Wenn eine grandiose Party-Location im feierfreudigen Köln schließt, schreit das 30 Jahre später nach einem Krimi. „Tatort: Colonius“ mit Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) kehrt zurück ins Jahr 1994 und lässt den 266 Metern hohen Fernsehturm aufleben. Wird er nun wiedereröffnet?
Spektakuläre „Tatort“-LocationWarum steht dieses Kölner Kult-Gebäude eigentlich leer?

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Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) schauen sich ihr Köln von oben an.
Faszination Fernsehturm. Mitten in Köln steht ein sogenannter „Lost Place“. Der „Colonius“ getaufte Fernsehturm der Rhein-Metropole ist mit 266 Metern das höchste Gebäude der Stadt. Seit 1999 ist es allerdings nicht mehr zugänglich. Dem WDR gelang es, seinen auf zwei Zeitebenen spielenden „Tatort: Colonius“ komplett an Originalschauplätzen, also in und auf dem Turm, zu drehen.
Doch warum hat das Kult-Gebäude, in dem sich bis 1994 ein cooler Club und ein Restaurant befanden, eigentlich geschlossen? Gibt es Pläne, den „Colonius“ wiederzueröffnen? Welche anderen spektakulären Fernsehtürme stehen in Deutschland - und wozu werden sie heute eigentlich noch gebraucht?
Worum ging es im „Tatort: Colonius“?
Die Ermittler Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) mussten den Mord an einem ehemaligen Szene-Fotografen, Dealer und Partyhengst aufklären, der erschlagen in seiner Kölner Wohnung lag. Der Mann hatte in letzter Zeit viel rund um seine alte Technoclique recherchiert. Nun mussten die drei Partyfreunde des Opfers auf dem Revier „antanzen“: der hippe, jung gebliebene Szene-Gastronom Renè Horvath (Andreas Pietschmann), Meike Bennis (Karoline Eichhorn), die im Kunstbetrieb tätig ist, und der bürgerlich gesetzt wirkende Christian Kohlheim (Thomas Loibl).
Christian war damals jung Vater geworden, seine Tochter Swenja (Vanessa Loibl) wurde gerade 30. Ihre Mutter Gina (in Rückblenden: Emma Bading), Christians Freundin, verschwand während einer der letzten Partynächte im „Colonius“ spurlos. Für Christian, Swenja und die ganze Gruppe war dieses Verschwinden ein traumatisierendes Erlebnis. Hat sich eine überforderte junge Mutter damals vom Acker gemacht? Oder wurde auch sie ermordet?
Worum ging es wirklich?
Natürlich ist die Location des vom Kölner Drehbuch-Ehepaar Eva und Volker A. Zahn geschriebenen Krimis heimlicher Hauptdarsteller. Trotzdem ist die auf zwei Zeitebenen - mit unterschiedlichen Darstellern - erzählte Geschichte ebenfalls stark.
Volker A. Zahn sagt über sein Drehbuch: „Wir erzählen unter anderem von Kontrollverlusten, Drogen, brüchigen Freundschaften, vom Verliebtsein und von den mitunter toxischen Dynamiken innerhalb einer Clique. Von Dingen also, die in jeder Jugendkultur vorkommen, in der Rausch und Ausschweifungen eine große Rolle spielen.“

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Freddy Schenk (Dietmar Bär, links) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) blicken von weit oben auf ihre Stadt Köln.
Psychologisch geht es um das Verschwinden einer geliebten Person. Die Freunde verarbeiten es unterschiedlich. „Zeit kann angeblich Wunden heilen“, erzählt Eva Zahn. „Aber kann sie es wirklich? Und was passiert mit Schuld, die jemand auf sich lädt? Wird sie weniger, nur weil ein jüngeres Ich für die Tat verantwortlich war? Kann ein anständiges Leben danach alles wiedergutmachen? Oder wird eine gelebte Lüge immer monströser, weil sie schwere Konsequenzen nach sich zieht?“
Warum wurde der „Colonius“ dicht gemacht - und gibt es ein Comeback?
Die Jahreszahlen im Film stimmen: Ab 1994 fand sich kein Pächter mehr für das Restaurant und die Diskothek im „Colonius“, deshalb endeten die Vergnügungen im Turm. Offenbar waren sie wirtschaftlich nicht (mehr) lukrativ für die Betreiber.
1999 folgte die Komplettschließung. Auch die Aussichts-Plattform musste dicht machen. Mangelnder Brandschutz lautete die Begründung: Es fehlte ein zweiter Fluchtweg, da nur ein Treppenhaus existiert und die Aufzüge im Brandfall nicht genutzt werden dürfen.

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Freddy Schenk (Dietmar Bär) war vor 30 Jahren schon mal im Einsatz in und um den Colonius-Turm. Nun zeigt ihm der Hausmeister (Gerd Köster, links) wie es in dem mittlerweile stillgelegten Gebäude heute aussieht.
Trotz des mittlerweile 26-jährigen Dornröschenschlafes gibt es Bestrebungen, das Gebäude wieder zu nutzen. Die Stadt Köln hat eine Machbarkeitsstudie zur Sanierung in Auftrag gegeben und erwägt eine Eintragung des im Jahr 1981 fertiggestellten Gebäudes als (begehbares) Baudenkmal.
Allerdings soll die Sanierung 60 Millionen Euro kosten. Viel Geld für eine Stadt mit knappen Kassen. Der Wunsch einer Wiedereröffnung des „Colonius“ bei Stadt und Bevölkerung ist klar vorhanden, kurzfristig wird sie sich aber wohl nicht realisieren lassen.
Wozu werden Fernsehtürme heute eigentlich noch gebraucht?
Früher verbreiteten - der Name lässt es erahnen - Fernsehtürme terrestrische Fernseh- und Rundfunksignale. Die Älteren erinnern sich daran, wie man an Antennen auf dem Hausdach oder am Fernsehgerät selbst herumdrehte, um sich über einen besseren Empfang, ein schärferes Bild zu freuen. Diese Zeiten sind vorbei, seit TV-Signale vorwiegend über Satelliten und unterirdisch verlegte Kabel verbreitet werden. Zudem spielen Internet-basiertes Fernsehen (IPTV), Streaming-Dienste und digitales Fernsehen übers Internet eine immer größere Rolle.
Trotzdem erledigen andere Fernsehtürme deutscher Großstädte nach wie vor Jobs, die über jenen einer Besucher- und Aussichts-Plattform hinausgehen. Sie wurden für DVB-T2 umgerüstet und senden digitale TV-Signale. Außerdem dienen sie als wichtige Sendestationen für Radiosignale. Auch für die Übertragung von Mobilfunksignalen werden sie genutzt. Der höchste Fernsehturm Deutschlands steht übrigens in Berlin: Mit 368 Metern ist es sogar das höchste Bauwerk des Landes. Auf den Plätzen folgen die Fernsehtürme in Frankfurt (337,5 Meter), Nürnberg (292,8 Meter), München (291,3 Meter) und Hannover (282,2). Den „Colonius“ findet man in diesem Deutschland-Ranking auf Platz sieben.
Wie geht es beim Kölner „Tatort“ weiter?
Im September 2024 endeten die Dreharbeiten zu „Tatort: Die Schöpfung“, dem 94. Fall von Ballauf und Schenk. Gedreht wurde an der Kölner Oper - also wieder ein Fall mit besonderer Location. Regie führte Torsten C. Fischer, das Drehbuch stammt von Wolfgang Stauch.
Auch die Handlung klingt vielversprechend: Mitten in den Proben für die erste Premiere der neuen Spielzeit wird die Rüstmeisterin der Produktion in der Oper erschossen aufgefunden. Und bei dieser einen Leiche bleibt es nicht ... (tsch)