Während Konkurrenten wie Disney+ mit Verlusten kämpfen, konnte Netflix sich eine Jagd auf Account-Trittbrettfahrer leisten. Beflügelt von einem Sprung bei der Nutzerzahl riskiert der Streaming-Primus nun sogar zum Teil höhere Preise.
Höhere Preise bei NetflixKonzern geht nächsten Schritt: Günstiger Tarif wird gestrichen
Netflix fühlt sich nach dem erfolgreichen Vorgehen gegen Passwort-Trittbrettfahrer so sicher, dass der Dienst sich Preiserhöhungen erlaubt. Der Streaminganbieter streicht kommende Woche in Deutschland und weiteren Ländern seinen günstigsten Tarif ohne Werbung für Neukundinnen und Neukunden. In den USA, Großbritannien und Frankreich erhöht der US-Konzern zudem die Preise, wie er am Mittwoch (18. Oktober 2023) ankündigte.
In einem Brief an seine Aktionäre teilte Netflix mit, das werbefreie Basis-Abo werde kommende Woche in sechs weiteren Ländern gestrichen – wie in Deutschland, so auch etwa in Spanien und Australien. Dieses Abo kostete hierzulande 7,99 Euro.
Netflix: Werbefreies Basis-Abo gestrichen
Netflix kostet dann in Deutschland mit Werbung im Abo 4,99 Euro monatlich, ohne Werbung in der Standardversion 12,99 Euro und in der Premiumversion 17,99 Euro. Auch im Werbe-Abo soll es im November die Möglichkeit geben, Filme herunterzuladen, wie das Unternehmen ankündigte.
Das Unternehmen erhielt im vergangenen Quartal einen kräftigen Schub: Das Vorgehen gegen das Teilen von Zugangsdaten und das günstigere Abo mit Werbeanzeigen ließen die Kundenzahl um 8,76 Millionen steigen. Die Anlegerinnen und Anleger waren begeistert: Die Aktie stieg im nachbörslichen Handel am Mittwoch um mehr als zwölf Prozent.
Netflix geht seit dem Sommer unter anderem auch in Deutschland dagegen vor, dass Nutzerinnen und Nutzer einen Account über einen Haushalt hinaus teilen. Dafür wird zusätzliches Geld fällig – entweder zahlen die Mitbenutzenden für ein eigenes Konto, oder der bisherige Account-Inhaber fügt sie für 4,99 Euro im Monat als Zusatzmitglied hinzu. So viel kostet in Deutschland auch das günstigste Abo mit Werbeanzeigen.
Nach früheren Berechnungen von Netflix nutzten rund 100 Millionen das Passwort aus einem anderen Haushalt. Das Vorgehen gegen das Teilen der Accounts ist mit Risiko verbunden: Verärgerte Nutzerinnen und Nutzer könnten auch lieber zu einem der vielen Streaming-Dienste der Konkurrenz wechseln.
Netflix setzt jedoch darauf, dass das Angebot an Serien und Filmen so attraktiv ist, dass die Leute lieber mehr bezahlen. Diese Rechnung scheint trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in vielen Ländern aufzugehen. Netflix kam nun zum Quartalsende auf 247,15 Millionen zahlende Kundinnen und Kunden.
Netflix: Zahl der Kundschaft mit Werbe-Abo um 70 Prozent gestiegen
Für das vergangene Quartal hatte Netflix selbst ein Plus von rund sechs Millionen Abonnenten in Aussicht gestellt – ähnlich wie im Vierteljahr davor. Das günstigere Abo mit Werbung spielt hier eine wichtige Rolle: In den Ländern, wo es verfügbar ist, entscheiden sich 30 Prozent der Neukundschaft dafür. Insgesamt sei die Zahl der Kundinnen und Kunden mit Werbe-Abo binnen drei Monaten um 70 Prozent gestiegen. Für das laufende Vierteljahr rechnet Netflix nun mit einem Kunden-Zufluss in der Größenordnung des dritten Quartals.
Netflix betont, dass die Effekte der Trittbrettfahrer-Jagd noch einige Quartale andauern würden: Bisher seien einige Maßnahmen bei einigen Nutzer-Gruppen noch gar nicht angekommen. Co-Chef Greg Peters spielte den möglichen Effekt der Preiserhöhungen herunter: So etwas schlage sich stärker eher in den Anteilen der neu abgeschlossenen Abos nieder.
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In den USA wird das teuerste Netflix-Abonnement mit bester Bildqualität künftig 22,99 Dollar pro Monat kosten und in Frankreich 19,99 Euro. In Deutschland zahlt man dafür aktuell 17,99 Euro.
Netflix dominiere aktuell im Streaming-Geschäft und löse sich vom Rest der Branche, sagte Branchenanalyst Rich Greenfield im US-Sender CNBC. Ein wichtiger Schritt für die Zukunft sei, dass die Firma Skydance Animation des früheren Pixar-Stars John Lasseter mit ihren Filmen von Apples Streaming-Dienst zu Netflix wechselte. Das könne Netflix helfen, bei Familien-Unterhaltung zu Disney aufzuschließen.
Das Abo mit Werbung laufe gut, weil sich dafür viele Nutzer entschieden, die bisher mit Passwörtern von Freunden oder Familienmitgliedern Netflix schauten, betonte Greenfield. Netflix nimmt mit seinem Anzeigen-Angebot verstärkt die Werbegelder ins Visier, die bisher ins lineare Fernsehen flossen.
Der Netflix-Umsatz stieg im Jahresvergleich um acht Prozent auf 8,54 Milliarden Dollar (8,11 Mrd Euro), wie Netflix am Mittwoch mitteilte. Der Gewinn wuchs um rund ein Fünftel auf rund 1,68 Milliarden Dollar. (dpa/afp)