Die innere Uhr richtig lesenMontags um 7 ist die Welt noch ganz anders

Frau hält Wecker mit Uhrzeit 7 Uhr in der Hand

Morgens um 7 Uhr schon so strahlen wie das Model hier auf dem Foto? Das mag so manchem Menschen schwerfallen, aber generell sind wir morgens besser drauf als abends. Ja, wirklich!

Ganz schön ausgeschlafen: Unser Biorhythmus – und warum wir nicht gegen ihn leben sollten. Profi-Tipps für guten Schlaf gibt's natürlich auch!

von Stefanie Monien  (smo)

„Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung“. Oder in Dortmund. Einmal kurz gelacht, aber – Spaß beiseite – an dem Bonmot ist aus wissenschaftlicher Sicht durchaus etwas dran. Denn wie wir uns fühlen, ob glücklich und zufrieden oder eher einsam und traurig, hängt womöglich nicht allein von unseren Lebensumständen ab, sondern auch von Tageszeit und Wochentag. Und vor allem vom Schlaf  – wie unsere putzmuntere Reise durch den Biorhythmus zeigt.

Vorab eine eher schlechte Nachricht für Nachteulen: Eine britische Studie hat herausgefunden, dass unser Gemütszustand früh am Tag am besten ist – und spät am Abend am trübsten.

Zirkadiane Rhythmen: Von Hormonen, Puls und Atem

Für ihre Studie haben Feifei Bu, Jessica Bone und Daisy Fancourt vom University College London 49.218 Menschen über zwei Jahre hinweg regelmäßig zu verschiedenen Tageszeiten und an diversen Wochentagen u. a. nach deren Zufriedenheit, Lebenssinn und Glück gefragt. Dabei kristallisierte sich ein tageszeitliches Muster heraus:

  1. Morgens spiegelten die Antworten größeres Behagen, Glück und Erfülltheit wider, und gleichzeitig weniger depressive oder ängstliche Symptome.
  2. Je später der Abend, desto negativer diese Parameter ihren „Höhepunkt“ hatten sie gegen Mitternacht.
  3. Eine, wenn auch kleine, Rolle spielt der Wochentag. Alle positiven Gefühle waren generell montags und freitags etwas ausgeprägter als sonntags. Ob es etwas mit dem Schwung ins oder aus dem Wochenende zu tun hat, konnten die Forscherinnen bei Studienabschluss noch nicht sagen.

Allerdings könnten, so vermuten die drei, tageszeitliche Muster (sogenannte „Zirkadiane Rhythmen“; schlicht „Biorhythmus“) durch physiologische Veränderungen im Zusammenhang mit der Körperuhr erklärt werden: So erreiche beispielsweise der Spiegel des Stresshormons Cortisol kurz nach dem Aufwachen seinen Höchststand – und seinen Tiefststand um die Schlafenszeit.

Die großangelegte Beobachtungsstudie aus Großbritannien stellte die vielbeschworene „innere Uhr“ ins Zentrum: Gegen sie leben sollte man nicht, sich von ihr leiten zu lassen fällt manchmal schwer. Was wir landläufig meinen, wenn wir von unserer „inneren Uhr“ sprechen, ist der zirkadiane Rhythmus. Abgeleitet vom lateinischen Begriff „circa diem“ (ungefähr ein Tag).

Er umfasst nicht nur Schlaf- und Wachphase, auch Körperfunktionen wie Hormonspiegel (z. B. Cortisol und Melatonin), Blutdruck, Puls oder Atemfrequenz unterliegen der 25-Stunden-Periodik. So ist z. B. der Schlaf gegen 2 Uhr am tiefsten, die Körpertemperatur gegen 19 Uhr am höchsten. Faktoren wie Schichtarbeit bringen den Biorhythmus übrigens aus dem Takt. Die Folgen: Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, erhöhtes Risiko für Krebs, Herzkrankheiten und Diabetes.

Dazu gibt es auch noch mehrere „innere Uhren“, die bekannteste ist die „Organuhr“. Die kann laut Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) Hinweise auf körperliche Störungen geben und klären helfen, warum man z. B. nachts immer um die gleiche Zeit aufwacht. Denn jedes Organ hat eine Zeit, in der es besonders aktiv ist. Drei Beispiele:

  1. Zwischen 1 und 3 Uhr schlägt die Stunde der Leber sie entgiftet den Körper. Wer oft um diese Zeit aufwacht, sollte Alkohol und fettes Essen meiden.
  2. Zwischen 3 und 5 Uhr reinigt sich unsere Lunge. Wer zu dieser Zeit häufig wach wird, kann ggf. an Allergien leiden, sollte auf Nikotin verzichten.
  3. Zwischen 5 und 7 Uhr ist der Dickdarm am aktivsten. Um der Verdauung anzuregen, direkt nach dem Aufstehen ein Glas lauwarmes Wasser trinken.

Es gibt aber noch mehr Phänomene, an denen sich die Schlafqualität (und damit auch die uns in den Tag begleitende Stimmung) festmachen lässt. Wie die legendäre Wolfsstunde. Der Name klingt mystisch, das Phänomen ist so real wie lästig: Man wacht zwischen 3 und 4 Uhr in der Nacht auf, kann nicht direkt wieder einschlafen. Auch dann, wenn man nicht falstaffmäßig gezecht oder geschlemmt hat.

Wirre Gedanken in der Wolfsstunde

Die Wolfsstunde meint die Zeit, zu der früher nur noch die Wölfe wach waren. Unser Schlaf erreicht einen Kipppunkt, die Tiefschlafphase ist passé. Zusätzlich steigt der Cortisolspiegel an, wir wachen häufiger auf – meist jedoch, ohne es zu merken (nur auf der Schlafkurve der Smartwatch).

Wer aber im Alltag viele Sorgen hat, läuft Gefahr, hier richtig wach zu werden. Da rotiert das Gedankenkarussell, da schubsen negative Grübeleien jegliche Einschlafimpulse von der Bettkante. Weil man, so der australische Psychologe Prof. Greg Murray, in der Nacht buchstäblich allein mit seinen Gedanken ist – und Probleme größer erscheinen können, als sie es bei Tageslicht betrachtet sind. „Glauben Sie nicht alles, was Sie denken“ – diese Weisheit sollte zur Wolfsstunde einmal mehr gelten. Dann gibt's gute Chancen, dass morgens um 7 die Welt nicht nur anders, sondern auch in Ordnung ist.