Die Satireserie „The Franchise“ blickt hinter die Kulissen eines Superhelden-Films. Mit dabei: der deutsche Schauspieler Daniel Brühl, der in der US-Produktion viel Neues über sein Business gelernt hat. Und der sich im Interview freut: „Für mich als Deutscher war es wie eine Einladung zu einer Hochzeit.“
Daniel Brühl verrät„Ich dachte, wenn du jetzt einen Blick riskierst, war's das“
In Hollywood hat der deutsche Schauspieler Daniel Brühl schon manche Spur hinterlassen. In „The Franchise“ (bei Sky und über WOW) zeigt der 46-Jährige aber noch mal eine völlig neue Seite: Als Regisseur Eric spielt er einen Mann, der zwischen Größenwahn und Unsicherheit schwankt - eine Rolle, die ihm aufgrund eigener Erfahrungen als Filmemacher besonders nah geht.
Mit augenzwinkernder Offenheit erzählt Brühl im Interview von peinlichen Stunts, unvergesslichen Momenten am Set und der Frage, wie nah Eric seiner eigenen Persönlichkeit wirklich kommt. Dabei spricht er auch über die Absurditäten der Filmindustrie, die Magie guter Comedy und wie die US-Serie nicht nur zum Lachen bringt, sondern auch die menschlichen Kämpfe hinter der Kamera beleuchtet.
Daniel Brühl: „Für mich als Deutscher war es wie eine Einladung zu einer Hochzeit“
teleschau: In The Franchise verkörpern Sie Eric, einen Regisseur, der sich mit aller Kraft für seine Vision einsetzt, obwohl er kaum Beachtung findet. Hat Sie Ihre eigene Erfahrung als Regisseur dazu inspiriert, sich so leidenschaftlich für diese Rolle einzusetzen?
Daniel Brühl: Oh ja! Ich war selbst einmal Regisseur bei einem Film, auf den ich unglaublich stolz bin - auch wenn ihn kaum jemand gesehen hat. Genau das hat mich mit meiner Rolle in „The Franchise“ verbunden: Eric, der Regisseur, kämpft ebenfalls darum, seine Vision umzusetzen, auch wenn niemand wirklich hinsieht. Als ich die ersten Szenen gelesen habe, hat mich das sofort gepackt. Ich habe mich so sehr in dieser Figur wiedergefunden, dass ich mir gesagt habe: „Das hier muss meins werden.“ Und ich habe alles dafür gegeben, dass es so kommt.
teleschau: Was hat Sie so begeistert?
Brühl: Was mich an der Show besonders gepackt hat, war, dass sie mehr ist als nur „Ha ha, wir machen uns über Superhelden lustig.“ Sie hat eine tiefe, menschliche Ebene. Da sind Ehrlichkeit, Tragik und etwas unglaublich Rührendes, das unter all dem Humor liegt. Es war ein Privileg, sich diesen Comedy-Giganten anzuschließen und Teil dieses besonderen Projekts zu werden.
teleschau: Wie schwierig war es für Sie, in den Szenen ernsthaft zu bleiben? Mussten Sie häufig lachen und neu anfangen?
Brühl: Oh, ständig! Es war wirklich eine Herausforderung, ernst zu bleiben. Komödien sind ja ohnehin schon schwer, aber hier war es manchmal wirklich ein Ding der Unmöglichkeit. Du musst diesen Rhythmus mit deinen Mitspielern finden, es ist wie ein Tanz - und bei dieser Besetzung war es, als würde man mitten auf der Tanzfläche von absoluten Profis stehen.
teleschau: Gab es einen Moment, in dem Sie dachten: „Das halte ich nicht durch“?
Brühl: Oh ja, mehrfach! Einmal hatte ich eine Szene mit meiner Kollegin, und ich konnte sie einfach nicht ansehen - nicht aus Respekt, sondern weil ich wusste: Wenn ich sie anschaue, breche ich komplett zusammen. Ich stand da und dachte: „Daniel, wenn du jetzt auch nur einen Blick riskierst, war's das.“ Das war diese Mischung aus schierer Angst und purer Freude, die einen als Schauspieler manchmal fast überwältigt. Es war aber auch eine der schönsten Erfahrungen.
teleschau: Inwiefern?
Brühl: Für mich als Deutscher war es wie eine Einladung zu einer Hochzeit - eine Party mit den lustigsten Engländern und Amerikanern. Und ich habe selten so hart für ein Projekt gekämpft wie für dieses. Vielleicht, weil ich wusste, was dahintersteckt. Ich habe da, wie schon erwähnt, meine eigenen Erfahrungen gemacht - ich weiß, wie es ist, wenn ein Regisseur mit aller Kraft versucht, Großes zu schaffen und dabei scheitert. Diese Empathie hat mich sehr in die Figur gezogen.
teleschau: Hier bekommt man einen Eindruck davon, wie hart eine Filmcrew arbeiten muss. Hat das Ihre Sicht auf Ihre Kollegen am Set verändert?
Brühl: Absolut. Was mir bei dieser Show besonders gefallen hat - und das zeichnet ja gute Komödien aus - ist, dass es nicht nur eine bissige Satire ist. Klar, wir lachen darüber, wie absurd es bei großen Franchise-Filmen manchmal zugeht, aber gleichzeitig feiern wir auch die Menschen, die solche Projekte mit unermüdlicher Leidenschaft tragen.
„Das hat meine Sicht auf unser gesamtes Business verändert“
teleschau: Wann haben Sie das zuletzt so richtig bewusst wahrgenommen?
Brühl: Am stärksten hat es mich beeindruckt, als ich realisiert habe, wie viele Menschen hinter so einer Produktion stehen - Hunderte! Die arbeiten oft unter unmöglichen Bedingungen, mit wahnsinnigen Arbeitszeiten, und trotzdem geben sie alles, weil sie ihren Job lieben. Und am Ende? Stehen sie nicht auf dem roten Teppich, kriegen keinen Applaus. Das hat mir wirklich noch mal die Augen geöffnet und mich sehr demütig gemacht. Diese stillen Heldinnen und Helden machen die Magie erst möglich, und darüber nachzudenken, hat meine Sicht auf unser gesamtes Business verändert.
teleschau: Haben Sie durch Ihre Rolle wieder Lust bekommen, bei einem Film Regie zu führen?
Brühl: Absolut. Als Regisseur, ich meine, ich will dann irgendwann auch noch mal einen zweiten Film machen und ich hoffe, dass es mir dann nicht so geht wie dem armen Eric.
teleschau: Man hat das Gefühl, der ganze Cast hatte unheimlich viel Spaß miteinander. Haben Sie etwas aus der Erfahrung gelernt?
Brühl: Definitiv. Gerade von Leuten, die aus dem Comedy-Bereich kommen, kann man unglaublich viel lernen. Jessica Hynes zum Beispiel - sie ist eine wahre Meisterin ihres Fachs. Es waren oft die kleinen, feinen Momente, die mich beeindruckt haben. Ohne zu viel zu verraten: Es gibt eine Szene, in der ihre Figur eine Liebesenttäuschung erlebt. Wie sie darauf reagiert, ist so subtil, so leise - aber gleichzeitig hat es mich komplett umgehauen. Da steckt so viel Herz drin, dass die Figur plötzlich unglaublich rührend wird.
teleschau: Gab es einen Moment, der Sie besonders berührt hat?
Daniel Brühl: Ja, irgendwann habe ich mir meine Kollegen angeschaut und gedacht: „Ihr rührt mich alle.“ Das hat mich an der Show so fasziniert. Wir lachen über diese Figuren, aber wir leiden auch mit ihnen. Und genau das macht gute Comedy aus: Wenn du nicht nur lachst, sondern auch eine Verbindung zu den Charakteren spürst. Am Ende des Tages sind es die ernst genommenen Figuren, die wirklich bleiben - die, die dir unter die Haut gehen.
teleschau: Sind Sie als Schauspieler jemals über das menschlich Mögliche hinausgegangen, nur für die Ästhetik des Films?
Brühl: Oh ja, ständig. Und wissen Sie, es ist oft herrlich demütigend. Der Klassiker: Man will den Job unbedingt und sagt bei der Bewerbung so was wie: „Reiten? Klar, kein Problem, ich bin praktisch ein Profi-Jockey!“ Und dann kommt der Moment der Wahrheit am Set - da sitzt man auf diesem Pferd, klammert sich panisch fest und hofft, dass niemand merkt, dass man eigentlich keine Ahnung hat.
teleschau: Haben Sie ein besonders peinliches Beispiel?
Brühl: Oh, viele! Es sind oft die scheinbar harmlosen Sachen, die einen wirklich scheitern lassen. Einmal wollte ich unbedingt meinen eigenen Stunt machen - nichts Großes, nur von einem Stuhl fallen. Klingt einfach, oder? Aber ich hab es komplett versaut. Und da liegt man dann, halb lächerlich, halb schmerzerfüllt, und versucht trotzdem cool zu bleiben: „Alles gut, kein Problem, gehört so!“ Es sind diese kleinen Momente, die dich als Schauspieler irgendwie erden - und die dich später herrlich zum Lachen bringen, wenn du daran zurückdenkst.
teleschau: Wenn Sie mit dem Regisseur Eric zusammenarbeiten würden, wie würde diese Zusammenarbeit aussehen?
Brühl: Oh Gott, ich glaube, es wäre chaotisch, aber irgendwie faszinierend. Eric ist ja ein echtes Kunststück - mürrisch, narzisstisch, mit einer Ego-Präsenz, die den Raum füllt. Und trotzdem mochte ich ihn immer. Vielleicht, weil ich solche Typen irgendwie verstehe. Wenn man gegen Giganten und Monster kämpfen muss, um einen Film zu machen, entwickeln manche eben spitze Ellbogen und ein großes Ego. Das ist ihr Schutzschild - hinter all dem steckt ja oft Unsicherheit. Als Schauspieler würde ich wahrscheinlich versuchen, hinter die Fassade zu blicken. Ich würde mir die menschliche Seite von Eric ansehen, diese verletzliche Unsicherheit, die sich hinter dem ganzen Getöse verbirgt. Und dann würde ich versuchen, mit ihm in ein ehrliches Gespräch zu kommen - zumindest, wenn er mir die Chance dazu lässt. Aber mal ehrlich: Es könnte genauso gut in einem totalen Drama enden. Ich meine, Regisseure wie Eric sind manchmal wie brodelnde Vulkane - man weiß nie, ob man geniale Ideen oder eine Lavafontäne abbekommt. (tsch)