„Überall ein Stück Butter dran - das hat meine Oma schon immer gesagt“Sterne-Koch Robin Pietsch im Interview

Robin Pietsch führt zwei Sterne-Restaurants in Wernigerode, ist Juror in der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ - und nun auch noch Host im Kabel-Eins-Format „Mein Lokal, Dein Lokal“.  (Bild: Joyn/Nadine Rupp)

Robin Pietsch führt zwei Sterne-Restaurants in Wernigerode, ist Juror in der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ - und nun auch noch Host im Kabel-Eins-Format „Mein Lokal, Dein Lokal“. (Bild: Joyn/Nadine Rupp)

Robin Pietsch ist neben Ali Güngörmüş und Christian Henze einer von drei neuen Gastgebern im Kabel-Eins-Format „Mein Lokal, Dein Lokal“. Im Interview erzählt der Sterne-Koch von spannenden Begegnungen während der Dreharbeiten und zeigt auf, wo es in der Gastro-Branche seit Corona besonders hakt.

Eigentlich hat Robin Pietsch bereits genug zu tun: In seiner Heimatstadt Wernigerode führt der 36-Jährige die beiden Sternerestaurants „ZeitWerk“ und „Pietsch“, in der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ (montags bis freitags, 14.15 Uhr) tritt er als Juror auf, und mit Beginn des neuen Jahres kommt nun eine weitere Verpflichtung hinzu. Im Kabel Eins-Format „Mein Lokal, Dein Lokal“ (montags bis freitags, 17.55 Uhr) übernimmt Pietsch im Wechsel mit Ali Güngörmüş und Christian Henze die Rolle des Gastgebers. Los geht es für Pietsch am Montag, 6. Januar, mit dem Restaurant „Das Löffler's“ in Großmaischeid, Rheinland-Pfalz. Für Pietsch ist es nicht die erste Berührung mit der Sendung: 2015 nahm er selbst als Kandidat mit seinem Restaurant „ZeitWerk“ teil. Was sich seither für ihn und die Branche im Allgemeinen verändert hat, skizziert Pietsch im Interview. Außerdem verrät er, worauf er beim Betreten eines neuen Restaurants als erstes achtet und wie man vermutlich jedes Gericht verbessern kann.

teleschau: Sie führen zwei Sternelokals in Wernigerode, sind regelmäßig Juror in der ZDF-Show „Die Küchenschlacht“ mit Sitz in Hamburg und reisen nun für „Mein Lokal, Dein Lokal“ quer durch Deutschland: Wie schaffen Sie das?

Robin Pietsch: Mit einem sehr, sehr guten Team im Hintergrund. Meine Jungs und Mädels halten mir den Rücken frei. Ansonsten muss ich mich halt disziplinieren und Bock darauf haben. Es macht alles so viel Spaß, deshalb bin ich vor allem dankbar, dass ich so was machen darf.

teleschau: Wie viel Zeit nehmen die Dreharbeiten für „Mein Lokal, Dein Lokal“ aktuell in Anspruch?

Pietsch: Viel! Das kann ich so genau gar nicht sagen. Ich würde sagen, dass ich locker einen halben Monat mit Dreharbeiten für meine TV-Projekte beschäftigt bin und dann noch einen halben Monat habe, um mich um die Restaurants zu kümmern. Mein Vorteil ist, dass ich heutzutage auch mal digitale Meetings mit meinen Angestellten vor Ort abhalten kann, wenn ich gerade mal wieder beim Dreh bin.

teleschau: Finden die Dreharbeiten zu einer Sendewoche „Mein Lokal, Dein Lokal“ auch innerhalb einer Woche statt?

Pietsch: Genau. Die Dreharbeiten vor Ort in den Restaurants dauern meist drei bis vier Tage, dazu kommen dann meist noch zwei Drehtage in der Green Box. Die müssen nicht unbedingt direkt im Anschluss sein, manchmal vergeht auch etwas Zeit dazwischen. Da erzählen wir dann noch mal was zu den Restaurants, geben Tipps und so weiter. Summa summarum kommen wir dann schon auf fünf Drehtage pro Sendewoche. Das Gute ist, dass wir zu dritt sind. Dann kann ich nämlich auch mal sagen: „Mensch, Ali, Christian, ich hab da Urlaub geplant. Meinst du, du kannst übernehmen?“ Das ist alles sehr entspannt.

Pietsch rät: „authentisch bleiben“

teleschau: 2015 nahmen Sie selbst als Kandidat an „Mein Lokal, Dein Lokal“ teil. Wie hat sich die Sendung seither verändert?

Sie sind die neuen Gastgeber bei „Mein Lokal, Dein Lokal“ (von links): Robin Pietsch, Christian Henze und Ali Güngörmüs. (Bild: Joyn / Nadine Rupp)

Sie sind die neuen Gastgeber bei „Mein Lokal, Dein Lokal“ (von links): Robin Pietsch, Christian Henze und Ali Güngörmüs. (Bild: Joyn / Nadine Rupp)

Pietsch: Damals gab es noch keinen Profi. Bei uns waren die Restaurantleiterinnen und -leiter einfach noch untereinander, und es war niemand da, der das Gezeigte ein bisschen einsortiert. Überspitzt formuliert, ist es heutzutage ja so, dass auch ein gelernter Maurer einfach ein Restaurant aufmachen kann, wenn er Bock darauf hat. Es muss überhaupt nicht schlimm sein, wenn Leute ungelernt diesen Weg gehen. Aber im Wettbewerb von „Mein Lokal, Dein Lokal“ kann es so eben vorkommen, dass ein Teilnehmer das perfekte Steak brät, das allerdings von einem anderen schlecht geredet wird, weil ihm die Erfahrung fehlt. Deshalb ist es so geil, dass es den Dreh in der Green Box gibt, bei dem wir dann sagen können: „Nee, das Steak war schon richtig so, weil das perfekt medium gebraten war.“

teleschau: Welchen Tipp geben Sie Gastronomen, die sich für „Mein Lokal, Dein Lokal“ bewerben wollen?

Pietsch: Sie sollten vor allen authentisch bleiben und auf keinen Fall Angst vor der Sendung haben. Ich war damals noch ein sehr verbissener Jungspund. Aber das muss man nicht sein! Wir nehmen keinen auseinander; es geht eher darum, diese vielen tollen Lokale, die es in Deutschland gibt, im Fernsehen zu zeigen. Ich selbst war überrascht, wie viele Menschen mit richtig guten Gastronomiekonzepten wir in Deutschland haben. Da habe ich selbst zum Teil noch dazugelernt. „Mein Lokal, Dein Lokal“ ist, wie ich finde, eines der schönsten Formate, um sich selbst zu präsentieren. Wenn ich an meine Teilnahme 2015 zurückdenke, war die Werbung, die ich dadurch erfahren habe, einfach Wahnsinn!

teleschau: Inwiefern?

Pietsch: Der Laden war nach der Ausstrahlung voll, voll, voll. Das Coole ist, dass die Sendung natürlich nicht nur hier bei mir in Wernigerode ausgestrahlt wurde, sondern in jedem Fernseher. Insofern hatten wir nach der Ausstrahlung Gäste aus ganz Deutschland.

teleschau: Werden Sie heute noch auf die Sendung angesprochen?

Pietsch: Naja, bei mir hat sich in den Jahren danach sehr viel gedreht. Wir haben sehr viel Interesse aus anderen Richtungen erfahren, weshalb meine damalige Mitwirkung ein bisschen in den Hintergrund gerutscht ist. Aber wenn man nur die Teilnahme an der Sendung hat, ist das schon toll. Da muss man auch gar nicht immer nur Gewinner der Sendung sein. Wenn man sich selbst treu bleibt, kann man auch als Gewinner der Herzen Erfolg haben.

„Die Leute überlegen sich den Restaurantbesuch zehnmal“

teleschau: Wie geht es Ihrer Branche allgemein zurzeit? Seit Corona und angesichts der anhaltenden Inflation überlegen sich die Menschen sicher zweimal, ob sie ihr Geld in ein gehobenes Abendessen investieren ...

Pietsch: Die Leute überlegen nicht nur zweimal, sondern zehnmal. Wir hatten eine ganz kurze Hochphase, als Corona endlich wieder vorbei war. Damals hatten die Leute großen Hunger auf das Ausgehen. Jetzt merkt man nicht nur, dass die Gäste nachdenken, sondern man tut es selbst auch. Ich meine, guck dir ein Stück Butter an: Was hat das vor drei Jahren gekostet? Und was kostet es heute? Wir Gastronomen müssen knallhart überlegen: Wie kann man das überhaupt noch umsetzen, dass du zu humanen Preisen den Gästen etwas anbietest? Allein die Personalkosten sind exorbitant gestiegen. Das finde ich gut für die Gastronomie und die Leute, aber wirtschaftlich ist es echt schwierig. Sprich, du musst die Preise anheben, um wirtschaftlich zu bleiben, aber für die Endkonsumenten heißt das 175 Euro für ein Menü beziehungsweise 30, 35 Euro für ein Schnitzel. Keine Ahnung, wo das alles noch hingehen soll. Deshalb bin ich so dankbar, dass ich nebenher Fernsehen machen darf.

teleschau: Würden Sie jungen Menschen überhaupt noch raten, Spitzenkoch oder -köchin zu werden?

Robin Pietsch wurde 1988 in Blankenburg am Rande des Harz geboren. Heute führt der gelernte Konditor und Koch zwei Sterne-Restaurants in Wernigerode. (Bild: Joyn/Nadine Rupp)

Robin Pietsch wurde 1988 in Blankenburg am Rande des Harz geboren. Heute führt der gelernte Konditor und Koch zwei Sterne-Restaurants in Wernigerode. (Bild: Joyn/Nadine Rupp)

Pietsch: Ja, weil der Beruf schon geil ist. Es muss jetzt nur endlich was passieren. Ich fand es auch uncool, dass die Politik die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht hat. Das waren zwölf Prozent, die wir plötzlich auf die Kundschaft umlegen mussten. Jeder, der ein bisschen rechnen kann, weiß, was das bedeutet. Wenn das Menü dann plötzlich 20, 25 Euro mehr kostet, ist das einfach unmöglich für den Kunden.

„Ich betrete ein Restaurant immer total unvoreingenommen“

teleschau: Kommen wir zurück zu „Mein Lokal, Dein Lokal“: Worauf achten Sie als erstes, wenn Sie ein Restaurant zum ersten Mal betreten?

Pietsch: Ich betrete ein Restaurant immer total unvoreingenommen. Ich recherchiere im Vorfeld auch recht wenig zu den Betreiberinnen und Betreibern. Stattdessen habe ich eine ganz kleine Übersicht: Das ist der und der Laden, die Betreiber heißen so und so, und das ist ihre Geschichte. Ansonsten freue ich mich immer am meisten darauf, die Menschen kennenzulernen und ihre Geschichten zu hören: Wie sind sie in die Gastronomie reingerutscht? Das ist für mich das Spannendste. Und dann schaue ich natürlich auch in die einzelnen Ecken, denn ich bin ein kleiner Saubermann-Freak und finde, eine gewisse Sauberkeit sollte überall geboten sein. Ansonsten lasse ich mich einfach überraschen. Man kann auch nicht alles miteinander vergleichen: Ein Bistro ist etwas anderes als ein cooles Fünf-Sterne-Hotel mit eigenem Restaurant.

teleschau: Gab es eine Geschichte, die Sie während der bisherigen Dreharbeiten besonders faszinierte?

Pietsch: Mein zweiter oder dritter Einsatz wurde auf Mallorca gedreht. Dann mach mal am Ballermann eine Anmoderation für die Woche! (lacht) Ey, das war ziemlich geil, auch die ganzen Leute kennenzulernen und zu erfahren, wie sie das gemacht haben in einem komplett anderen Land. Darunter war auch eine Dame, die dort ist, seit der Zeit, als der Ballermann populär wurde. Auch fand ich es toll, Köchen aus der ausländischen Gastronomie über die Schulter zu schauen: Wie gehen die mit Gewürzen um? Das finde ich super spannend! Genau das Gleiche gilt für außergewöhnliche Gastro-Konzepte.

„Man macht mich auch mit einer Bockwurst glücklich“

teleschau: Die Kandidaten sind in der gegenseitigen Bewertung teilweise schon sehr streng. Wie ist das bei Ihnen? Können Sie privat noch essen gehen, ohne gleich beruflich mitzudenken?

Pietsch: Ja! Ich glaube sogar, ich bin der entspannteste Gast ever! Ich gehe gerne Schnitzel essen, ich esse gerne mit meinem Kumpel in einem griechischen Restaurant. Wenn ich dann mal in das Spitzenrestaurant eines Kollegen gehe, dann gucke ich schon mal genauer drauf. Aber selbst da stelle ich mir eher Fragen wie: Wie ist das abgeschmeckt? Was hat der für Teller? Aber man macht mich auch mit einer Bockwurst glücklich. (lacht)

teleschau: Geht man als Koch eigentlich lieber essen als selbst zu kochen?

Pietsch: Ja! Oder man kommt nach Hause und hat das Glück, dass vielleicht in einem kleinen Töpfchen was vorbereitet ist. (lacht)

„Selbst wenn etwas schiefgeht, einfach noch mal probieren“

teleschau: „Mein Lokal, Dein Lokal“ zählt bereits über 1.500 Folgen. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für den Erfolg?

Pietsch: Ich glaube, in der Sendung ist einfach für jede Zuschauerin oder jeden Zuschauer etwas dabei, die oder der sich ein bisschen fürs Essen gehen oder Gastronomie interessiert. Bei uns ist nichts gescriptet. Natürlich gibt es gewisse Abläufe, die festgelegt sind, aber du hast immer unterschiedliche Typen und immer unterschiedliche Situationen. Außerdem bietet die Sendung online einen Mehrwert für die Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn sie Rezepte einfach nachschauen können. Der Sender betreibt einfach eine super Werbung und macht Lust auf mehr.

teleschau: Letzte Frage: Haben Sie einen Tipp für Hobbyköchinnen und -köche?

Pietsch: Selbst wenn etwas schiefgeht, einfach noch mal probieren und noch mal probieren, bis es klappt. Das ist die wichtigste Faustregel beim Kochen. Und sonst gilt natürlich noch der Klassiker: überall ein Stück Butter dran - das hat meine Oma schon immer gesagt (lacht)! (tsch)