„Gesellig“, „bemüht“Kennen Sie diese Geheimcodes im Arbeitszeugnis?
Haben Mitarbeiter Anspruch auf ein gutes Arbeitszeugnis?
Der Arbeitgeber muss schweres Fehlverhalten natürlich nicht verschweigen, aber er ist verpflichtet das Zeugnis mit Wohlwollen auszustellen. Das heißt, dass dem Arbeitnehmer nicht absichtlich Steine in den Weg gelegt werden sollen, denn das Arbeitszeugnis spielt schließlich eine entscheidende Rolle bei der Jobsuche.
Wilde Spekulationen über den Mitarbeiter oder subjektive Eindrücke seines Verhaltens gehörten somit nicht in ein Arbeitszeugnis. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich an die reinen Fakten zu halten. Im Zeugnis sollten die Leistungen bewertet werden, die maßgeblich für den ausgeübten Job sind. Kommen in der Beurteilung stattdessen ganz nebensächliche Eigenschaften und Tätigkeiten vor, ist das ein Hinweis auf ein schlechtes Zeugnis.
Ferner darf das Zeugnis nicht widersprüchlich sein oder einmaliges Fehlverhalten enthalten. Auch eine Betriebsrats- bzw. Gewerkschaftstätigkeit oder Aussagen über den Gesundheitszustand des Angestellten dürfen nicht ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden, es sei denn, der Mitarbeiter wünscht es.
Häufig finden sich in Arbeitszeugnissen versteckte Aussagen und „Geheimcodes“. Können sich Arbeitnehmer dagegen wehren?
Hinter manch vermeintlich positiver Aussage versteckt sich teilweise eine Kritik. Diese ist nicht immer einfach zu entlarven. Mittlerweile finden sich im Internet jedoch viele Sammlungen, die typische Phrasen und ihre wahre Bedeutung erläutern. Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Zeugnisses kann der Arbeitnehmer, wenn er eine unberechtigte verdeckte Kritik entdeckt hat, eine Zeugnisberichtigungsklage einreichen.
Ein Prozess ist dann sinnvoll, wenn die Bewertung unter dem Durchschnitt (Note Drei) ist, denn hier hat der Arbeitgeber die Beweispflicht. In anderen Fällen kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer genügend Tatsachen hervorbringen kann, die eindeutig für eine falsche Bewertung sprechen.
Die Zeitschrift „Finanztest“ hat einige der Geheimcodes im Arbeitszeugnis entschlüsselt. Das steckt wirklich hinter den Formulierungen:
• „Sie zeigte stets Verständnis für ihre Arbeit“: Sie war faul und hat nichts geleistet.
• „Er hat alle Aufgaben zu seinem und im Interesse der Firma gelöst“: Er beging Diebstahl und/oder andere schwere Fehler.
• „Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß“: Es mangelte ihr jedoch an Eigeninitiative.
• „Er hatte Gelegenheit, sich das notwendige Fachwissen anzueignen“: Er nutzte diese Gelegenheit jedoch nicht.
• „Sie ist mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an ihre Aufgaben herangegangen“: Ihr fehlte die fachliche Qualifikation.
• „Er arbeitete mit größter Genauigkeit“: Er war ein langsamer und unflexibler Erbsenzähler.
• „Sie war stets bemüht“: Ihre Leistungen waren mangelhaft.
Verhalten gegenüber Chef und Kollegen:
• „Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich“: Er hatte Probleme mit seinen Vorgesetzten. Diese werden deshalb erst nach den Kollegen genannt.
• „Sie war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen“: Sie war eine unverschämte Wichtigtuerin.
• „Durch ihre Geselligkeit trug sie zur Verbesserung des Betriebsklimas bei“: Sie neigt zu übertriebenem Alkoholgenuss.
• „Sie war ihren Mitarbeitern jederzeit eine verständnisvolle Vorgesetzte“: Sie war nicht durchsetzungsfähig und besaß keine Autorität.
Noch mehr Codes aus dem Arbeitszeugnis entschlüsselt
• „Sie war aufgrund ihres hohen Fachwissens in der Lage, ihre Aufgaben fachgemäß zu bearbeiten“: War sie nur in der Lage, blieb wohl vieles liegen.
• „Für die Belange der Mitarbeiter bewies er immer Einfühlungsvermögen“: Er sucht ständig Kontakte sexueller Art mit anderen Beschäftigten.
• „Sie machte sich mit großem Eifer an die ihr übertragenen Arbeiten“ / „Sie erledigte alle Arbeitsaufgaben mit großem Fleiß“: Trotz ihres Eifers hatte sie bei der Arbeit keinerlei Erfolg.
• „Er trat engagiert für die Interessen seiner Kollegen ein“: Gemeint ist: Er ist Betriebsratsmitglied.
• „Sie galt im Kollegenkreis als tolerante Mitarbeiterin“: Gemeint ist: Für ihre Vorgesetzten ein harter Brocken.
• „Er ist gut mit den Kollegen ausgekommen“: Steht im Zeugnis, dass sich jemand gut mit den Kollegen verstanden hat, klingt das erst einmal positiv. Doch so eine Formulierung kann bedeuten, dass der Mitarbeiter geschwätzig war oder sich im Betriebsrat engagiert hat. Solche Aussagen werden allerdings relativiert, wenn außerdem hervorgehoben wird, dass das Verhalten des Mitarbeiters stets einwandfrei war.
Angestellte, die sich nur „stets einwandfrei gegenüber Kollegen“ verhalten haben, sollten sich über diese Einschätzung allerdings nicht freuen. Denn was ist mit dem Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Geschäftskunden?
Schulnotensystem im Arbeitszeugnis, fehlender Schlusssatz – was steckt dahinter?
Was steckt hinter dem Schulnoten-System im Arbeitszeugnis?
Geheimcodes sind unzulässig. Erlaubt ist allerdings, das Verhalten sowie Arbeitsbereitschaft und -befähigung, Arbeitsweise und Erfolg des ausscheidenden Mitarbeiters anhand der altbewährten Zufriedenheitsskala (etwa: „Sie erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = Note 1) sowie eines Bewertungsschlüssels mit den Noten eins bis sechs zu bewerten (weiteres Beispiel: „Die Mitarbeiterin verfügt über ein gutes, fundiertes Fachwissen und ist in der Lage, damit schwierige Aufgaben zu bewältigen“ = Note 2).
Dabei kann das „stets“ auch mit den Worten „immer“ oder „jederzeit“ ausgetauscht sein. Um ein „gut“ handelt es sich beim Ausdruck „stets zur vollen Zufriedenheit“. Arbeitnehmer, die die Worte „zur vollen Zufriedenheit“ in der Bewertung finden, haben nur ein befriedigendes Zeugnis bekommen. Wer sich „stets bemüht“ hat, die Anforderungen zu erfüllen, hat die schlechteste der möglichen Beurteilungen erhalten.
Was bedeutet der Schlusssatz im Arbeitszeugnis?
Eine fehlende Dankesformel am Ende kann das Zeugnis abwerten. Steht am Schluss „Wir wünschen Herrn Schmidt viel Erfolg für die Zukunft“, hört sich das zwar gut an. Besser wäre allerdings, wenn der Vorgesetzte Herrn Schmidt „weiterhin viel Erfolg“ wünschen würde.
In die Schlussfloskel gehört ein Satz zur Art und Weise des Auseinandergehens. Wurde das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen? Dann muss das erwähnt werden. Oft wird vergessen, den Grund für die Ausstellung des Zeugnisses zu nennen.
Übrigens kann ein Beschäftigter nicht die Aufnahme einer Schlussformel verlangen, in der der Arbeitgeber das Ausscheiden seines Angestellten bedauert und ihm alles Gute wünscht, entschied das Bundesarbeitsgericht (Az.: 9 AZR 227/11).
Wann habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Nach § 109 I 1 GewO (Gewerbeordnung) hat jeder Beschäftigte bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Während das einfache Arbeitszeugnis lediglich die nötigsten Infos etwa zur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses enthält, werden beim qualifizierten Arbeitszeugnis – das aber explizit verlangt werden muss – zusätzlich die Leistung und das Verhalten des Mitarbeiters bewertet.
Arbeitnehmer können sich für eine der beiden Varianten entscheiden. Karrierexperten raten allerdings zu einem qualifizierten Zeugnis. Bei einem einfachen vermutet man nämlich automatisch, dass der Mitarbeiter schlecht war.
Ein Zwischenzeugnis dagegen kann man in der Regel nur aus einem wichtigen Grund fordern, zum Beispiel bei einem Betriebsübergang oder beim Wechsel des Vorgesetzten. Stellt der Chef kein Zeugnis aus oder entspricht es nicht den äußerlichen oder inhaltlichen Anforderungen, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Ausstellung bzw. Korrektur sogar einklagen.
Der Anspruch auf die Ausstellung eines Zeugnisses verjährt nach drei Jahren. Lediglich Selbstständige und freie Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf ein Zeugnis. Etwas anderes gilt allerdings für Scheinselbständige, die arbeitnehmerähnlich tätig sind.
Was tun bei Tippfehlern, und welches Datum sollte auf dem Arbeitszeugnis stehen?
Welche Form muss das Arbeitszeugnis haben?
Ein Arbeitszeugnis muss maschinenschriftlich und auf dem üblichen Firmenkopfbogen verfasst werden. Ist das nicht der Fall, kann beim potenziellen Chef schnell der Eindruck einer negativen Bewertung entstehen. Das gleiche gilt, wenn nur einfaches, dreckiges oder zerknittertes Papier verwendet wird oder bestimmte Begriffe farblich hervorgehoben wurden.
Was tun bei Tippfehlern im Arbeitszeugnis?
Ein Arbeitszeugnis, das Tipp- oder Rechtschreibfehler enthält, sollten Arbeitnehmer nicht akzeptieren. „Ein schlampiges Zeugnis darf man gleich nach dem Erhalt reklamieren“, sagt der Berliner Karriereberater Jürgen Hesse. Man könne etwa zum Chef sagen: „Mir ist aufgefallen, dass sich da ein oder zwei Tippfehler eingeschlichen haben. Können wir das bitte korrigieren?“
Allerdings sollten sich Mitarbeiter nicht wegen jeder Kleinigkeit beschweren: Fehle in einem Zeugnis von zwei Seiten lediglich ein einziges Komma, würde er nichts sagen, so Hesse.
Arbeitszeugnis-Codes in der Fotostrecke:
Welches Datum sollte auf dem Arbeitszeugnis stehen?
Ferner muss der Chef bzw. sein Vertreter das Zeugnis unterschreiben und das Datum der Zeugnisausstellung nennen. Als Datum sollte der letzte Tag angegeben sein, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestand, zum Beispiel der 31. Januar 2016.
Sind das Ausstellungsdatum des Zeugnisses und das Ausscheidungsdatum nicht identisch, lässt das darauf schließen, dass es mit dem Mitarbeiter Probleme gab. Es macht keinen guten Eindruck, wenn man die Firma etwa zum 30. Juni verlassen hat, aber das Arbeitszeugnis erst auf den 30. August datiert ist.
Nur in einem Fall ist die Abweichung kein Problem: Wenn der Arbeitnehmer noch etliche Urlaubstage und deshalb seinen letzten Arbeitstag bereits am 15. Juni hat, obwohl er das Unternehmen erst zum 30. Juni verlässt. Dann ist es in Ordnung, wenn das Zeugnis auf den 30. Juni datiert ist.
(gs/dpa)