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Nächster Engpass drohtFachleute schlagen Alarm: Gesundheit von Kindern nachhaltig gefährdet

Im Herbst und Winter 2023 könnte es aufgrund fehlender Medikamente zu einer ernsten Versorgungsnot von Kindern und Jugendlichen kommen.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte warnt aktuell vor einem gravierenden Mangel an Medikamenten für Kinder im Herbst und Winter.

„Wir werden wieder in eine Versorgungsnot geraten, die noch schlimmer werden könnte als zuletzt“, sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach bereits im April der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Fischbach gehört laut „NOZ“ zu den Mitunterzeichnern eines offenen Briefs der Kinderärzte Deutschlands, Frankreichs, Österreichs und der Schweiz an die Gesundheitsminister dieser Länder. „Die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen ist durch den Medikamentenmangel europaweit gefährdet. Eine schnelle, zuverlässige und dauerhafte Lösung ist dringend erforderlich!“, zitiert die Zeitung aus dem Brief, der auch an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ging.

Medikamentenmangel: Lauterbach sieht Sorge „berechtigt“

Lauterbach nannte die Sorge der Kinderärzte „berechtigt“. Er verwies bereits vor Wochen im Kurzbotschaftendienst Twitter auf das Anfang April im Kabinett beschlossene Lieferengpassgesetz. Es sieht verschiedene Anreize für Pharmahersteller vor, damit der Verkauf in Deutschland lohnenswerter wird.

„Das Gesetz gegen Arzneimittel-Lieferengpässe geht in die richtige Richtung, wird uns aber definitiv nicht durch diesen Winter helfen und springt womöglich auch auf Dauer zu kurz“, sagte Thomas Fischbach am vergangenen Freitag (4. August). „Es ist zu befürchten, dass bei hohen Infektionswellen wie im vergangenen Jahr Eltern wieder durch die halbe Stadt laufen müssen, um Fiebersäfte oder Antibiotika zu bekommen.“

Eine heftige Grippewelle in Australien deutet derzeit darauf hin, dass sich auch in Europa in der kalten Jahreszeit wieder sehr viele Menschen mit dem Virus anstecken können.

Angesichts erneut drohender Engpässe bei wichtigen Arzneimitteln für Kinder riet Fischbach Eltern zu rechtzeitiger Vorbereitung. „Eltern sollten deswegen eine gut gefüllte Hausapotheke haben“, sagte der Verbandschef. Es gehe nicht darum, Medikamente in großen Mengen zu horten, sondern für den akuten Fall unter anderem mit Fiebermedikamenten ausgerüstet zu sein.

In Deutschland waren im vergangenen Winter zeitweise Fiebersäfte für Kinder, die Paracetamol oder Ibuprofen enthalten, nur schwer zu bekommen.

Fischbach mahnte an, die Herstellung von Medikamenten für Kinder in Deutschland zu fördern. Es müsse für die Industrie wieder ausreichend attraktiv sein, die Medikamente zu produzieren.

Auch die gesetzlichen Krankenkassen zeigten sich über die Lage besorgt. „Der Brandbrief zeigt, dass die Nicht-Lieferung von bestimmten Arzneimitteln ein europaweites Problem für die Menschen ist“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. „Es gab ein gemeinsames Vertrauen in die Pharmaindustrie, dass sie im Zweifel die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellt. Dieses Vertrauen ist nun erschüttert.“

Die Stiftung Patientenschutz verwies auf ein Problem, das nicht nur Kinder betreffe. „Überall leiden chronisch kranke Menschen an der schleppenden Versorgung mit Basis-Medikamenten, Blutfettsenker, Blutdruckmittel“, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Selbst Krebsmedikamente sind Mangelware.“ Die bisherigen nationalen und europäischen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Patientenversorgung sicherzustellen. Brysch forderte von Lauterbach verbindliche Liefermengen für Medikamente. (afp/eg)