Boom-GeschäftIn der Corona-Krise wollen plötzlich alle Hühner mieten – wie das geht
Kassel – Während die Bundesbürger infolge der Corona-Pandemie meist zu Hause geblieben sind, sind „Frida“, „Gundula“, „Ilse“, „Johanna“ und „Hilde“ gerade ständig auf Reisen. Es ist ihr „Job“. Denn sie sind Miethühner.
Drei Wochen wohnten die Hennen gerade im Garten von Familie Rassek am Stadtrand von Kassel. Nun steht der Abschied bevor: Die fünf tierischen Mitarbeiter von Miethuhn Nordhessen verlassen die Familie wieder.
Miethühner ab 90 Euro pro Woche
Miethuhn-Angebote gibt es seit mehreren Jahren. Das Prinzip: Für einen Geldbetrag können sich Kindergärten, Altenheime oder Privatleute eine kleine Hühnergruppe in den Garten holen.
Bei Miethuhn Nordhessen gibt es für 90 Euro pro Woche Zaun, Futter, Tränke, Sandbad und den transportablen Stall – sowie die fünf Bewohner. Außerdem stehen die Vermieter Oliver und Mona Zeuner aus Niestetal bei Kassel mit Rat und Tat zur Seite.
Ausgebucht: Kurzfristige Anmietung unmöglich
Die Corona-Pandemie hat das Geschäftsmodell erst ausgebremst, dann aber befeuert, weil die Leute jetzt Zeit haben. Bis Mitte September seien alle vier Ställe ausgebucht: „Kurzfristig ein Corona-Huhn zu mieten, ist unmöglich.“
Die Rasseks hatten dagegen Glück: „Als Corona kam und die Kinder nicht mehr in die Kita konnten, dachten wir: Wir probieren es mal aus.“ Dabei sei man überrascht gewesen, wie pflegeleicht die Hühner und ihr Haus seien.
So schließt der Stall die Tiere beispielsweise abends automatisch ein. Räuber wie der Fuchs hätten so keine Chance. Allerdings lief nicht alles glatt: „Der Rasenmähroboter hat ein Huhn so erschreckt, dass es ausgebüxt ist“, sagt Rassek.
Hühnervermietung als Nebenjob
Für Mona und Oliver Zeuner ist die Hühnervermietung ein Nebenjob. 2015 hatten sie sich Hühner angeschafft und waren dann 2019 auf die Vermietungsidee aufmerksam geworden. Für die Mehrheit der Mieter sei es entscheidend, „dass man sich ein Stück Landleben in den Garten holen kann“.
So könne man Kindern vermitteln, wo das Ei herkomme. Als einer der ersten Hühnervermieter in Deutschland gilt ein Hesse: „Ich bin der Vater der Erfindung“, sagt Michael Lüft aus Seligenstadt über sich. Seit 2013 vermietet er Hühner. Acht weitere Anbieter kenne er in Deutschland.
Miethuhn: Das sagt der Tierschutz
Lüft selber hat mittlerweile 58 mobile Hühnerställe. Tierschützer haben nichts gegen die Vermietung – sofern bestimmte Standards erfüllt werden. „Wenn der Anbieter seriös ist, eine artgerechte Haltung der Tiere vor Ort gewährleisten kann und robuste Rassen wählt, passt das“, sagt Daniela Müller vom Hessischen Tierschutzverband.
Dann sei es eine schöne Idee, um der gesellschaftlichen Entfremdung von der Natur entgegenzuwirken.
Mit etwas Glück gibt es auch Eier
Familie Rassek will sich jetzt dauerhaft Tiere anschaffen. Eine Eier-Garantie geben Hühner-Vemieter in der Regel nicht. Erfahrungsgemäß liege die Menge bei einem mobilen Stall mit fünf Hennen aber bei 3,5 bis vier Eiern pro Tag.
Die ließen sich einfach aus dem Stall nehmen und sind nicht befruchtet – es können also keine Küken daraus schlüpfen. (mjs/dpa)