Ozean-AbenteuerMit dem Frachtschiff verreisen – so geht's

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Blick über das voll beladene Containerschiff Santa Rosa

Auf einem Frachter als Passagier mitfahren – geht das überhaupt? Ja! Wenn man in den Prospekten von entsprechenden Reedereien und Veranstaltern blättert, stellt man erstaunt fest, wie groß die Auswahl an Zielen und Schiffen ist: Seereisen für Individualisten, die die Seefahrt pur und ohne Schnickschnack erleben wollen. Alle Fragen und Antworten dazu kennt Frachtschiffreisen-Experte Peer Schmidt-Walther, ein ehemaliger Seemann.

Zur Person

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Peer Schmidt-Walther

Peer Schmidt-Walther, Jahrgang 1944, wuchs in Eckernförde und Neumünster auf. Seit seinem 16. Lebensjahr fährt er regelmäßig zur See, erst als Schiffsjunge, dann als Matrose, später als Kapitänleutnant der Reserve. Nach dem Studium der Geographie, Germanistik und Pädagogik arbeitete er einige Jahre als Lehrer bevor er Redakteur wurde. Bis heute arbeitet Schmidt-Walther als Schifffahrts- und Reisejournalist. Er lebt mit seiner Frau in Stralsund.

Wie sieht ein typischer Tag auf einem Frachter aus?

Schmidt-Walther: Aufstehen, zum Munterwerden ein paar Runden im Swimmingpool drehen. Von 7.30 bis 8.30 Uhr Frühstück, das man natürlich auch verschlafen kann. Kaffee gibt es durchgehend. Aus dem Pantry-Kühlschrank kann man sich außerhalb der Essenszeiten bedienen. Anschließend Gespräch auf der Brücke mit dem Wachhabenden und Deckswanderung mit Kontakt zu den Matrosen bei der Arbeit. Danach Erfrischung im Pool und etwas Sonnen an Deck.

Von 11.30 bis 12.30 Uhr Mittagessen und ein kleines Schläfchen. Am Nachmittag Kaffeetrinken mit neuesten Informationen von der Brücke, Decksspaziergang, Lesen, Musik hören, Schreiben, Pool – je nach Wetter, Lust und Laune.

Abendessen von 17.30 bis 18.30 Uhr, Zusammensitzen mit den Besatzungsmitgliedern zum Plausch bei einem Bier, gemeinsam einen Film ansehen, spielen, lesen oder noch einmal die Brücke besuchen. Nach einem Abendspaziergang an Deck unterm Sternenhimmel geht es ab in die Koje.

Eine Reise auf einem Frachter ist keine Kreuzfahrt. Worauf müssen Urlauber an Bord verzichten?

Auf mehrgängige Sterne-Menüs – stattdessen gibt es meistens gutbürgerliche Küche. Statt ständigem Service wird die Kabine einmal pro Woche vom Steward gesäubert und es werden Bettwäsche und Handtücher gewechselt.

Auf Schwimmbad, Fitnessraum, Sauna, Liegestühle, Bibliothek, Bar, Aufenthaltsraum oder Fernseher muss man an Bord vieler größerer Frachter genauso wenig verzichten wie auf das Captains Dinner. Letzteres, wie auch alle anderen Mahlzeiten, bekommt man täglich in der Offiziersmesse - ohne Schlips und Kragen. (Die Offiziersmesse ist der Raum, in dem die Schiffsoffiziere ihre Mahlzeiten einnehmen. Für die übrige Besatzung gibt es die Mannschaftsmesse.)

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Matrosen der MS CMA CGM Baudelaire beim Training im Fitnessraum

Was können Urlauber auf dem Schiff anschauen?

Alles. Brücke und Maschinenraum (nach Anmeldung) stehen jederzeit offen. Wenn es für die Crew stressig wird, also bei der Ansteuerung von Häfen, sollte man weder an Deck noch auf der Brücke im Wege stehen.

Wie mache ich mich unbeliebt?

Auf einem Frachter haben Ladung und Arbeitsabläufe Priorität. Mit ausgefallenen Sonderwünschen sollte man sich zurückhalten und die allgemeine Hilfsbereitschaft nicht unnötig strapazieren. Das bedeutet auch, dass man sich selbst beschäftigen kann. Offene Türen signalisieren übrigens, dass man willkommen ist. Ist sie geschlossen, gilt das Gegenteil. Essenszeiten - sollten im Interesse von Koch und Steward – schon eingehalten werden.

Welche Ziele kann man als Urlauber mit dem Containerschiff bereisen?

Vom einwöchigem Kurztrip durch Ostsee, Nordsee oder Mittelmeer bis zur fast viermonatigen Weltumrundung ist alles im Angebot.

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Unterwegs bei minus 42 Grad Celsius in Finnland: Peer Schmidt-Walther im Januar 2016 vor dem Eisbrecher Meteor

Fahren Frachter nach festem Fahrplan?

Im Prinzip ja. Aber man sollte mehr Flexibilität mitbringen als für genau terminierte Kreuzfahrten. Trotz nahezu fahrplanmäßiger Containerschifffahrt richtet sich alles nach der Ladung.

Und im Hafen heißt es Herumstehen?

Selten hat man ein paar Tage Zeit. Doch selbst, wenn es nur Stunden sind, lässt sich über den Reederei-Agenten ein Landausflug organisieren oder man geht auf eigene Faust los.

Nächste Seite: Was eine Frachterreise kostet und wo man sie buchen kann.

Für wen eignen sich Frachterreisen?

Für seeinteressierte Erholungssuchende, die Zeit haben und Wert auf Individualität legen. Auf Rundum-Service und die große Dinner-Show sowie ständige Animation muss man verzichten können.

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Die MS CMA CGM Baudelaire steuert den Hafen von Durban, Südafrika, an.

Was kostet so eine Seereise ungefähr?

Auf allen Frachtschiffen ist das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen, man zahlt zwischen 50 und 110 Euro pro Tag und Person. Eine 14-Tage-Rundreise (zum Beispiel von Bremerhaven nach Finnland) kostet zirka 1450 Euro pro Person in der Einzelkabine, 1380 Euro in der Doppelkabine, inklusive Versicherungen. Einwegpassagen, etwa über den Atlantik sind auch möglich.

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Sonniges Plätzchen an Deck: Auch auf Containerschiffen können Urlauber gemütlich entspannen.

Was muss für die Frachterreise in den Koffer?

Wenig. Man braucht nur kleines Gepäck, weil es Waschmaschinen und Trockner zur Benutzung an Bord gibt. Die Doppel- oder Einzelkabinen sind meistens geräumig und bieten den modernen Komfort eines Hotelzimmers an Land. Getränke und Zigaretten können Sie zu Hause lassen, die sind an Bord meistens sehr preiswert. Seine persönlichen Marken kann man vorab über den Reisevermittler ordern.

Kann ich mein Fahrrad oder Auto mitnehmen?

Die Mitnahme von Fahr- und Motorrädern ist gratis. Die Pkw-Verladung in einen Container kostet etwa 500 Euro extra.

Wo kann ich Frachterreisen buchen?

Es gibt zahlreiche spezialisierte Anbieter, zum Beispiel Hamburg-Süd-Frachtschiffreisen, Internationale Frachtschiffreisen Pfeiffer, Fachagentur für Frachtschiffreisen, Frachtschiff-Touristik Kapitän Zylmann, NSB Reisebüro.

(psw/kkl)

Weiterführende Informationen

Peer Schmidt-Walther: „Frachtschiffreisen – als Passagier an Bord“, erschienen in Koehlers Verlagsgesellschaft, 232 Seiten, 24,95 Euro.