Film-DrogenDas schnupfen, spritzen und rauchen Schauspieler vor der Kamera

Al Pacino Scarface

Eine der legendärsten Film-Drogen-Szenen: Al Pacino alias Tony Montana sitzt in „Scarface“ vor einem riesigen Haufen Kokain.

Nach einer lauten und feuchtfröhlichen Techno-Party in einem Berliner Club sitzen die Freunde auf einem Hausdach und blicken entspannt auf ihr Viertel. Alkohol haben sie dabei, auch ein selbstgedrehter Joint macht die Runde.

Die Szene aus dem prämierten Film „Victoria“ ist von Laia Costa und Frederick Lau perfekt gespielt. Und natürlich waren die Schauspieler nicht betrunken und bekifft, als sie die Szene gedreht haben. Grund genug, einmal nachzufragen:

Was konsumieren Schauspieler eigentlich in Wirklichkeit, wenn sie Drogen- oder Alkoholszenen drehen?

Zigaretten rauchen

Sollte der Schauspieler Raucher sein, steckt er sich einfach eine Zigarette an.

Zimmerle_Sandra_Porträt

Sandra Zimmerle war als Außenrequisiteurin in der prämieren Produktion „Victoria“ tätig.

Ist der Schauspieler Nichtraucher, wird es komplizierter. Requisiteurin Sandra Zimmerle, die seit elf Jahren Außenrequisiteurin ist und auch bei „Victoria“ mitarbeitete, erklärt, was Nichtraucher in diesem Fall im Film scheinbar genüsslich qualmen: „Es gibt Kräuterzigaretten, die in Deutschland nur in der Apotheke erhältlich sind, oder nikotinfreien Tabak, der von einigen Geschäften in Deutschland über das Internet angeboten wird.“

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Sollen die Schauspieler im Film rauchen, besorgen die Requisiteure oft Kräuterzigaretten.

Kräuterzigaretten, auch bekannt als „Kräuterette“, sind sowohl tabak- und nikotinfrei und kommen eigentlich in der Raucherentwöhnung zum Einsatz. Beide Möglichkeiten sähen aber täuschend echt aus, so Zimmerle. Sie ist als Außenrequisiteurin dafür zuständig, alle Gegenstände zu besorgen, die bei einer Filmszene verwendet werden.

Marihuana rauchen

Und wie sieht es aus, wenn ein Joint angesteckt wird? Auch hier muss geklärt werden, ob der Schauspieler oder die Schauspielerin normalen Tabak oder die Nichtraucher-freundlichen Alternativen rauchen möchte.

„Wenn der Zuschauer nicht explizit sehen muss, dass der Joint Marihuana enthält, wird der Joint mit normalem Tabak gedreht, um den Schauspieler nicht unnötig Ungenießbares zuzumuten.“

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Damit der Film-Joint möglichst authentisch aussieht, empfiehlt die Expertin Brennnesseltee.

Soll das Marihuana jedoch im Bild zu sehen sein, hat die Requisiteurin zwei Möglichkeiten: „Entweder man nimmt getrockneten Industriehanf oder getrocknete, ganze Teeblätter.“

Für ihre Produktionen favorisiert sie getrocknete Teeblätter und empfiehlt Brennnesseltee. „Der wirkt am authentischsten.“

Kokain und Amphetamine schnupfen

Zieht sich ein Schauspieler im Film eine Linie Koks oder Amphetamin – wie beispielsweise Speed – werde weißer Schnupftabak verwendet, erklärt Zimmerle.

Den könne man über das Internet bestellen. Weißer Schnupftabak hat den Vorteil, dass er komplett tabak-, also auch nikotinfrei ist. Die Bestandteile reduzieren sich in der Regel auf Traubenzucker und Menthol.

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Weißer Schnupftabak wird heute unter Requisiteuren als Kokain-Ersatz gehandelt.

Früher, so Zimmerle, habe man Puderzucker als Kokain-Ersatz genommen, der allerdings die Schleimhäute verklebe. Daher wird Puderzucker heute kaum noch in Produktionen verwendet.

Heroin spritzen

Komplizierter wird es, wenn eine Heroin-Szene gedreht werden soll, in der die Droge gespritzt wird. Doch stechen lassen muss sich kein Schauspieler. Der Umgang mit echten Spitzen wäre schlichtweg zu gefährlich.

„Für Film- und Fernsehproduktionen gibt es spezielle Spritzen", erklärt Sandra Zimmerle, die insgesamt schon an über 50 Kino- und TV-Filmen mitwirkte.

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Spezielle Filmspritzen aus Plastik, deren Nadel sich in den Spritzenhohlkörper einfahren, werden meist für Filmproduktionen verwendet.

Auch diese Spritzen würden aber nur in Betreuung einer speziellen medizinischen Fachberatung „verabreicht“. Der Clou bei der Konstruktion: Die Spitze bestehe meist aus Plastik und fahre sich in den Spritzenhohlkörper ein.

Doch was passiert mit der Flüssigkeit in der Spritze, dem „Filmheroin“? Expertin Zimmerle löst auf: „Die Flüssigkeit wird dann durch ein kleines Loch abgeleitet.“

Speziell bei diesen Szenen sei es aber umso wichtiger, die Kameraeinstellung zu beachten, damit der Zuschauer genau das nicht sehe.

Alkohol trinken

Wird im Film Flaschenbier oder -sekt getrunken, kann das Etikett ausgetauscht werden. Dadurch wird eine Flasche alkoholfreies Bier oder alkoholfreier Sekt schnell mal zu einer Version mit Alkohol.

Anders ist es bei Wein oder Spirituosen: „Die Flaschen müssen vorher entleert und ausgewaschen und mit alkoholfreien Getränken wieder gefüllt werden.“

Warum diese Produktionen auch für die Requisiteurin die schönsten sind: Die Flaschen müssen geleert werden. Nach Drehschluss läutet sie dann gern den Feierabend ein und lädt das Team zur gemeinsamen Verkostung. „Wäre ja sonst schade drum“, sagt sie.

Bier_zuprosten

Am Set wird natürlich ausschließlich alkoholfreies Bier ausgeschenkt.

Handelt es sich um präparierte Flaschen, bestehe die größte Schwierigkeit darin, die Flaschen wieder perfekt zu verkorken oder zu verschließen. Schließlich sollen sie ja vor der Kamera aussehen, als wären sie noch nie geöffnet worden.

„Wenn Alkohol nur in Gläsern gezeigt wird, dann sind es immer alkoholfreie Getränke, die direkt ins Glas gefüllt werden“, weiß Zimmerle.

Für Rot- oder Weißwein eignen sich weißer oder roter Traubensaft. Dabei müsse auch stets abgeklärt werden, ob der Schauspieler Diabetiker sei, gerade eine Diät absolviere, oder andere Unverträglichkeiten oder Allergien habe. Dann kommen zuckerfreie Traubensäfte aus dem Reformhaus zum Einsatz.

Weitere alkoholfreie Möglichkeiten: Ginger Ale für Sekt und Champagner und Eistee für Whiskey oder Rum.

Medikamente, Ecstasy

Bei Tablettenkonsum fällt die Wahl der Requisiteure vergleichsweise leicht, erklärt Zimmerle.

Sie kaufe Placebo-Tabletten aus der Apotheke. Diese gebe es in verschiedenen Farben. Die Placebo-Pillen bestünden lediglich aus Milchpulver und seien gesundheitlich unbedenklich.

Allerdings müsse auch in diesem Fall vorher abgeklärt werden, ob der Schauspieler lactoseintolerant sei.

Bunte_Pillen_Symbol

Im Film werden Medikamente oder andere Pillen mit bunten Milchpulver-Tabletten aus der Apotheke ausgetauscht.

Bei einer asiatischen Produktion, die sie als Requisiteurin betreute, sollten einige Schauspieler Tabletten nehmen. Jedoch litten alle betreffenden Schauspieler an Laktoseintoleranz.

Wie Zimmerle die Situation rettete: „Alle Schauspieler mussten vorher spezielle Verträglichkeitsmittel einnehmen, um dann vor der Kamera die Milchpulver-Tabletten zu schlucken.“

In jedem Fall, so verrät Zimmerle, sei es die erste Pflicht eines guten Requisiteurs, nachzufragen, ob der Schauspieler Allergien oder andere Unverträglichkeiten habe. Denn nur so könne man sich auch wirklich gewissenhaft auf die Produktion vorbereiten.

Das musste Requisiteurin Zimmerle auch erst lernen: