Eine Radfahrerin musste sich nun vor Gericht verantworten, weil sie über eine Ampel gefahren war, die dauerhaft rot anzeigte. Doch wie verhält man sich in dieser Situation richtig?
Darf ich fahren?Radfahrerin vor Gericht: Was tun, wenn die Ampel dauerhaft rot anzeigt
Langes Warten an einer roten Ampel ist lästig – vor allem, wenn es Verkehrsteilnehmende besonders eilig haben. Doch was, wenn die Ampel einfach dauerhaft auf Rot steht und nicht auf Grün umschaltet? Ist es in diesem Fall erlaubt, einfach über rot zu fahren?
Diese Frage beschäftigt aktuell das Hamburger Gericht. So stand eine Radfahrerin an der Ampel, doch sie wurde einfach nicht grün. Als sie schließlich bei Rot fuhr, wurde sie prompt erwischt. Doch war das Vorsatz?
Über dauerhaft rote Ampel gefahren: Radfahrerin vor Gericht
Es gibt Ampelanlagen, die mithilfe einer sogenannten Bedarfsschleife „merken“, wenn Fahrzeuge ankommen. Sie können dann bei Bedarf auf Grün schalten – sonst bleibt es Rot. Nur was ist, wenn man mit einem Fahrrad heranfährt und diese Bedarfsschleife durch dieses nicht aktiviert wird?
Die betroffene Radfahrerin wartete gleich mehrere Minuten. Als es einfach nicht Grün wurde, fuhr sie schließlich über Rot. Sie wurde erwischt und musste 100 Euro Geldbuße wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes zahlen. Die Frau legte Einspruch ein. Sie sei davon ausgegangen, dass die Ampel defekt gewesen sei. Ihr sei weder vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
Die zuständige Behörde bestand aber auf Bezahlung und so ging die Sache vor Gericht. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese verurteilte die Frau, diese legte Beschwerde ein. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Hamburg gab der Betroffenen vorläufig recht. Auf diesen Beschluss weist der ADAC hin.
Radfahren: Was tun, wenn die Ampel Dauerrot anzeigt?
Doch wie verhält man sich in solch einer Situation korrekt? Die Urteilsbegründung im Fall der Radfahrerin lautete wie folgt: Sollte tatsächlich eine Funktionsstörung vorgelegen haben, die zu einem dauerhaften Rotlicht führte, sei die Pflicht zum Anhalten nichtig. Das wäre auch der Fall, wenn eine Kontaktschleife vorhanden wäre, diese aber durch ein Fahrrad nicht ausgelöst werden könnte. Dann wäre die Halteanordnung – jedenfalls gegenüber Radfahrenden – ebenfalls nichtig.
Sollte die Schleife dagegen auch von Radfahrenden ausgelöst werden können, sei der Verkehrsteilnehmer oder -teilnehmerin hier irrtümlich von einer Störung ausgegangen. Dann komme aber zumindest keine „vorsätzliche“ Begehung eines Rotlichtverstoßes in Betracht. Im konkreten Fall glaubte die Frau, die Ampel sei defekt. Die Kontaktschleife war ihr nicht aufgefallen. So sei eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Rotlichtverstoßes ausgeschlossen.
Die Frau hätte nach Ansicht des Amtsgerichts die Möglichkeit gehabt, abzusteigen und die Kreuzung mithilfe einer auf der rechten Seite befindlichen und mit einem Anfrageknopf ausgestatteten Fußgängerbedarfsampel zu überqueren. Doch das OLG schrieb: Die Betroffene habe nicht als Fußgängerin, sondern als Radfahrerin am Verkehr teilgenommen.
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Radfahrende seien nicht etwa als „qualifizierte Fußgänger“ anzusehen, denen unabhängig von etwaigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen „nach Belieben angesonnen werden könnte oder müsste, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen“. Die Sache wurde mit dem OLG-Beschluss zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ans Amtsgericht zurückverwiesen.
Ampel dauerhaft rot: Welche Regeln gelten für Autos?
Doch wie sieht das bei Autofahrerinnen und -fahrern aus, wenn die Ampel dauerhaft auf rot steht? Prinzipiell gilt, dass zunächst abzuwägen ist, ob es sich um einen Funktionsfehler der Ampel handelt. Dies kann beispielsweise ausfindig gemacht werden, wenn das Rotlicht wesentlich länger als drei Minuten am Stück leuchtet. Wie der RND berichtete, darf in diesem Fall nach angemessener Wartezeit von etwa fünf Minuten über rot gefahren werden.
Entscheidet sich der Fahrer oder die Fahrerin in dieser Situation tatsächlich über rot zu fahren, muss besonders vorsichtig gehandelt werden. Denn der Gesetzgeber schreibt vor, dass eine Gefährdung des Querverkehrs völlig ausgeschlossen werden muss. Sollte es zu einem Unfall kommen, trägt nämlich der Fahrer oder die Fahrerin die Schuld, welcher Dauerrot angezeigt bekommen hatte.
In den meisten Fällen sei es jedoch so, dass modere Ampelanlagen bei einem Defekt so programmiert sind, dass das gelbe Licht dauerhaft blinkt. In dieser Situation gilt für Verkehrsteilnehmende, die angebrachten Schilder zu beachten. Sind keine vorhanden, so gilt der Grundsatz „rechts vor links“. (dpa, js)