„Vertrauen Sie Merz?“Antwort von SPD-Mann bei bei Sandra Maischberger lässt aufhorchen

Ralf Stegner vertraut Friedrich Merz noch „nicht so richtig“. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Ralf Stegner vertraut Friedrich Merz noch „nicht so richtig“.

Die FDP war dagegen, die SPD dafür: Der Bundestag hat am Dienstagnachmittag zwei Finanzpakete in einer Gesamthöhe von einer Billion Euro beschlossen. Damit ist auch eine Lockerung der Schuldenbremse verbunden. Am Dienstagabend diskutieren zwei Politiker beider Parteien bei Sandra Maischberger im Ersten über dieses Thema.

Die Schuldenbremse darf nicht angetastet werden. Das hat die FDP im Wahlkampf verlangt, und das versprach auch die Union. Letztere hat nun ihre Meinung geändert und gemeinsam mit der SPD zwei Finanzpakete in Höhe von insgesamt einer Billion Euro erarbeitet. Der Bundestag hat sie am Dienstag freigegeben. Bei „Maischberger“ (ARD) erklärt Christian Dürr, noch FDP-Fraktionschef, warum dieser Schritt nach seiner Ansicht falsch war. Der SPD-Politiker Ralf Stegner verteidigt den Schritt. Dürr will ab Mai gemeinsam mit einem Team die FDP führen und zu einer modernen Partei weiterentwickeln.

„Meine Sorge ist: Wir reden jetzt von einer Billion Euro Schulden. Wir reden davon, dass in den kommenden Jahren 80 Milliarden im Haushalt an Zinsen dafür aufgewandt werden müssen. Der Eindruck, dass dies alles folgenlos sei, den muss man hinterfragen“, mahnt Dürr. „Dass wir etwas für die Verteidigung tun müssen, unterschreibe ich sofort. Spannend ist aber, ob wir etwas für Infrastruktur tun können. Und mein Zweifel ist, dass man so ziemlich alles machen wird, aber am wenigsten dafür.“

Stegner: „Müssen unseren Kindern und Enkeln eine Welt vererben, auf der sie leben können“

Dürrs Kritik: Das Programm für die Infrastruktur sei zu wenig zielgerichtet. So würde durch das Finanzpaket ein Betrag von knapp 270 Milliarden Euro frei, der noch nicht verplant sei. Dieser Betrag werde nicht in Verteidigung und Infrastruktur fließen, er stände zur freien Verfügung.

Überhaupt ist Christian Dürr von Sorgen nahezu zerfressen, was er während der Diskussion mit Ralf Stegner auch immer wieder betont. So hat er zum Beispiel die Sorge, dass die nächste Generation all das Geld wieder zurückzahlen müsse. Mit Zinsen. „Ich habe selbst zwei Kinder, und es ist nicht gerecht, den Kindern all das zu überlassen, damit heute eine Koalition funktioniert“, sagt Dürr.

Sandra Maischberger bat Christian Dürr (FDP, links) und Ralf Stegner (SPD) zum Interview. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Sandra Maischberger bat Christian Dürr (FDP, links) und Ralf Stegner (SPD) zum Interview.

„Wir müssen unsere Industriegesellschaft klimaneutral umbauen, weil wir unseren Kindern und Enkeln eine Welt vererben müssen, auf der sie leben können“, ist die Ansicht von Stegner. „Dazu müssen wir in eine Industrie investieren, in der Arbeitsplätze existieren.“ Gleichzeitig fordere die SPD, dass das Rentenniveau stabil bleibe, die Erhöhung des Mindestlohns und eine Mietpreisbremse. „Das sind keine Wahlgeschenke. Und ich finde es übrigens auch merkwürdig, immer das Wahlgeschenke zu nennen, was den Menschen zugutekommt. Wenn ich aber Steuergeschenke für die Superreichen mache, sind das keine Wahlgeschenke, sondern dann ist das Wirtschaftsankurbelung.“

Es sei aber falsch, eine klimaneutrale Infrastruktur aus Steuergeldern zu finanzieren, findet Dürr. Stattdessen müsse der Staat Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. Die Finanzpakete sorgten für die höchste Staatsverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg.

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„Meine Sorge ist: Wenn man jetzt so locker mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, verabschiedet man sich von einer guten Wirtschaftspolitik, und ich glaube, nicht der Standort Deutschland wird besser, sondern der Staat wird einfach größer. Und das ist nicht die wirtschaftliche Dynamik, die sich die Menschen erhoffen“, glaubt Dürr. „Die wollen einen guten Job, der gut bezahlt ist, der am Ende gute Renten garantiert, und keinen Staat, der alles einnimmt.“ Und etwas später: „Meine Sorge ist, dass ganz viel Geld ausgegeben wird, aber am Ende Reformpolitik nicht mehr stattfindet.“ Dürr befürchte, dass sich dadurch in Wahrheit kein Wachstum einstelle.

Dürr: „Gruppe aus Parteien, die den Staat geradezu umarmen und zu überfordern drohen“

Im Moment laufen die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. „Vertrauen Sie Friedrich Merz?“, fragt Sandra Maischberger Ralf Stegner, der noch vor kurzem nichts von einer Kanzlerschaft des CDU-Vorsitzenden hielt. „Noch nicht so richtig“, antwortet Stegner. Er nimmt Merz übel, dass er sich vor wenigen Wochen für den Beschluss eines Entschließungsantrages der Stimmen der AfD bediente. „Wir werden in das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen auch hineinschreiben müssen, dass nicht einmal damit gedroht werden kann, sonst ist das mit den Sozialdemokraten nicht zu machen.“ Man müsse dafür sorgen, dass die AfD wieder aus dem Bundestag verschwinde.

„Meine Sorge beim kommenden deutschen Bundestag ist, dass wir eine Gruppe aus Parteien haben, nämlich Union, SPD und Grüne, die jetzt den Staat geradezu umarmen und ihn zu überfordern drohen, weil die Menschen das alles bezahlen müssen“, sagt Dürr indessen. „Und das merken Menschen auch. Und auf der anderen Seite haben Sie eine Partei, die den Staat hasst, ablehnt und seine Institutionen lächerlich macht.“ Der FDP-Politiker wünsche einen Staat, der funktioniert und wirtschaftlich erfolgreich sei. Sein Job sei es, sich in den kommenden vier Jahren dafür einzusetzen. (tsch)