Tipps vom HirnforscherMit diesen beiden Regeln werden Sie einfacher glücklich

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Viele Leute sind zufrieden und glücklich, wenn sie am Meer sind. Doch es besteht ein großer Unterschied zwischen den beiden Empfindungen Glück und Zufriedenheit. Das Symbolfoto wurde am 31. Juli 2018 auf Norderney aufgenommen und zeigt ein Mädchen, dass vor der untergehenden Sonne am Nordstrand im Sand springt.

von Mirko Wirch  (wir)

Köln – Jeder Mensch ist unterschiedlich und hat seine ganz eigenen Ziele im Leben. Doch eines eint (fast) alle Menschen. Sie wollen glücklich und zufrieden in ihrem Leben sein.

Aus gesellschaftlicher Sicht sind diese beiden Dinge – Glück und Zufriedenheit – beinahe identisch. Wer zufrieden ist, ist glücklich und umgekehrt, heißt es oft. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Zufriedenheit und Glück zwei verschiedene Dinge

Aus wissenschaftlicher Sicht sind Glück und Zufriedenheit zwei völlig unterschiedliche Reaktionen auf entsprechende Ereignisse in unserem Leben.

Gerhard Roth (78) zählt zu den führenden Hirnforschern Deutschlands und gründete unter anderem 2016 das „Roth-Institut“ in Bremen.

Der Neurobiologe sagt in einem Interview mit dem „Focus“: „Die Forschung zeigt, dass man Zufriedenheit und Glück unterscheiden muss. Als junger Mensch kann man sehr glücklich sein, doch im Alter nehmen diese euphorischen Glücksmomente dann ab. Dafür steigt im Alter die Lebenszufriedenheit.“

Empfindung von Zufriedenheit und Glück individuell

Des Weiteren sei die Fähigkeit, auf der einen Seite Zufriedenheit zu erlangen und andererseits Glück zu erleben, von Mensch zu Mensch verschieden und nicht bei jedem gleich. Entweder ist man schon von klein an auf Zufriedenheit und Glück eingestellt oder nicht.

Ganz wichtig sei dabei das erste Lebensjahr eines Menschen, so Roth. In dieser Zeit entwickle und zeige sich bereits unser Temperament. Wer als Kleinkind relativ zufrieden war und bei wem das Leben danach weiter erfreulich ohne große negative Einschnitte verlief, bei dem verfestige sich eine gewisse Grundzufriedenheit, so Roth.

Wer dagegen in seinem frühen Lebensabschnitt mit widrigen Umständen Zuhause, in der Schule und später im Beruf zu kämpfen hatte, bei dem trübt sich die Zufriedenheit.

Wer Pessimist ist, bleibt es meist ein Leben lang

Oft teilen wir andere Menschen in bestimmte Gruppen ein, um sie besser zu verstehen und zu unterscheiden. Das macht auch die Forschung. Unter anderem gibt es die Unterscheidung zwischen Optimisten und Pessimisten.

Auch bei der Forschung nach Glück und Zufriedenheit im Leben hilft diese Unterscheidung. Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Optimisten und Pessimisten liegt laut Roth in ihrer Verwandlungsfähigkeit in das Gegenteilige: „Ein Optimist lässt sich auch durch Unglücksfälle nicht wesentlich in seinem Optimismus erschüttern. Ebenso wird ein Pessimist durch glückliche Umstände nicht zum Optimisten.“

Für Pessimisten ist Erfolg zufällig

Roth macht dafür ein konkretes Beispiel: „Sagen wir, Sie sind Pessimist, wollen aber zum Optimisten werden. Dann müssten Sie Dinge tun, die Ihnen Erfolg versprechen, Ihnen Befriedigung verschaffen oder soziale Anerkennung. Wenn Sie nun aber Pessimist sind, glauben Sie nicht, dass sich etwas verändern wird. Sie gehen dann eher skeptisch an die Dinge heran und werden vieles unversucht lassen, um Ihr Ziel zu erreichen.“

Anders sehe das bei einem Optimisten aus. „Ein Optimist macht meistens Dinge, die er für erfolgversprechend hält. Gehen diese dann doch mal schief, wird er nicht automatisch zum Pessimisten, sondern bleibt weiterhin ein Optimist. Das nennt man Selbstbestätigungstendenz“, erklärt Roth.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Pessimisten und Optimisten ist laut Roth, wie sie einen Erfolg einordnen. Während der Optimist einen eigenen Erfolg als selbstverursacht ansieht und daraus weitere Kraft schöpft, auch weiter optimistisch durchs Leben zu gehen, sehen Pessimisten Erfolg als zufällig an. Misserfolg, eine negative Erfahrung, sieht ein Pessimist dagegen meist als selbstverschuldet an.

So entsteht Glück im Gehirn

Laut Roth können Zufriedenheit und Glück einem im Leben passieren. Doch ob man zufrieden ist, entscheide das Schicksal, so der Neurobiologe weiter. Man könne nicht beschließen, zufrieden zu sein. Zufrieden werde man in erster Linie durch Anerkennung, Erfolg, Selbstwirksamkeit oder durch die von sich aus kommende Motivation, etwas zu tun, weil man es gerne macht und wenn man es dann gemacht hat, zufrieden ist. Doch glücklich wird man durch all das nicht zwingend, so Roth.

Beim Empfinden von Glück spiele unser Gehirn eine ganz wichtige Rolle, sagt Gerhald Roth. Es überwacht immer die Folgen dessen, was wir machen oder erleben. Macht uns etwas erlebtes glücklich, reagiert es entsprechend.

Roth erklärt: „Wenn etwas überraschend sehr positiv verläuft, dann werden als Bestätigung hirneigene, endogene Opioide und Cannabinoide ausgeschüttet. Das lässt uns ein leichtes Wohlgefühl empfinden oder auch völlig euphorisch und ekstatisch werden. Das hängt von dem Ausmaß ab, in dem diese Stoffe im Hirnstamm ausgeschüttet werden.“

Glücksgefühl ähnlich wie Drogen

Ein Glückszustand kann eine Stunde oder auch mal ein bis zwei Tage andauern. Doch ähnlich wie eine Droge, die nach kurzer Zeit ihre Wirkung verliere, passiere das auch bei einem Glücksgefühl irgendwann, erklärt Roth.

Wie bei Drogen gibt es auch bei Glück unterschiedliche Arten davon. Man unterscheide zwischen materiellen Glück, sozialen Glück und dem intrinsischen Glück, so der Experte. Doch die meisten dieser Glücksarten halten aber nicht lange an.

Diese Art von Glück hält am längsten an

Materielles Glück ist zum Beispiel, wenn man eine Gehaltserhöhung bekommt, mit der man nicht rechnete. Da es sich aber „nur“ um eine materielle Belohnung handelt, hält das Glücksgefühl darüber nicht allzu lange an.

Soziales Glück bedeutet, man bekommt öffentliche Anerkennung für etwas, das man gemacht hat – beispielsweise für eine Präsentation. Doch auch diese Art von Glücksgefühlen sind am nächsten Tag meist schon wieder verflogen.

Anders sieht es beim intrinistischen Glücksgefühl aus. Hierbei spielen materielle Belohnung und soziale Anerkennung keine Rolle. Man tut etwas aus eigener Überzeugung heraus. Wenn man es getan hat, ist man stolz auf sich selbst. Diese Art von Glück ist zwar eher ein stilles Glück, da man keine „Anerkennung“ von außen erhält, doch dafür entsteht es aus einer erhöhten Selbstzufriedenheit.

Zufriedenheit von verschiedenen Faktoren abhängig

Zufriedenheit dagegen ist eher eine Konstante, so der Experte. Dafür sei die Entstehung der Zufriedenheit auch wesentlich komplexer, da es auf verschiedene Faktoren ankäme, ob man zufrieden ist.

„Ich kann zufrieden sein, wenn ich zum Beispiel feststelle, dass mir etwas gelingt, dass ich mich beweisen konnte, wenn ich sozial eingebunden bin und das tun kann, was mir gefällt, wenn ich anerkannt werde und so weiter. Das sind viele Faktoren, die mich zufrieden machen und daran ist fast das gesamte Gehirn beteiligt“, führt Roth aus.

Zwei Tipps, um sein eigenes Glück zu finden

Zwar könne man Glück nicht lernen, sagt der Hirnforscher. Ob man Glück empfinde, hänge in erster Linie von der Beurteilung seines eigenen Gehirns ab. Daher gäbe es am Ende nur zwei Tipps, die laut Gerhard Roth wirklich wichtig seien, wenn es um das eigene Glück geht: Einerseits eine schonungslose Selbsterkenntnis und andererseits das Setzen von hohen aber zugleich auch realistischen Zielen. Roth erklärt:

  1. „Fragen Sie sich sehr kritisch, was Sie in Ihrem Leben wirklich erreichen möchten: Was sind meine wirklichen Ziele, wovon habe ich immer geträumt, was haben Leute mir nicht eingeredet, sondern was möchte ich wirklich? Und dann verfolgen Sie diese Ziele.“
  2. „Erfolgreiche und zugleich zufriedene Menschen setzen sich hohe, aber erreichbare Ziele – und sind erfreut, wenn sie sie erreichen. Während sich Pessimisten entweder viel zu hohe Ziele setzen, von denen sie hoffen, dass sie sie nicht erreichen – sie sind ja Pessimisten. Oder Ziele, die viel zu einfach zu erreichen sind und keine Befriedigung bringen.“