Krass!Studie zeigt – so wird man beim Pornoschauen ausspioniert
Pennsylvania/Köln – Sexuelle Vorlieben, pornografische Filme oder online organisierte Seitensprünge – intime Details des Privatlebens. Niemand möchte solche Informationen im Internet veröffentlicht sehen. Doch eine Studie von US-Wissenschaftlern zeigt, dass die Daten von Pornoseitennutzern weitergegeben werden.
Die Forscher haben über 22.000 Seiten mit pornografischen Inhalten analysiert und untersucht, ob Nutzer bei dem Besuch einer Pornoseite von Werbeunternehmen getrackt werden und ob die Seitenbetreiber sie darüber aufklären, dass die Daten erfasst und an dritte Firmen weitergegeben werden. Das Ergebnis: Über 90 Prozent der Pornoseiten geben die Daten an Dritte weiter.
Pornoseiten geben Daten der Konsumenten weiter
Elena Maris aus der Microsoft Forschungsabteilung, Timothy Libert von der Carnegie Mellon Universität und Jennifer Henrichsen von der Universität Pennsylvania haben mit einem speziellen Programm untersucht, welche Daten die Seiten weitergeben. Dabei haben sie über 200 Unternehmen identifiziert, an die die Webseiten-Betreiber die Daten weitergeben.
Die Nutzer wissen von der Datenweitergabe meist nichts. Lediglich 17 Prozent der Seiten mit pornografischen Inhalten haben eine Datenschutzerklärung. Selbst wenn die Seiten eine solche Erklärung hatten, nutze sie den Pornokonsumenten laut der Studie nicht viel: „Die Datenschutzbestimmungen sind so geschrieben, dass man eine zweijährige Universitätsausbildung benötigt, um sie zu verstehen.“ Und auch schon bei nicht-pornografischen Seiten werden die Datenschutzerklärungen in der Regel nicht von Nutzern gelesen.
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Inkognito-Modus schützt nicht vor Tracking
Die Forscher erklären, dass Nutzer im Inkognito-Modus des Browsers nicht vor dem Tracking ihrer Daten geschützt sind. Wenn der Modus aktiviert ist, werde nur der Verlauf der besuchten Seiten nicht gespeichert.
Fast 80 Prozent der untersuchten Webseiten nutzen laut der Studie Cookies. Diese untersuchen das Verhalten von Seitenbesuchern und verfolgen es über mehrere Webseiten hinweg. Laut der Studie könnten so theoretisch auch völlig andere Unternehmen Rückschlüsse auf die sexuellen Vorlieben der Nutzer ziehen.
Werbe-ID in jedem Smartphone
Werbefirmen beteuern zwar, dass trotz der gesammelten Daten keine Rückschlüsse auf die Identität des Nutzers möglich sei. Beim Webtracking werden aber auch Daten wie zum Beispiel die IP-Adresse oder die Werbe-ID gespeichert. Jedes Smartphone mit Android oder iOS hat eine Werbe-ID. Werbefirmen nutzen sie, um dem Smartphonebesitzern personalisierte Werbung auszuspielen. Diese Daten könnten zu dem Zweck genutzt werden, dass bestehende Marketingprofile, die die gleiche ID verwenden, um die Daten des Pornokonsums ergänzt werden.
In der deutschen Rechtsprechung gibt es unterschiedliche Urteile, ob die IP-Adresse zusammen mit dem Datum des Webseitenbesuchs einen Personenbezug hat. So urteilte das Amtsgericht München zum Beispiel, dass eine IP-Adresse „kein personenbezogenes Datum“ ist (Az. 133 C 5677/08). Das Amtsgericht Berlin-Mitte hingegen urteilte, dass eine Internetseite die IP-Adresse nicht über den Nutzungsvorgang hinaus speichern dürfe (Az. 5 C 314/06).
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Google und Facebook wissen, welche sexuellen Vorlieben Nutzer haben
Die Daten von den Seiten mit pornografischen Inhalten fließen auch an Google oder Facebook mit Sitz in den USA oder an spezialisierte Erotikwerbefirmen, die laut den Forschern meist in Europa sitzen.
Warum sich bei den Trackern von Pornoseiten Google oder Facebook befinden ist unklar, schließlich verbieten die Unternehmen pornografische Inhalte auf ihren Seiten. Der New York Times versichern beide Konzerne, dass sie die Verwendung von Informationen, die auf Seiten mit pornografischen Inhalten gesammelt wurden, für Werbeprofile verbieten.
Kaum Pornoseiten sind verschlüsselt
Die Forscher haben außerdem herausgefunden, dass lediglich 17 Prozent der Seiten verschlüsselt sind. Das bedeutet, dass Hacker relativ einfach an die Login-Daten der Nutzer kommen.
Zwischen 2012 und 2018 sind 12 Seiten mit pornografischen Inhalten, Seiten für Voyeurismus oder Seitensprungseiten sichtbar verletzt worden. Ein bekannter Fall ist der Hackerangriff auf die Seitensprungseite „Ashley Madison“ – 32 Millionen Namen, Kreditkartendaten, E-Mail-Adressen, Adressen und die sexuellen Vorlieben der Nutzer wurden 2015 veröffentlicht. Die Folgen: Erpressungen, öffentliche Reuebekundungen und ein Suizid.
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Forscher warnen, dass Datenleaks Nutzer in Gefahr bringen kann
Der Hack der Plattform „Ashley Madison“ hat hauptsächlich heterosexuelle Männer getroffen, weil diese die Zielgruppe des Portals darstellen.
Die Forscher warnen, dass ein Datenleck für Anhänger exotischer Vorlieben oder Mitglieder der LGBTQ-Gemeinde (Abkürzung aus dem Englischen für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer) noch weitreichendere Folgen haben könnte. Für Porno-Konsumenten, die in einem Staat leben, der manche Sexpraktiken unter Strafe stellt, drohe die größte Gefahr.