Deutliche PreisanstiegeWie zu Zeiten der Ölkrise: Inflation mit neuem Höchstwert – wird alles immer teurer?

Lebensmittel, darunter Sonnenblumenöl und Getreideprodukte, liegen in einem Supermarkt an der Kasse auf dem Band.

Nicht nur die Preise für Lebensmittel steigen immer weiter. Das Foto vom 14. Juni 2022 ist ein Symbolbild.

Die Inflation nähert sich immer weiter der acht Prozent – ein Wert wie zu Zeiten der Ölkrise. Energie und Lebensmittel sind besonders betroffen.

Die Inflationsrate nähert sich der Marke von acht Prozent: Im Mai kletterte sie auf 7,9 Prozent und erreichte damit den dritten Monat in Folge einen neuen Höchststand seit der Wiedervereinigung, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Treiber der Inflation waren erneut vor allem Energieprodukte, doch auch Nahrungsmittel legten deutlich im Preis zu. Experten rechnen nicht mit schneller Besserung.

Mit der am Dienstag (14. Juni 2022) vorgelegten Berechnung bestätigte das Statistische Bundesamt seine vorläufigen Angaben zur Inflationsrate von Ende Mai. „Eine ähnlich hohe Inflationsrate gab es zuletzt im Winter 1973/1974 im früheren Bundesgebiet“, erklärte Behördenpräsident Georg Thiel. Damals waren infolge der ersten Ölkrise die Mineralölpreise stark gestiegen.

Auch aktuell sind vor allem Preiserhöhungen bei Energie die Hauptursache für die hohe Inflation. „Aber wir beobachten auch Preisanstiege bei vielen anderen Gütern, besonders bei den Nahrungsmitteln“, erklärte Thiel.

Inflation: Preise nehmen weiter zu – keine Besserung in Sicht

Im März 2022 hatte die Inflationsrate bereits bei 7,3 Prozent und im April dann bei 7,4 Prozent gelegen. Im Vergleich zum Vormonat April legten die Verbraucherpreise im Mai um 0,9 Prozent zu.

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine habe sich der bereits zuvor beobachtete Anstieg der Preise für Energie „merklich verstärkt“ und beeinflusse die Inflationsrate „erheblich“, hob das Statistikamt hervor. Hinzu kommen Lieferengpässe durch unterbrochene Lieferketten – auch aufgrund der Corona-Pandemie – sowie „deutliche Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen“.

Energie verteuerte sich im Mai binnen eines Jahres um 38,3 Prozent. Die Preise für leichtes Heizöl verdoppelten sich nahezu (plus 94,8 Prozent), Erdgas verteuerte sich um 55,2 Prozent und Kraftstoffe wurden um 41,0 Prozent kostspieliger. Strom legte um 21,5 Prozent zu.

Für Lebensmittel mussten Verbraucherinnen und Verbraucher im Mai ebenfalls deutlich tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor: Die Preise für Lebensmittel stiegen im Vergleich zum Mai 2021 um 11,1 Prozent. Damit habe sich der Preisauftrieb nach einem Plus von 8,6 Prozent im April „erneut deutlich verstärkt“, erklärte das Bundesamt.

Öl, Fleisch und Getreide: Diese Lebensmittel trifft die Inflation am schlimmsten

Erheblich teurer wurden Speisefette und Speiseöle (plus 38,7 Prozent). Auch für Fleisch und Fleischwaren (plus 16,5 Prozent), Molkereiprodukte und Eier (plus 13,1 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (plus 10,8 Prozent) beobachteten die Statistiker Teuerungsraten im zweistelligen Bereich. Ohne die Bereiche Energie und Nahrungsmittel hätte die Inflationsrate im Mai laut Bundesamt bei 3,8 Prozent gelegen.

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, machte am Dienstag wenig Hoffnung auf ein baldiges Absinken der Inflationsrate. „Da sich bei den Preisen für Energie und Nahrungsmitteln auf dem Weltmarkt bislang keine Entspannung abzeichnet, dürfte auch die Inflation in Deutschland in den kommenden Monaten mindestens bis zum Jahresende hoch bleiben“, erklärte er.

Die Linke sieht angesichts der enormen Preissteigerungen Millionen von Beschäftigten des Niedriglohnsektors „in einem finanziellen Überlebenskampf“, wie Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte. Er sprach von einem „Inflationstsunami“.

„Wir brauchen zeitnah ein großes Entlastungspaket III“, forderte Bartsch. „Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sollte zumindest zeitweise auf null gesetzt werden.“ Die Konzerne müssten verpflichtet werden, die Steuersenkung weiterzugeben. (afp/gr)