„Wir bluffen nicht“Fluggästen droht noch mehr Stress: Wird das Flugchaos bald noch schlimmer?

Pilotenstreiks dürften das Flugchaos in diesem Sommer nochmals verschlimmern. Unser Archivbild (2014) zeigt zwei Piloten am Cockpit eines Lufthansa-Airbus A380.

Pilotenstreiks dürften das Flugchaos in diesem Sommer nochmals verschlimmern. Unser Archivbild (2014) zeigt zwei Piloten am Cockpit eines Lufthansa-Airbus A380.

Der eine Streik ist beendet – folgt jetzt demnächst der nächste? Die Lufthansa kehrt nach einem Horror-Tag für die Passagiere in den Normalbetrieb zurück. Doch die Konflikte sind noch nicht vom Tisch, den Fluggästen droht noch mehr Stress. Gut möglich, dass das Flugchaos sich verschlimmert.

Mittlerweile ist die Lufthansa nach dem Verdi-Warnstreik des Bodenpersonals wieder in den Normalbetrieb zurückgekehrt. Mehr als 1000 Flüge sind ausgefallen, Teile des Luftverkehrs waren komplett lahmgelegt, zahlreiche Fluggäste sind am Terminal gestrandet. Viele Reisende kamen einfach nicht weiter.

Und während in der kommenden Woche Verdi und Lufthansa ab Mittwoch (3. August) erneut miteinander verhandeln wollen, hat auch die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) eine Urabstimmung über einen weiteren Streik bei Lufthansa gestartet. Am Sonntag soll sie beendet werden. Werden die Lufthansa-Pilotinnen und -Piloten streiken, könnte das ohnehin bestehende Flugchaos noch einmal verschlimmern.

Flugchaos bald noch schlimmer? „Wir bluffen nicht“

Bei einer Zustimmung von mindestens 70 Prozent der Stimmberechtigten wäre die VC streikbereit. Aber: Das bedeutet noch nicht automatisch einen weiteren Streik, sagte VC-Tarifvorstand Marcel Gröls am Donnerstag gegenüber dem „Spiegel“.

„Wenn sich die Mehrheit der Piloten dafür ausspricht, bedeutet das nicht, dass gleich gestreikt wird. Aber es ist ein Warnsignal.“ Gröls fügt hinzu: „Wir bluffen nicht.“

Es hänge jetzt am Lufthansa-Management, wie es weitergeht. Der Gewerkschaft geht es um 5,5 Prozent mehr Vergütung für dieses Jahr und einen anschließenden automatischen Inflationsausgleich sowie eine einheitliche Tarifstruktur für alle. Wenn das Management gute Angebote mache, würden die bei Pilotinnen und Piloten „auf Widerhall“ treffen, so Gröls. „Aber wenn diese Angebote ausbleiben, haben wir kaum eine andere Möglichkeit, als zu streiken.“

Lufthansa: Pilotengewerkschaft verlangt mehr Vergütung

Noch mehr Geld für die ohnehin gut bezahlten Pilotinnen und Piloten? Ein Kapitän, der einen Airbus A320 fliegt, kann bis zu 280.000 Euro pro Jahr bei der Lufthansa verdienen, wie soll das der Durchschnittsbürger verstehen, warum das zu wenig ist? Gröls Antwort: „So viel Geld verdienen längst nicht alle Piloten, das ist eine plakative Zahl. Junge Co-Piloten fangen mit deutlich fünfstelligen Beträgen an.“

Er zieht einen Vergleich mit Führungskräften in anderen Branchen, die ebenfalls überdurchschnittlich verdienen würden, sich aber nicht ständig rechtfertigen müssten. „Piloten tragen enorme Verantwortung: für Hunderte Millionen Euro teure, hochkomplexe technische Geräte – und vor allem für ihre Passagiere. Da kann es im Extremfall um Leben und Tod gehen.“

Lufthansa: Kritik an Carsten Spohr – „das ist unredlich“

Gröls übt in dem Interview auch Kritik an Lufthansa-Chef Carsten Spohr. „Das Sommerchaos ist krass – und die Fluglinien tragen daran eine Mitschuld. Spätestens im April war deutlich zu sehen, dass die Zahl der Buchungen steil nach oben ging.“ Die Lufthansa habe trotzdem mit Personalüberhängen argumentiert, damit Pilotinnen und Piloten unter Druck setzen wollen. „Das ist unredlich.“

Spohr schieße sich auf die Pilotenschaft ein. „Bei internen Formaten entsteht bisweilen der Eindruck, dass er so viel über die Piloten redet wie über alle anderen Berufsgruppen zusammen – und selten positiv.“ Gröls plädiert für eine Kurskorrektur, „eine neue Kultur“. „Ein kooperativer Stil ist dem konfrontativen Stil auf Dauer überlegen.“ (mg)