Bauch präsentierten. Wie ging das?Ben Zucker: Eiserne Disziplin und hartes Training.
Ben Zucker: So wichtig sind dem Schlagerstar Demut und Respekt
Sie gelten in Ihrer Branche als Spätzünder, starteten erst mit 33/34 Jahren durch. Hätten Sie den Erfolg gern früher gehabt?Ben Zucker: Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre. Ich glaube aber, es bekommt einem besser, wenn man ein bisschen älter ist. Dann kann man mit der Popularität besser umgehen. Für mich war es gut, dass ich mehr Lebenserfahrung hatte, als es losging.
Was war besonders wichtig für Ihre Karriere?Ben Zucker: Dass ich gelernt habe, was Demut und Respekt bedeuten. Dass ich bei mir bleibe und nicht überheblich bin. Das bewahrt vor Größenwahn und der Vorstellung, man sei der neue Freddie Mercury.
Wie verändert es einen Menschen, der auf der Bühne von Tausenden gefeiert wird?Ben Zucker: Ich glaube, das hat mich nicht verändert. Ich muss mich immer noch kneifen, um zu begreifen, dass die Leute nur meinetwegen gekommen sind. Es ist schon krass, dass das, was ich zu sagen habe, von so vielen gehört werden will. Wenn ich mir dann noch überlege, was die Fans alles machen, um dabei zu sein: von der Couch aufstehen, 60 Euro für eine Karte zahlen, manchmal eine sehr lange Anreise in Kauf nehmen, in langen Schlangen warten und nach dem Konzert – oft bei Nacht und Nebel – wieder zurückfahren. Alles Prozesse der besonderen Art.
Für wen haben Sie Geld ausgegeben, um ihn auf der Bühne zu erleben?Ben Zucker: Ich war Fan von Nickelback, die ich mal in einem Berliner Klub erlebte, damals noch für fünf Euro Eintritt. Und ich war bei Coldplay in der Arena Berlin – der Ort, in dem ich später einen Job und deswegen immer freien Eintritt hatte.
Was haben Sie da gemacht?Ben Zucker: Ich musste dafür sorgen, dass sich die Künstler wohlfühlten. Ich habe sie mit Getränken und Snacks versorgt, in den Garderoben Mülltüten gewechselt, die Toiletten sauber gehalten. Nach den Konzerten habe ich die Halle gefegt und gewischt. Danach versank ich in meiner Traumwelt: Ich ging mit meiner Gitarre auf die Bühne, habe gesungen und gespielt und mir vorgestellt, selbst der Star zu sein.
Nachteil der Prominenz ist, dass Sie immer unter Beobachtung stehen ...Ben Zucker: Stimmt. Als Nobody war ich unbeschwerter und naiver, ich konnte mehr ausprobieren, man war mir gegenüber viel unvoreingenommener. Heute verhalte ich mich anders. Ich bin etwas abgebrühter als früher. Zum Beispiel versuche ich immer, auf der Straße freundlich zu sein und nicht komisch zu gucken. Sonst heißt es schnell: „Der Zucker ist aber sehr arrogant.“
Ben Zucker: Landei oder Großstadtpflanze?
Sie sind vom großen Berlin ins kleine Timmendorfer Strand an der Ostsee gezogen. Kein Heimweh nach der Großstadt?Ben Zucker: Der Gedanke, aus dem Trubel rauszukommen, war schon lange in mir. Ich komme ja aus dem kleinen Ueckermünde an der Ostsee, hatte immer Sehnsucht nach dem Meer. Ich mag das Raue, den Sturm, den Strand – das hört sich für mich total wohlig an. Die riesige Vielfalt, die Berlin bietet, habe ich nie genutzt. Wenn ich heute hinkomme, frage ich mich, wie ich das dort so lange ausgehalten habe. Alles ist so schnell, so laut.
Was bezeichnen Sie als Heimat? Immer noch Berlin? Oder Timmendorfer Strand?Ben Zucker: Heimat ist für mich immer da, wo mein Herz ganz laut schlägt und ich das Gefühl habe, hier gehöre ich hin. Und das ist jetzt Timmendorfer Strand.
Sie haben einen sehr ungewöhnlichen Lebenslauf. Was, glauben Sie, könnten andere davon lernen?Ben Zucker: Ich könnte eine Inspiration für andere sein. Ich habe gezeigt, dass alles geht, wenn man daran glaubt. Das war und ist mein Credo: Alles probieren. Ich gehe meinen Weg, bis wirklich nichts mehr geht und beende den erst, wenn alle sagen: „Halt deine Schnauze, es reicht jetzt, wir wollen dich nicht mehr hören!“ Ich wünsche mir, dass ich eines Tages nicht andere Leute für mein Leben verantwortlich machen muss.
Macht Erfolg sexy?Ben Zucker: Da sollten Sie mal die Fans fragen. Aber ich bin mir sicher: Als ich nur drei Euro in der Tasche hatte, war ich auch schon ein cooler Typ (lacht).
Ben Zucker: Flucht aus der DDR, dann Rockmusiker und Schlagerstar
Ben Zucker (heißt richtig Benjamin Fritsch) wurde am 4. August 1983 in Ueckermünde geboren. 1989, kurz vor dem Mauerfall, flüchtete er mit seinen Eltern nach Westdeutschland. 1997 startete er als Musiker, coverte zunächst englische Grunge- und Rocksongs. 2017 produzierte mit Thorsten Brötzmann und Roman Lüth „Na und?!“.
TV-Premiere bei Florian Silbereisens „Schlager-Countdown“. 2018 dann als Gast bei der Helene-Fischer-Stadiontour dabei. 2019 folgte das Album „Wer sagt das?!“ (Platz 1 der Album-Charts). 2022 veröffentlichte er zum fünften Bühnenjubiläum „Was wir haben, ist für immer“. Er ist Vater einer Tochter und lebt in Timmendorfer Strand an der Ostsee.