„Tatort“-Schauspieler Dietmar Bär hat vor dem Fest mit EXPRESS.de über ganz viel Festliches gesprochen. Dabei spart er auch nicht mit Kritik am Konsumterror zu Weihnachten.
„Tatort“-Star„Aschenbrödel“ oder „Der kleine Lord“: Dietmar Bär verrät seinen liebsten Weihnachtsfilm
Er ist seit 30 Jahren der Kölner „Tatort“-Ermittler Freddy Schenk – doch Dietmar Bär (61) hat schauspielerisch viel mehr auf dem Kasten. Am Sonntag, 18. Dezember 2022, erleben wir ihn als vom Leben enttäuschten Taxifahrer.
Dem schenkt ein blinder Fahrgast (weihnachtliches) Licht und Lebensglück („Ein Taxi zur Bescherung“, 20.15 Uhr, ZDF und in der Mediathek). EXPRESS.de sprach mit ihm über den Film – und das Bär’sche Weihnachts-Feeling.
Dietmar Bär: Emotionaler Adventsfilm statt Kommissar im Kölner „Tatort“
Was hat Sie an dieser Rolle des Taxifahrers gereizt?Dietmar Bär: Es ist eine schöne, sehr intelligente Geschichte, die von Menschen erzählt, die aus verschiedenen Gründen einsame Seelen sind. Ich mochte es, dass sich dieser normale Taxifahrer mit dem Alltag eines Blinden auseinandersetzen muss, dass das zur Solidarität zwischen den beiden heranwächst. Einsame Menschen finden zusammen, sind zum Schluss nicht mehr einsam...
Eine sehr schöne Botschaft so kurz vorm Fest der Liebe…Dietmar Bär: Ja, ein typischer Adventsfilm, der sicherlich nicht an erster Stelle in der Liste sozialkritischer TV-Spiele landen wird. Doch zu Weihnachten gibt es weitaus schlichtere Stoffe, die ich sowohl gelesen und abgelehnt oder im Kino oder TV gesehen habe. Die Geschichte passt schön in die Zeit, in der sich Menschen merkwürdigerweise immer ein bisschen seelisch verändern, offener und wärmer werden.
Woran liegt das?Dietmar Bär: Ich versuche immer noch, das herauszufinden, so richtig weiß ich es noch nicht. Ich glaube aber, dass wir – was Weihnachten angeht – alle aus der Summe unserer Kindheitserinnerungen gespeist werden. Wenn das gut aufgebaut worden ist, kommt es zur Weihnachtszeit zurück.
Der Film spielt in einem Ort namens Bergroda im Erzgebirge. So vertraut der Name auch klingt, wenn man ihn googelt, findet man ihn nicht. Es ist ein Fantasiename...Dietmar Bär: Es ist ja ein großes Manko vor allem der Deutschen aus der Ex-Bundesrepublik, dass sie über die Ex-DDR nicht Bescheid wissen. Man kann davon ausgehen, dass 90 Prozent noch nicht viel von der ehemaligen DDR gesehen haben, außer dass sie mal auf Rügen oder Usedom waren.
Wie ist es bei Ihnen?Dietmar Bär: Ich habe da leider auch Lücken. Aber ich kenne vieles aus der Ex-DDR ganz gut, weil ich Verwandtschaft in der Nähe von Magdeburg hatte, bei ihr habe ich als Kind oft meine Sommerferien verbracht. Deswegen kannte ich auch Wernigerode, wo der Film gedreht wurde. Ich war mit meinen Großeltern oft auf der Burg. Besondere Attraktion war die Folterkammer, die mir nach Besuchen schlaflose Nächte bereitete.
Wie haben Sie das Weihnachten Ihrer Kindheit in Erinnerung?Dietmar Bär: Es war schlichter, aber dennoch sehr schön. Allerdings möchte ich die Zeit auch nicht verklären. Es gab nicht nur Freude, auch Enttäuschungen und lange Gesichter, wenn man gewünschte Geschenke nicht oder die falschen Sachen bekam. Es gab bestimmte Dinge zu essen, die es nur zur Weihnachtszeit gab. Auf meinem Weihnachtsteller lagen immer eine Orange, ein Apfel, Nüsse und hoffentlich jede Menge Blätterkrokant.
Dietmar Bär: „Zu Weihnachten kommt man um Digital-Gedöns nicht herum“
Heute ist das, was man geschenkt bekommt, nicht mehr vergleichbar mit früher.Dietmar Bär: Ja, ich habe zwar keine Kinder, aber genug Neffen und Nichten, um das zu sehen. Damals waren es kleine Modelleisenbahnen, Bausteine, Bücher, Lego. Ich sehe noch den jährlichen Stabilbaukasten vor mir, einen flachen Kasten, oben mit Abbildungen. Damit wird man heutzutage einen Achtjährigen nicht mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Heute kommt man nicht mehr um Riesensachen rum, ganz zu schweigen vom digitalen Gedöns.
Waren Sie Weihnachtsmarkt-Kind?Dietmar Bär: Ja klar. Auf dem Weihnachtsmarkt meiner Kindheit gab es als Besonderheit die Zitrusfrüchte, weil die zu der Zeit noch saisonal waren. Und es gab noch Hausratsstände mit Töpfen und Pfannen. Ich erinnere mich, dass mir meine Mutter eine schöne Emaille-Bratpfanne vom Weihnachtsmarkt schenkte, als ich zur Schauspielschule nach Bochum ging. Solche Stände sind verschwunden – leider.
Welche Weihnachtsfilme haben Sie berührt?Dietmar Bär: Als Junge habe ich die Geschichte von der „Schneekönigin“ geliebt, aus der uns in der Schule im Advent jeden Morgen ein neues Kapitel vorgelesen wurde. Und die ich auch als Fernseh-Mehrteiler sehr mochte. Dazu kommt „Der kleine Lord“, den ich immer mit meinen Geschwistern geguckt und jetzt als Hörbuch eingelesen habe. Später kam „Wir sind keine Engel“ dazu – mit Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray. Lief Heiligabend im Spätprogramm.
Und wie ist es mit dem Dauerbrenner „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“?Dietmar Bär: Zu der „Aschenbrödel“-Fraktion habe ich nie gehört – im Gegensatz zu meiner Frau, die sich jedes Jahr darauf freut.
Welche Rolle spielt die Kirche?Dietmar Bär: Als nichtgläubiger Mensch habe ich zum christlichen Hintergrund des Weihnachtsfestes keinen Bezug mehr. Ich beobachte mit wachsendem Befremden und immer mehr Distanz jedes Jahr diesen Aufbau der Konsumtempel, beginnend damit, dass wir bereits Anfang September in den Supermärkten über die ersten Lebkuchenhaufen stolpern.
Noch wenige Tage bis zum Fest: Was wünschen Sie sich, was schenken Sie sich?Dietmar Bär: Immer nur Kleinigkeiten. Der Konsumterror, den wir seit Jahrzehnten kennen und der in der digitalen Zeit immer mehr pervertiert, bleibt draußen. Aber natürlich steht bei uns der Wunsch nach Frieden ganz weit vorn – besonders nach diesem schrecklichen Jahr. Ich wünsche mir sehr, dass unsere Staatenlenker alles in den Griff bekommen, damit da nicht noch mehr eskaliert. Das ist mein großer Wunsch nach außen. Und dann gibt es noch den ganz kleinen Wunsch – dass der BVB das Champions-League-Endspiel gewinnt.
Berlin oder Köln – steht schon lange fest, wo Sie feiern?Dietmar Bär: Langfristige Planungen hat es bei uns nicht gegeben. Die gehen schon deswegen nicht, weil wir Pendler zwischen verschiedenen Welten sind, zwischen Köln und Berlin und meiner Schwiegermutter. Inzwischen sieht es aus, dass es ein ruhiger Abend in Berlin wird.
Dietmar Bär: „Tatort“-Premiere als Duisburger Hooligan
Dietmar Bär (geboren am 5. Februar 1961 in Dortmund) machte seine Schauspielausbildung in Bochum. 1984 Filmdebüt in Dominik Grafs „Treffer“. „Tatort“-Debüt in „Zweierlei Blut“ (als Hooligan des MSV Duisburg).
Von 1990 bis 1996 in „Kommissar Klefisch“ (mit Willy Millowitsch als Kommissar) zu sehen. 1994 bis 1996: Sportarzt Conny Knipper in „Ärzte“. Seit 1997 im Kölner „Tatort“ (an der Seite von Klaus J. Behrendt). Seit 2009 ist Dietmar Bär mit Maren Geißler verheiratet.