Mit Zeit und guten ZutatenOhne Soße geht es nicht: So wird Ihr Essen richtig rund

Unwiderstehlich: Gebratene Maishähnchenbrust mit einer Beurre Blanc, einer klassischen Buttersoße der französischen Küche.

Unwiderstehlich: Gebratene Maishähnchenbrust mit einer Beurre Blanc, einer klassischen Buttersoße der französischen Küche.

Ob Fleischpfanne oder veganer Braten: Eine gute Soße macht ein Gericht wesentlich aus. Worauf es bei der Zubereitung ankommt und was einer Soße das gewisse Etwas gibt, erklärt ein Sternekoch.

Eine gute Soße muss den Spagat schaffen: sich harmonisch ins Gericht einfügen und doch eine eigene Note haben. Rolf Straubinger ist Sternekoch im Burghotel und Restaurant Staufeneck in Salach und einer der Sieger des „Laurentius 2024“, des Ausbildungs-Awards des Verbands der Köche Deutschlands (VKD). Das sind seine Tipps fürs Soßenkochen.

Frage: Worauf kommt es bei der Zubereitung einer Soße generell an?

Rolf Straubinger: Grundsätzlich braucht man für alle Soßen Zeit, Engagement und Liebe sowie natürlich beste Zutaten und vor allem das richtige Verhältnis. So kann ich aus einem Kilo Fleischknochen keine 10 Liter Soße kochen.

Der Zeitfaktor ist vor allem bei klassischen Soßen entscheidend, wo das lange Einköcheln, die Reduktion, die Aromastoffe konzentriert. Und was die Zutaten angeht: Nehmen Sie für eine Beurre blanc, eine klassische Buttersoße der französischen Küche, gesalzene Rohmilchbutter anstelle normaler Markenbutter, haben Sie ein komplett anderes Ergebnis.

Frage: Warum hat ein Gericht überhaupt eine Soße nötig?

Straubinger: Für mich ist eine Soße in jedem Gericht ein ganz wichtiger Bestandteil. Sie trägt und unterstützt das Fleisch, den Fisch oder das Gemüse. Bei Schmorgerichten zum Beispiel, die oft über viele Stunden garen, verliert das Fleisch relativ viel an Geschmack. Damit es am Ende als Genuss auf den Teller kommt, muss die Soße sehr stark unterstützen. 

Frage: Ist eine Soße noch zu retten, wenn etwas schiefgegangen ist?

Straubinger: Da muss man viel Erfahrung haben oder auch tricksen. Aber ich mag das Tricksen nicht, denn es kostet so viel Energie und Zeit. Und einen angebrannten Geschmack etwa aus der Soße für ein Schmorgericht, diesen Bitterton, kriegt man nicht mehr raus, selbst wenn man immer mehr Wein und anderes hineingibt.

Ich bin eher dafür, etwas neu zu machen, wenn es nicht gelungen ist. Im Grunde muss der Ansatz perfekt sein, vom Anbraten her, von der Fleischqualität, der Menge und allem, was dazugehört. 

Frage: Was versteht man unter einem Ansatz?

Straubinger: Bei einem Schmorgericht etwa habe ich in der Pfanne die Bratrückstände vom Anbraten des Fleisches im Fett. Dazu gebe ich das Gemüse, also Zwiebeln, Karotten, Sellerie, Lauch, die Kräuter. Das alles kratze ich nach einer Weile gründlich vom Boden und lösche es mit etwas Rotwein ab. Diese erste Stufe einer Soße nennt man das Ansetzen.

Frage: Ist Omas Mehlschwitze heute eigentlich noch aktuell?

Straubinger: Das kommt darauf an. In manchen Soßen braucht man den gerösteten Mehlgeschmack noch, etwa in einigen unserer nahrhaften, schwäbischen Gerichte wie Kutteln oder geröstete Grießsuppe.

Damit eine Mehlschwitze nicht klumpt, ist es wichtig, erst mal nur einen Teil der Flüssigkeit mit dem Mehl glattzurühren, nicht alles auf einmal, sondern nach und nach. Und danach muss der Mehlgeschmack eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten ganz sanft rausköcheln.

Heutzutage lernen die Schülerinnen und Schüler in der Berufsschule die Mehlschwitze zwar noch, aber insgesamt ist sie nicht mehr so gängig.

Frage: Was ist denn stattdessen gängig?

Um eine sämigere Soße zu haben, arbeitet man heute mehr mit Reduktion, also dem Einköcheln von Zutaten. Ich nehme zum Beispiel auch einfach eine dickere Sahne oder dicke die Soße am Ende mit zwei, drei Tropfen angerührtem Pfeilwurzelmehl an.

Bei Schmorgerichten gebe ich manchmal Schwarzbrotscheiben dazu und lasse sie verkochen. Oder wenn es glutenfrei sein soll, reibt man Kartoffeln ganz fein mit einer Microplane-Reibe. Dieses Kartoffelmus in ein Gericht gegeben, kocht sofort weg und dickt ebenfalls an, die Soße wird dadurch sehr cremig. 

Frage: Abseits von Klassikern wie dem Schmorgericht - wie funktionieren moderne Soßen?

Straubinger: Nehmen Sie zum Beispiel die asiatische Küche. Da hat man oft eine Kombination von Säure, Schärfe und Süße. Der Geschmack kommt nicht über die Anröststoffe, sondern über die verwendeten Zutaten. Typische Zutaten sind etwa Chili, Zitronengras, Ingwer, Koriander, Currypaste, Fischsoße oder Limonensaft. Bei diesen Gerichten ist auch die Gefahr eines Anbrennens nicht so groß, weil sie oft nur gedünstet werden.

Bei vegetarischen oder veganen Soßen wiederum brauche ich viel Gemüse, und zwar in bester Qualität. Für eine Tomatensoße also zum Beispiel etliche vollreife, große Fleischtomaten. 

Sehr originell finde ich auch die sogenannte Chlorophyll-Technik: Man nimmt relativ viele Kräuter - was man gerade da hat, Petersilie oder Babyblattspinat etwa, mixt sie mit Wasser und passiert das Ganze sehr fein. Dann kocht man diesen grünen Saft auf und bei 70 Grad setzt sich das Chlorophyll oben als geronnener Eiweißschaum ab. Das schöpft man ab und hat eine cremige Paste, die sehr konzentriert schmeckt und sich gut für vegetarische oder vegane Soßen eignet.

Ich mische sie zum Beispiel gerne mit Kokosmilch oder veganer Sahne. Man kann die Paste auch portionsweise einfrieren und hat sie dann zur Hand, wenn es mal schnell gehen muss.

Frage: Haben Sie einen Tipp für eine besondere Geschmacksnote in einer Soße?

Straubinger: Was ich gerne auch zu Hause mache: Mit heller oder dunkler Sojasoße als Geschmacksgeber kochen. Einfach am Ende zum Finish ein bisschen davon in das Gericht geben, das hat dezent eingesetzt ein gutes Umami.

Gerne kommen bei mir in das Gericht kurz vor dem Servieren auch ein paar Spritzer saurer Essig. Ein weißer oder Rotweinessig mit einem hohen Säureanteil. Dieser bringt schöne Säurespitzen und eine gewisse Frische in eine Soße hinein. (dpa)