Aldi gehört zu den Unternehmen, bei denen es so scheint, als zögen die aktuellen Krisen hier ohne große Schäden vorbei. Der Discounter profitiert von der Inflation – und investiert in neue Technik. Das wird wohl bald dazu führen, dass eine alte Tradition in den Filialen endet, wie der Deutschlandchef von Aldi Süd bestätigt.
„Zeiten sind vorbei“Bestimmte Aldi-Tradition in Discounter-Filialen wird bald für immer enden
Die aktuellen Krisen, die hohe Inflation, gestiegene Rohstoff- und Energiekosten – all das führt dazu, dass vor allen Dingen viele kleine und mittelständische Unternehmen um ihr Überleben kämpfen. Die Kundschaft dreht jeden Cent um und versucht, wo es geht, zu sparen.
Aldi gehört nicht zu diesen Unternehmen, im Gegenteil: Der Discounter gehört zu jenen, die davon profitieren, dass die Menschen bei ihren Lebensmitteleinkäufen sparen wollen und müssen. Größere Anschaffungen wurden von vielen 2022 lange aufgeschoben, seit Monaten hat sich das Konsumverhalten der Menschen verändert.
Aldi, Lidl, Penny & Co.: Profiteure der derzeitigen Krise
Profiteur: die günstigeren Aldi-Eigenmarken. Nicht nur Aldi, auch die Handelskonzerne Rewe, Edeka & Co. haben aggressiv für ihre Eigenmarken gewoben. Hinzu kommt, dass die Händler auch das Bio-Angebot massiv ausgebaut haben, Aldi wird ab 2023 auch Naturland-Produkte im Sortiment haben. Kleinere Fachhändler und Biomärkte haben da das Nachsehen, einzelne Unternehmen meldeten schon Insolvenz an.
Viele gehen eben für den Wocheneinkauf direkt zum Discounter, um alles möglichst billig zu besorgen – das scheint die Devise in der Krise.
Gleichzeitig wollen sich die Ketten krisensicher aufstellen – und investieren. Die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören, hat im Sommer etwa Deutschlands größtes Nudelwerk in Erfurt erworben, um Eigenmarken zu produzieren – neben Schokolade und Mineralwasser. So will man Engpässen, wie es sie immer wieder im Handel gegeben hat, zuvorkommen und die eigene Lieferkette besser steuern.
Auch Aldi ist in die Herstellung der eigenen Marken eingestiegen, hat die Getränkehersteller Altmühltaler Mineralbrunnen und Vitaqua übernommen.
Parallel experimentiert der Discounter im Ausland mit neuen Techniken: mit einem Lieferdienst per App zum Beispiel. „In den USA, England und der Schweiz laufen Tests. Vielleicht bringen wir auch einen Test nach Deutschland“, erklärt der Deutschlandchef von Aldi Süd, Stefan Kopp, der „Welt“. Wann genau, sei noch unklar. Allerdings werde man, ähnlich wie bei den Eigenmarken, auch beim Lieferdienst die Kontrolle behalten wollen: „Das ist etwas mehr Arbeit, aber dafür haben wir die Qualität selbst in der Hand.“ Eine App mit Dienst komplett neu aufzubauen, sei eine von vielen Möglichkeiten.
Im Ausland hat Aldi zudem mehrere Testfilialen eröffnet, in denen Kameras den Einkauf erfassen. Kundinnen und Kunden kaufen ein, packen alles in die Taschen und verlassen die Filiale – alles wird automatisch abgebucht. Eine der ersten Filialen wurde in London eröffnet. Auch Rewe hat bereits mehrere solcher kassenlosen Filialen in Deutschland eröffnet, zuletzt in München. Ist das die Zukunft?
Der Aldi-Süd-Chef jedenfalls betont, dass das Personal bei aller Zukunftsmalerei nichts zu befürchten habe. „Unsere Mitarbeiter, besonders in Filiale und Logistik, werden immer das Herzstück bleiben. Technologie ist immer nur eine Ergänzung.“
Aldi-Kult wird bald enden: „Die Zeiten sind vorbei, und das ist gut so“
Allerdings werde wohl sicher bald ein alter Aldi-Kult enden – so viel stehe dann doch fest. Zu dem Kult gehört zum Beispiel auch die Legende, dass bis zur Einführung von Scanner-Kassen jede Kassiererin und jeder Kassierer sämtliche Produkt-Codes auswendig lernen musste.
Dort, wo heute noch klassische Preisschilder in den meisten Filialen stehen, die regelmäßig ausgewechselt werden müssen, wird wohl bald nur das digitale Pendant zu finden sein. „Gerade in diesen Zeiten mit vielen Preisänderungen bringt uns das mehr Effizienz“, erklärt der Chef von Aldi Süd.
Er selbst kenne noch die Zeiten, in denen man die Codes, sogenannte PLU-Nummern, auswendig lernen musste: 800 Stück innerhalb von drei Tagen seien das bei ihm gewesen. „Die Zeiten sind vorbei, und das ist gut so.“