PolyamorieWie funktioniert die Liebe zu dritt?

Ein häufiges Vorurteil: In polyamoren Beziehungen geht es nicht um einen flotten Dreier, sondern um mehrere gleichberechtigte Partnerschaften nebeneinander.

Für die meisten ist es ein Tabu, für einige wenige ganz normal: Liebe zu dritt oder zu viert - und der Partner ist damit einverstanden. Sogenannten Polyamoristen geht um Abwechslung beim Sex, um Liebe und darum, Gefühle nicht zu unterdrücken.

Nur einen Menschen lieben: Das ist bei der Polyamorie nicht vorgesehen. Die Philosophie geht davon aus, dass jeder Mensch mehr als einen Menschen lieben und begehren kann. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele erotische Erlebnisse zu sammeln, sondern um echte Liebesbeziehungen. Aber kann das funktionieren? Können Partner ihre Eifersucht bei diesem Konzept überwinden?

Heike Melzer, Psychotherapeutin aus Stuttgart, sieht die Polyamorie als „Balanceakt, der viel Energie kostet und viel Mut bedeutet“. Denn man begebe sich auf unsicheres, neues Terrain, weit weg von der romantisch-monogamen Beziehungsform.

Christopher Gottwald vom Verein PolyAmores Netzwerk (PAN) ist 42 Jahre alt und lebt seit über zwölf Jahren in einer polyamoren Beziehung mit Heike. Seit neun Jahren wohnen sie zusammen und erziehen drei Kinder. Beide haben zusätzliche Partner. Natürlich sei er manchmal eifersüchtig, aber er wolle seine Partnerin nicht einschränken.

Viele kehren zur Monogamie zurück

Gabriele Aigner, Paar- und Sexualtherapeutin in München bekommt immer nur mit, wenn in Beziehungen etwas nicht funktioniert. Etwa wenn sich ein Partner in einen anderen verliebt, und der Wunsch nach etwas Neuem aufkommt. Polyamorie steht sie skeptisch gegenüber. „Es wird immer Menschen geben, die das für sich ausprobieren - einzig wichtig ist daran, dass es den Beteiligten gut geht.“

Viele falle die Vorstellung allerdings schwer, alleine zu Hause zu sitzen, während sich der Partner mit einem oder einer anderen trifft. „Man kommt doch nicht drum herum, sich auszumalen, was der Partner mit dem oder der Geliebten gerade macht“, sagt Aigner. Auf Dauer könne so etwas nicht gutgehen. Meist bleibe es bei einer Phase, in der Paare herumexperimentieren. Die meisten kehren dann aber wieder zur Monogamie zurück, trennen sich oder suchen einen neuen Partner.

Vielseitiges Liebesleben

Für einen neuen Versuch mit Monogamie hat sich der 42-jährige Silvio Wirth entschieden, Diplompsychologe und Betreiber der Seite polyamorie.de. Seit zehn Jahren ist er mit seiner Freundin zusammen, seit fast zwei Jahren wieder monogam.

„Wir wollten einfach wieder den Fokus auf die Hauptbeziehung legen. Wir hatten zu wenig Zeit füreinander.“ Als Silvio 23 Jahre alt war, verliebte er sich in zwei Frauen und suchte nach einer Lösung, mit er alles zusammenbringen konnte. Polyamorie erschien ihm als passende Möglichkeit. „Es ist ein sehr reichhaltiges und vielseitiges Liebesleben“, erzählt er. Paare müssten sich aber Regeln geben, damit es funktionieren kann.

Verbindlichkeit und Vertrauen

Oberstes Gebot sei, nur mit Menschen etwas anzufangen, die genau so denken. „Es bringt nichts, wenn einer nur an die Monogamie glaubt und dann irgendwann versucht, einen von meinem Partner wegzutreiben“, sagt Wirth. Polyamorie sei kein Entwurf, bei dem Menschen ausgenutzt würden, findet Psychotherapeutin Heike Melzer. Es gehe Polys nicht nur darum, ihre Triebe auszuleben, sondern um Liebe, um Verbindlichkeit und Vertrauen. Seien sich alle Beteiligten einer polyamoren Beziehung einig, könne das aufgehen.

Doch wie lässt sich die Beziehung zu mehreren Partnern Eltern, Freunden oder Kollegen erklären? „Wenn man etwas gefunden hat, was einen erfüllt und glücklich macht, muss man damit umgehen können“, sagt Heike Melzer. „Man muss einsehen, dass man zwar nicht zur Norm gehört, aber dennoch erhobenen Hauptes dazu stehen kann.“