Ja, es war ein „Tatort“ zum Fasching über Fasching – aber sicher kein klassisches Humorstück. Die Münchener Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) begleiteten das superb gespielte Porträt einer Frau, deren Leben ein großer Selbstbetrug zu sein schien.
München-„Tatort“Krimi für Karnevals-Fans: Wie man sich den Fasching verdirbt
Kommissare im Faschings-Gewand! Da kam bei einigen „Tatort“-Freunden und Hardcore-Narren Freude auf. Kommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) war im „Tatort: Kehraus“ als „Pilot“ unterwegs und hatte ein paar „Bienen“ kennengelernt. Doch dann wurde er mit seinem eher faschingsmuffeligen Langzeitkollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) zu einem Toten gerufen.
Der gut (oder fies?) getimte München-„Tatort“ zur Faschingszeit erwies sich als Strecke allerdings nicht als Partykrimi, sondern als grandios gespieltes Frauenporträt, in dem die Österreicherin Nina Proll ein „Rotkäppchen“ gab, das sich beim Deal mit den Wölfen des Lebens verspekuliert hatte.
Wer Sinn für eine große tragische Geschichte am Faschingssonntag hatte, wurde gut bedient. Wer lieber feiern wollte, kann ja ab Aschermittwoch die Mediathek bemühen. Doch was bedeuten noch mal Begriffe wie Karneval, Fasching, Kehraus oder Fastenzeit – und wer legt eigentlich die Termine fest?
Tatort München: Darum ging es
Die Leiche am Fuß einer Treppe hat gemäß ihrem Stempel auf der Hand eben noch in „Irmis Stüberl“ direkt um die Ecke Fasching gefeiert. In der Kneipe hat man den Toten mit einem anderen Mann streiten sehen, der in Begleitung eines „Rotkäppchens“ war. Die Frau im Kostüm hört bürgerlich auf den Namen Silke Weinzierl (Nina Proll). Doch sie ist an diesem Abend eindeutig nicht mehr vernehmungsfähig.
Die Ermittler Batic und Leitmayr bringen ihre volltrunkene Märchenfigur in die Ausnüchterungszelle - und setzen die Arbeit am nächsten Morgen fort. Schicht für Schicht entblättern sie die Persönlichkeit einer Frau, die mit dem Leben spielt - und meist als Verliererin endet.
Das Drehbuch von Stefan Betz, der einige Eberhofer-Krimis zum Drehbuch umformte, und Stefan Holtz („Die Ibiza-Affäre“, „Blood Red Sky“) ist das Porträt einer Spielerin, die ihr Leben abseits bürgerlicher Sicherheitsnormen lebt und dafür einen Preis bezahlt.
„Kehraus“, der Titel des „Tatorts“ aus München, spielt nicht nur auf Gerhard Polts ebenso benannte, genial traurige Faschingskomödie von 1983 an. Er steht auch für ein Großreinemachen im Leben. Ein Akt, dem der Film am Ende ein balladenhaftes Denkmal setzt. Übrigens eines, das prall gefüllt mit Münchener Dialekt, melancholisch-bissigen Menschen und abgründig-bayerischem Humor war. Dass beide Drehbuchautoren sowie die Regisseurin aus dem Großraum München stammen, half wohl dabei.
Das Wort Fasching leitet sich wie Fas(t)nacht vom mittelhochdeutschen „vaschang“ ab, was „Ausschank des Fastentrunks“ bedeutet. Der Begriff Karneval stammt vom lateinischen „carne vale“, übersetzt „Fleisch, lebe wohl“.
Alle Begriffe für die „närrische Zeit“ beschreiben den „drohenden“ Beginn der Fastenzeit. Diese dauert im Christentum von Aschermittwoch bis Ostern und ist stets 40 Tage lang. In der Zeit davor - dem Fasching - finden ausgiebige Feiern statt, begleitet von Essen und Trinken.
Doch wann ist Ostern? Bereits auf einem Kirchenkonzil im Jahr 325 wurde festgelegt, dass Ostern immer jener Sonntag nach dem ersten Vollmond der Frühjahressonnenwende ist. Scheinen könnte dieser frühestens am 21. März, dem Tag des Frühlingsbeginns.
Tatort München: Was heißt eigentlich Kehraus?
Kehraus ist von seiner Bedeutung her eigentlich das Ende einer Tanzveranstaltung und in seiner Begrifflichkeit kein Teil der christlichen Faschingstradition. Abgeleitet ist das Wort vom „Auskehren“, was sich wiederum auf die langen Ballkleider der Damen bezieht. Die Tänzerinnen des letzten Tanzes „kehren“ gewissermaßen mit ihren langen Roben den Tanzboden aus.
Im Karnevals-Kontext bezeichnet der Kehraus meist die letzte Saisonveranstaltung am Faschingsdienstag. Dabei wird an vielen Orten die Fas(t)nacht als Puppe oder Hexe symbolisch begraben oder auch verbrannt.
Der Begriff Karneval wird überwiegend im Rheinland verwendet. Städte wie Köln, Düsseldorf, Mainz und Aachen gelten als Karnevals-Hochburgen. In Bayern, Thüringen und Brandenburg sagt man hingegen Fasching. In Hessen und dem Saarland feiert man Fas(t)nacht, die gern als „Fasse-Nacht“ ausgesprochen wird.
Tatort München: Wie geht es weiter?
Zwei durchaus besondere Münchener „Tatort“-Krimis stehen 2022 noch an: In „Flash“ (voraussichtlich im Frühsommer) geht es um einen Mörder, der nach 30 Jahren Haft entlassen wird und direkt wieder zuschlägt. Der wichtigste Zeuge von damals ist an Demenz erkrankt. Um seine Erinnerung zu reaktivieren, lassen die Ermittler den entscheidenden Ort als Kulisse wiederauferstehen.
In „Krimidinner“ (wohl zur Weihnachtszeit) sind Batic und Leitmayr in ihrem 90. Fall zu einem Krimidinner beim Kollegen Kalli eingeladen: Ein Opfer, sechs Gäste - und jeder oder jede könnte den Mord begangen haben. Vom Münchener Esstisch springt die Handlung direkt ins historische Setting - ein britisches Herrenhaus in den 1920-ern, in dem die beiden als „Constable Partridge“ und „Chief Inspector Lightmyer“ gefordert sind.
Übrigens: Gerhard Polts Faschingsfilm „Kehraus“ - der mindestens ebenso bitter ist wie der neue „Tatort“ gleichen Namens - gibt es am Rosenmontag, 28. Februar, um 22.45 Uhr, im BR-Fernsehen zu sehen. (tsch)