So vielseitig war „Sing meinen Song“ selten: Es wurde gerockt und gebluest, gelacht und gealbert - die Alli-Neumann-Folge entpuppte sich als unglaubliche Sendung. Für den emotionalen Höhepunkt sorgte Nico Santos.
„Sing meinen Song“Nico Santos rührt mit wichtiger Botschaft zu Tränen – „alter Verwalter“
Alli Neumann ist die große Überraschung der Jubiläumsstaffel von „Sing meinen Song“: Lustig, frech und musikalisch vielseitig sorgte die junge Sängerin bisher in jeder Folge für unterhaltsame Momente. In der fünften Folge des Tauschkonzerts stand sie nun selbst im Mittelpunkt. „Sie ist alles andere als eine Künstlerin von der Stange. Ich glaube, das wird ein Feuerwerk“, prophezeite Gastgeber Johannes Oerding zu Beginn und sollte Recht behalten.
Montez wurde für sie zum Rocker, Johannes Oerding feierte den Blues, Lea stellte sich gegen das Patriarchat, und Nico Santos sang für die Freiheit aller Frauen.
Alli Neumann: Emotionale Momente bei „Sing meinen Song“
Für alle, die Alli Neumann noch nicht kennen, kitzelte Oerding erst mal ein paar Details zu ihrem Werdegang und ihrer Kindheit in Polen aus ihr heraus. „Wir sind noch groß geworden ohne Auto. Kein fließendes Wasser. Wir sind zum Brunnen gefahren. Mit dem Eimer Wasser rausgeholt“, erzählte Neumann. „Mit der Kutsche und den Pferden in die nächste Stadt um Sachen wie Salz und Zucker zu holen. Alles andere haben wir nur eingelegt gegessen.“
Ein schönes Bauernhofleben mit vielen Tieren, aber auch mit viel Musik habe sie genossen: Ihr Opa spielte Mandoline, ihre Mutter Posaune. Als sie sechs Jahre alt war, kam sie dann nach Nordfriesland. Ihr erstes Konzert gab sie in einem Altersheim, „weil das Publikum da nicht so schnell wegkommt, dachte ich“. Es folgten Auftritte auf Stadtfesten, wo sie eines Tages von Jochen Hansen, einst Bassist von Rio Reiser, entdeckt wurde. Mit 14 Jahren unterschrieb sie ihren ersten Plattenvertrag.
Neben der Musik ist Alli Neumann auch als Schauspielerin aktiv - was sich auch beim Tauschkonzert widerspiegelte. Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß sang Neumanns Song „Seltsame Welt“ aus dem Film „3 ½ Stunden“, in dem sie eine Bandleaderin in der DDR in den 50ern spielt. „Das gibt mir ein Gefühl von Zuhause“, beschrieb Kloß, die selbst aus dem ehemaligen Osten kommt. „Der Song erinnert mich an Grenzen, die es heute zum Glück nicht mehr gibt.“
Und Clueso, mit dem Neumann sich in der letzten Folge noch einen kleinen Flirt inklusive Engtanz erlaubt hatte, sang den Song „Mit Dir“, den Neumann für den Film „Ein Nasser Hund“ geschrieben hat. Die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, als Clueso plötzlich einen neu geschriebenen Rap-Part präsentierte. „Diese High Notes. Mein Herz. Aua. Ich hör auf zu reden“, stammelte sie danach.
„Sing meinen Song“: Lea und Nico Santos mit berührenden Plädoyers
Für viel gute Laune sorgten Johannes Oerding, der dem Song „Orchideen“ ein Blues- und Soul-Outfit inklusive E-Gitarren-Solo verpasste, und Montez, der „Merlot, Macht & Muse“ zum High-School-Punk-Rock-Song machte. Doch so unterhaltsam die Alli-Neumann-Folge war, so viel Tiefgang hatte sie auch.
Lea suchte sich mit „Männer wie du“ einen Song über strukturellem Sexismus in der Musikbranche aus. Der Song sei inspiriert von einem bestimmten Typ Mann, der ihr mit leeren Drohungen begegnet sei, erklärte Neumann. „Wenn du das und das machst, siehst du nie wieder einen Club von innen.“
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Irgendwann habe sie sich gesagt: „Wenn ich daran selber nicht glaube und dein Spiel nicht mitspiele, funktioniert es auch nicht mehr!“ „Mir war es wichtig, dass der Song hier einen Platz findet, weil so wenige Menschen würden sich trauen, darüber zu singen“, führte Lea aus. „Es geht einfach darum, dass es nicht ok ist, dass wir als Frauen schlechtere Chancen haben in dieser Industrie. Und nicht nur in dieser Industrie, sondern in vielen Bereichen.“
Einem ernsten Thema widmete sich auch Nico Santos, den Oerding letzte Woche noch als „Michael Jackson von Mallorca“ bezeichnet hatte: Er schrieb den Song „Frei“ komplett um. „Ganz viele Frauen dürfen nicht frei sein – die haben nicht das Recht, jeden zu lieben, den sie wollen, die dürfen nicht in die Schule gehen, auf der Straße singen oder die Haare offen tragen. Ich hab den Song nicht aus meiner Perspektive geschrieben, sondern als Frau, die nicht frei sein kann“, sagte er, bevor er ganz alleine am Klavier Platz nahm. Auf der „Sing meinen Song“-Couch herrschte Totenstille.
„Alter Verwalter“, sagte Neumann danach und fiel ihm um den Hals. „Es war schön zu sehen, dass dich das Thema auch so anfasst und wir als Frauen nicht alleine stehen.“ Santos liege das Thema auch deshalb am Herzen, erzählte er, weil er vor zehn Jahren, als er nach Deutschland kam, zwei Mitbewohner gehabt habe, deren Eltern aus dem Iran geflohen waren. Vor dem Hintergrund, dass Frauen überall aufstehen, sei das gerade jetzt „ein unfassbar wichtiges Thema“.
Alli Neumann selbst brachte den neuen Song „So wie Du“ mit, den sie für ihre beste Freundin und Schwester im Herzen geschrieben hat. Ob sie den Song kenne, wollte Montez wissen. „Ja, und wir weinen immer noch jedes Mal, wenn wir den hören. Wir hatten auch gerade Zeiten, die nicht so einfach waren ...“ Deswegen beschloss Neumann ganz spontan, den Song an diesem Abend zu spielen. „Wir hatten eigentlich was anderes geprobt.“
Am Ende waren sich alle einig: eine unglaubliche Sendung! „Die wird in die Geschichte eingehen“, bilanzierte Oerding. Und der Song des Abends? Während Neumann noch mal zu allen etwas sagte, wedelte sie die Protea durch die Luft. „Ihr solltet jetzt alle bestäubt sein“, lachte sie. „Nico: Dir würde ich heute die Prothese geben.“ Ein Versprecher oder Absicht? Wir werden es nie erfahren. (tsch)