«Zu Weihnachten wünsche ich mir ...» - bei wem dieser Satz seines Kindes Stress auslöst, sollte weiterlesen. Und nicht um jeden Preis alle Wünsche erfüllen. Experten-Tipps für Eltern und Familien.
Haben wollen ist ok, aber ...Kein Frust unterm Weihnachtsbaum: Kinder richtig beschenken
Weihnachten steht vor der Tür, für viele Kinder der Höhepunkt des Jahres. Den Satz „Zu Weihnachten wünsche ich mir ...“, hören Eltern oft schon im Sommer. Akribisch werden Wunschzettel erstellt, und je näher der Termin rückt, desto mehr wächst die Vorfreude. Das ist rührend anzusehen. Doch bei vielen Eltern löst der Gedanke daran, diese Wünsche zu erfüllen, Stress statt Freude aus.
Die Sozialpädagogin Dana Mundt, die bei der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke-Onlineberatung) arbeitet, beobachtet das seit einigen Jahren. Nicht wenige Eltern setze es unter Druck, die „richtigen“ Geschenke für ihre Kinder zu finden, berichtet sie. Eltern fühlten sich dabei „oftmals sehr zwischen den Stühlen sitzend“.
Angst vor Enttäuschungen und Spannungen an Weihnachten
Denn: „Eltern wollen ihren Kindern etwas Sinnvolles schenken, woran diese lange Freude haben.“ Doch die Vorstellungen dazu, was sinnvoll ist, lägen bei ihnen und ihren Kindern nicht selten weit auseinander. Die Angst, dass es am Festtag zu Enttäuschungen und Spannungen kommt, wenn den Wünschen nicht nachgegeben wird, sei dementsprechend groß.
Die Sozialpädagogin Claudia Popat von der Elternberatung Erziehung in Liebe und Respekt spricht in diesem Zusammenhang auch von „einer Verwöhnung“, die sie immer wieder feststellt. „Es ist eine grundsätzliche Haltung von Eltern, ihren Kindern Enttäuschungen ersparen zu wollen. Viele können es nicht aushalten, wenn das Kind Frust durchstehen muss. Sie räumen ihm folglich alles aus dem Weg - und denken dabei: Hauptsache, mein Kind ist glücklich.“
Das kann dazu führen, dass am Heiligen Abend dann doch die Playstation oder das Smartphone unterm Weihnachtsbaum liegt - obwohl man das doch gar nicht wollte. Hauptsache, die Kinderaugen strahlen. Wenn Oma und Opa, Tanten und Onkel dann auch noch was unter die Tanne legen, stellt sich bei vielen mit Blick auf den Geschenkeberg ein schlechtes Gewissen ein - und der Vorsatz, es im nächsten Jahr anders zu machen.
Zuhören und reden: Erwartungsmanagement vor dem Fest
Um Enttäuschungen an Weihnachten zu vermeiden, raten Mundt und Popat Eltern dazu, mit den Kindern frühzeitig über deren Erwartungen zu sprechen. „Wie das Fest abläuft, hängt vor allem davon ab, welches Bild von Weihnachten geschaffen wird“, sagt Popat. Kommt es dann anders als erwartet, sei der Frust groß.
„Kinder dürfen sich erst mal alles wünschen und sie müssen auch träumen können“, sagt Mundt. „Diese Wünsche und Träume sollten Eltern ernst nehmen und mit den Kindern darüber sprechen. Dabei erfährt man viel über deren Interessen und Bedürfnisse.“
Gleichzeitig sei es aber wichtig, zu erklären, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen könnten - und auch, warum. „Wenn man sagt: Du kannst eine Wunschliste schreiben, aber davon gehen nur zwei oder drei Dinge in Erfüllung, ist das Kind vorbereitet“, sagt Popat.
Geht es nach dem Entwicklungsforscher Gerald Hüther, sollte man Kindern statt materieller Dinge ohnehin besser Zeit und gemeinsame Erfahrungen schenken. „Viele Eltern schenken gedankenlos Spielzeug oder Süßes, weil man es immer so gemacht hat und es alle so machen“, kritisierte er vor einigen Jahren. Ihn stört dabei der frühe Fokus auf Materielles und Konsum, den Kinder sich dann aneignen würden.
Also am besten keine Geschenke unterm Tannenbaum?
So weit würde der Kinder- und Jugendpsychologe Gerd Schulte-Körne nicht gehen. „Kinder möchten von ihren Eltern gesehen und anerkannt werden. Sie freuen sich, wenn ihre Eltern ihnen gegenüber Freude, Wertschätzung und Wärme vermitteln.“ Auch ein Geschenk an Weihnachten könne dafür ein schöner Ausdruck sein.
Zudem sei ein Geschenk mit einem Ritual verbunden: „Es liegt unterm Tannenbaum, es wird ausgepackt, es ist etwas drin.“ Rituale - wie etwa auch Plätzchenbacken oder weihnachtliches Singen - seien wichtig für Kinder und würden von ihnen eingefordert, sagt der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität München. „Sie geben ihnen Sicherheit und Geborgenheit. Es ist etwas, was sie brauchen und ihnen hilft, das Weihnachtsfest zu genießen.“
Sind es aber zu große oder zu viele Geschenke, könnten Kinder einen vollkommen unrealistischen Bezug zum Schenken bekommen - und diese Dimensionen regelmäßig einfordern. Psychologen geben bei dem Thema auch immer wieder zu bedenken, dass zu viele Geschenke besonders für kleinere Kinder eine extreme Reizüberflutung darstellen und sie überfordern können.
Damit der Heilige Abend nicht in eine Geschenkschlacht ausartet, raten die Experten, innerhalb der Familie Absprachen zu treffen. An die muss sich dann nur jeder halten - und nicht noch heimlich was dazupacken. (dpa)