In der Pandemie waren Clubs geschlossen, große Feiern wurden vertagt. Das hatte positive Auswirkungen auf das Trinkverhalten von Jugendlichen. Konsumieren sie stattdessen andere Drogen?
Überraschende Sauf-StatistikKonsumieren die Jugendlichen jetzt lieber gefährlichere Drogen?
Saufen kommt aus der Mode: Immer weniger Heranwachsende müssen wegen einer akuten Alkoholvergiftung stationär im Krankenhaus behandelt werden. Im vergangenen Jahr kamen gut 11.500 junge Menschen im Alter von 10 bis 19 Jahren deswegen in eine Klinik.
Das waren 1,3 Prozent weniger als 2021 und 43,1 Prozent weniger als vor der Corona-Pandemie 2019, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte.
Tiefster Wert seit 2001: Weniger Jugendliche mit Alkoholvergiftung
„Damit sind die Fallzahlen das dritte Jahr in Folge gesunken und erreichten 2022 den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2001.“ Den Höchstwert gab es im Jahr 2012 mit rund 26 700 Behandlungsfällen in dieser Altersgruppe.
Fachleute der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vermuten, dass es wegen der Einschränkungen während der Corona-Pandemie weniger soziale Anlässe gab, Alkohol zu konsumieren. „Die Schließung von Clubs und Bars hatte hierbei möglicherweise einen protektiven Effekt, denn jungen Menschen konsumieren üblicherweise in Gesellschaft“, sagte eine Sprecherin. Möglicherweise hätten Jugendliche in der Pandemie „einen anderen Umgang mit Alkohol erprobt und diese Gewohnheiten beibehalten“.
Auch demografische Effekte spielen eine Rolle, wie das Amt ergänzte. Die Bevölkerung in der Altersgruppe 10 bis 19 Jahre schrumpfte zwischen 2001 und 2022 um 16,6 Prozent.
Saufen unter Jugendlichen: 15- bis 19-Jährige am häufigsten in Klinik
15- bis 19-Jährige sind - über alle Altersgruppen hinweg einschließlich Erwachsener - die am häufigsten betroffene Gruppe bei der Zahl der Klinikaufenthalte wegen Alkoholmissbrauchs: In dieser Altersgruppe gab es im Jahr 2022 mit 247 Fällen je 100.000 Einwohner den mit Abstand höchsten Wert. In der Altersgruppe der 50- bis 54-Jährigen wurden nur 104 Fälle je 100.000 Einwohner gezählt.
Alkohol ist für Jugendliche besonders gefährlich. „Da sich der jugendliche Körper noch in der Entwicklung befindet, wirkt das Zellgift Alkohol bei jungen Menschen schneller und schädlicher als bei Erwachsenen“, so die BZgA. Schon in kleinen Mengen könne Alkohol erheblichen Schaden anrichten. Massiver Konsum bis hin zu Alkoholvergiftung sei für Heranwachsende „ein gravierendes Gesundheitsrisiko: Durch Rauschtrinken kann das jugendliche Gehirn auf Dauer geschädigt werden“.
Immer weniger Koma-Säuferinnen und Säufer, immer weniger Alkohol
Nicht nur die Zahl der Komasäufer sinkt - immer weniger Jugendliche trinken überhaupt. Bei einer Befragung der BZgA sagten zuletzt nur noch 57,5 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, dass sie mindestens einmal im Leben Alkohol getrunken haben. Vor 20 Jahren waren es noch 87 Prozent gewesen.
Die These, dass Jugendliche stattdessen zum Beispiel mehr kiffen, stimmt wohl nicht. Die Daten aus den Befragungen der BZgA zeigen keinen deutlichen Anstieg beim Konsum anderer Suchtmittel bei Jugendlichen.
Zahl junger Drogentoter zuletzt deutlich gestiegen
Allerdings: Die Zahl junger Drogentoter im Alter unter 22 Jahren ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Laut einer Abfrage von „STRG_F (NDR/funk)“ in allen Bundesländern im vergangenen Jahr sind im Jahr 2021 insgesamt 131 Menschen gestorben, die jünger als 22 Jahre alt waren.
Darunter waren drei Kinder bis einschließlich 13 Jahren. Zwischen 2016 und 2019 waren es pro Jahr noch zwischen 44 und 59 Drogentote bis einschließlich 21 Jahre, 2020 waren es 78.
Alkohol unter Jugendlichen: Junge Männer häufiger betroffen
Die Alkohol-Statistiken zeigen auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer sind über alle Altersgruppen hinweg häufiger betroffen - mit einer Ausnahme: Bei den 10- bis 14-Jährigen waren nur 39,5 Prozent der Betroffenen Jungs.
Die BZgA führt das auf die geringere Körpermasse von Mädchen zurück. Möglich sei auch, dass bei Mädchen mit einer Alkoholvergiftung das soziale Umfeld schneller reagiert und einen Rettungswagen ruft, daher mehr Fälle im Krankenhaus behandelt werden als bei gleichaltrigen Jungen. (dpa/mg)