Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer im Interview„Vielleicht mag ich auch deswegen diesen Tatort so gerne“

Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer stehen Rücken an Rücken und blicken in die Kamera.

Das „Tatort“-Team aus Österreich auf einem undatierten Pressefoto: Adele Neuhauser ermittelt als „Bibi Fellner“, Harald Krassnitzer als „Moritz Eisner“.

Wir haben mit den beiden „Tatort“-Schauspielern über Arbeit, Streaming und Freizeit zum Abschalten gesprochen.

von Alexandra Miebach  (mie)

Sie sind vor und hinter der Kamera ein Dreamteam – seit mittlerweile elf Jahren: Adele Neuhauser (63) und Harald Krassnitzer (62) gewannen mit dem „Tatort: Angezählt“ schon den Grimme-Preis.

Am Sonntag (1. Oktober, 20.15 Uhr) läuft in der ARD ihr neuester Streifen, der „Tatort: Das Tor zur Hölle“. Anlass für ein großes Doppel-Interview.

„Tatort“-Duo Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer im EXPRESS-Interview

Seit 2011 ermitteln Sie gemeinsam. Wie arbeiten Sie als Team zusammen?

Adele Neuhauser: Sehr gut. Mit Harry ist es eine sehr homogene, freundschaftliche und spannende Arbeit. Es ist selten, dass man so frei miteinander arbeiten kann – ein echtes Geschenk.

Harald Krassnitzer: Dem kann ich nichts hinzufügen. Wir haben bei den Dreharbeiten eine tolle Zeit.

Und haben Sie eine Lieblingserinnerung an die gemeinsamen Dreharbeiten?

Neuhauser: Da gibt es so viele. Das Schönste ist, dass wir unglaublich viel miteinander lachen.

Herr Krassnitzer, seit mehr als 20 Jahren spielen Sie im Wiener „Tatort“ den Ermittler Moritz Eisner. Wann wäre für Sie die Zeit gekommen, die Ermittlerrolle doch an den Nagel zu hängen?

Krassnitzer: Da denke ich nicht drüber nach. Ich mache den Job unheimlich gerne und sehe im Moment keinen Grund aufzuhören.

Im neuen „Tatort“ wird ein Priester ermordet, der Exorzismen durchführt. Sind Sie selbst abergläubisch?

Neuhauser: Abergläubisch nicht, ich finde das faszinierend. Vielleicht mag ich auch deswegen diesen „Tatort“ so gerne. Ich habe schon mal Tarot-Karten ausprobiert. Ich fand sie schön und es ist spannend, welche Bedeutungen die Karten haben. Und ich achte auf Zeichen.

Krassnitzer: Ich bin nicht abergläubisch, suche Erklärungen für die Dinge in der Naturwissenschaft.

Würden Sie sich von Frau Neuhauser Karten legen lassen?

Krassnitzer: Wir würden uns einen Spaß draus machen. Sie haben schon etliche „Tatort“-Fälle hinter sich.

Moritz Eisner beruhigt seine Kollegin Bibi Fellner. - Im Bild: Harald Krassnitzer (vorne li.), Adele Neuhauser (vorne re.).

Der „Tatort: Angezählt“ beschäftigte Adele noch lange.

An welchen erinnern Sie sich besonders gerne zurück?

Neuhauser: Ich erinnere mich oft an den „Tatort: Angezählt“, weil wir jetzt wieder mit der Regisseurin Sabine Derflinger drehen. Der Fall ging mir sehr nahe, weil Kinder involviert waren. Das hat mir schlaflose Nächte beschert. Das war einer der heftigsten „Tatorte“.

Krassnitzer: Jede Geschichte ist auf ihre Weise gut.

Würden Sie gerne selbst mal ein Drehbuch schreiben oder selbst Regie in einem ihrer Filme führen?

Neuhauser: Ich hätte viele Ideen. Ob ich wirklich ein Drehbuch schreiben kann, ist eine andere Frage – das ist unheimlich schwer. Als Regisseurin würde ich mich schon eher sehen, vielleicht bekomme ich ja irgendwann mal meinen Hintern hoch.

Krassnitzer: Ich nicht. Ich habe viel Respekt vor Drehbuchautoren und Regisseuren, das ist ein eigenes Handwerk, welches ich nicht beherrsche.

Frau Neuhauser, Ihre Rolle Bibi Fellner hat einen speziellen Charakter und mit psychischen Problemen zu kämpfen. Wie viel Adele steckt in Bibi?

Neuhauser: Bibi ist Adele sehr nahe und umgekehrt. Sie ist die Rolle, die mir am nächsten liegt. Ihre Art, die Welt zu sehen, ihr Humor. Sie ist eine der realistischsten Figuren, die ich bisher gespielt habe. Ihre Probleme liebe ich besonders. Wenn sich Abgründe auftun, wird es erst wirklich spannend.

Herr Krassnitzer, Moritz Eisner ist ein Eigenbrötler, allgemein eher speziell. Wie viel Krassnitzer ist in der Rolle?

Krassnitzer: Nicht viel, um ehrlich zu sein. Eisner ist eine Rolle, ich denke mich in seine Denkensweisen ein. Persönlich würde ich mich nicht mit ihm vergleichen.

Sechs Menschen stehen um ein rotes Pentagramm, das auf den Boden gemalt ist.

Im neuen „Tatort: Das Tor zur Hölle“ wird ein Priester ermordet, der Teufelsaustreibungen durchführt.

Ihren Durchbruch hatten sie als „Bergdoktor“. Ziemliches Kontrastprogramm zum „Tatort“-Ermittler. Was ist im Rückblick angenehmer – Landarzt oder Kommissar?

Krassnitzer: Ganz klar der Ermittler, sonst würde ich vielleicht auch heute noch den Landarzt nehmen. Den Ermittler zu spielen, ist unheimlich spannend.

Wäre Ermittler auch privat als Beruf was gewesen?

Krassnitzer: Auf keinen Fall, dafür muss man ein dickes Fell oder ein starkes Umfeld haben. Man muss sich mit den Abgründen der Menschheit beschäftigen. Wäre für mich nichts.

Streaming-Dienste laufen dem klassischen TV den Rang ab – zumindest bei der Jugend. Sorgen Sie sich um ihren Job? Wären Streaming-Produktionen auch was für Sie? Nutzen Sie das privat?

Neuhauser: Sorgen mache ich mir nicht. Ich finde es schade und sehe es als eine gefährliche Entwicklung, dass sich das Öffentlich-Rechtliche den Rang ablaufen lässt und mir zu wenig die Aufgabe vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen erfüllt – eine vielschichtige Information und handfeste Recherche. Aber natürlich würde ich auch in Streaming-Produktionen mitspielen, wenn es ein gutes Drehbuch ist. Streaming ist kein schlechter Rahmen. Ich selbst schaue gerade „The Honorable Woman“, eine wahnsinnig spannende Serie.

Krassnitzer: Angst um meinen Job habe ich auch nicht. Auch die Öffentlich-Rechtlichen haben ja ihre Mediatheken. Ich streame nicht wirklich, weil mir die Zeit fehlt. Wenn, schaue ich mal einen „Tatort“ nach, den ich verpasst habe, oder eine Dokumentation.

Was hilft Ihnen beim Lernen der Texte?

Neuhauser: Ich habe anfänglich immer das Gefühl, ich schaffe das nie, das geht sich nicht aus. Es funktioniert aber doch immer. Ich arbeite viel mit Farben und Markierungen, sitze wie ein Schulkind da und lerne. Manchmal beobachte ich dann aber auch aus dem Fenster die Vögel (lacht).

Krassnitzer: Ich stelle mir die Situation vor, schreibe meine Texte handschriftlich ab und dann hilft es mir sehr, beim Gehen zu lernen. Dreharbeiten sind immer intensiv und anstrengend.

Was machen Sie, um danach einmal richtig herunterzufahren und zu entspannen?

Neuhauser: Nach Feierabend freue ich mich auf mein Drehschluss-Bier. Das ist ein Ritual.

Krassnitzer: Ich kann am besten zu Hause runterfahren, auch bei ganz alltäglichen Dingen wie Kochen. Als Schauspieler ist man viel unterwegs, da ist es z. B. auch einfach mal schön, wenn man im eigenen Bett schlafen kann.

Wo machen Sie eigentlich gerne Urlaub?

Neuhauser: Ich verbringe den wenigen Urlaub, den ich habe, gerne bei meinem Bruder auf Mallorca.

Krassnitzer: Diesen Sommer war es Kreta. Wir fahren auch gerne nach Kärnten in eine kleine Pension von Freunden, gehen da wandern. Um Urlaub zu machen, muss man nicht immer weit wegfahren.

„Tatort“-Ermittler Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer: Ein unschlagbares Team seit elf Jahren

Adele Neuhauser wurde am 17. Januar 1959 in Athen geboren. Mit vier Jahren kam sie nach Deutschland, wollte schon als Kind Schauspielerin werden. Sie besuchte die Schauspielschule Krauss in Wien, stand danach auf der Theaterbühne. Im TV ist sie seit 1978 zu sehen. Seit 2011 spielt sie neben Krassnitzer im Wiener „Tatort“.

Harald Krassnitzer wurde am 10. September 1960 in Grödig bei Salzburg geboren. Auch er entdeckte schon als Kind seine Leidenschaft für die Schauspielerei, stand mit zehn erstmals auf der Bühne. Seinen Durchbruch hatte er als Dr. Justus Hallstein in „Der Bergdoktor“ 1996. Seit 1999 spielt er Moritz Eisner im Wiener „Tatort“.