Wut über Lebensmittel-PreiseNRW-Landwirte zerstören Felder und reife Früchte – riesige Empörung

Ein Landwirt nutzt in unserem Archivbild (2018) den Sonnenschein am Morgen, um auf einem Feld zu arbeiten. Landwirte in NRW haben ihre eigenen Felder zerstört – aus Protest.

Ein Landwirt nutzt in unserem Archivbild (2018) den Sonnenschein am Morgen, um auf einem Feld zu arbeiten. Landwirte in NRW haben ihre eigenen Felder zerstört – aus Protest.

Bester Sonnenschein, steigende Supermarkt-Preise – man könnte meinen, den Landwirten in Nordrhein-Westfalen gehe es gut. Doch sie verdienen kaum an der Ernte – und greifen jetzt zu drastischen Mitteln.

Die Landwirte im Münsterland zerstören ihre eigenen Felder. Aus Protest mäht einer von ihnen sein Erdbeerfeld vor der Ernte über den Haufen – mitsamt der reifen Früchte. Der Anbau dieser Früchte, so sagen sie, lohne sich einfach nicht mehr.

Die Reaktion vieler Menschen auf diese Aktion: Empörung. Auf Twitter reagieren viele mit Unverständnis. Andere hingegen zeigen Verständnis für die Landwirte.

Wie der WDR berichtet, leiden die Landwirte in NRW unter den zu niedrigen Preisen im Lebensmittelhandel. Ihre Kritik mag zunächst paradox klingen, da die Preise in den Supermärkten und Discountern massiv gestiegen sind. Doch die Landwirte haben von den Erdbeeren, die dort angeboten werden, wenig, wie sie sagen.

NRW: Landwirte zerstören ihre Felder – „man könnte weinen“

Andreas Rahmann aus Coesfeld habe bereits ganze Reihen mit reifen Früchten abgemäht. Nun soll dort Mais wachsen, damit der Acker dieses Jahr noch Geld einbringe. „Man könnte weinen – das ist die Arbeit eines Jahres oder sogar mehrerer Jahre. Wenn man das dann kaputt macht, ohne den Nutzen zu haben, ist das schon sehr ärgerlich“, meinte Rahmann gegenüber dem WDR.

Hintergrund dieser Aktion: Der Landwirt möchte nicht, dass nur der Supermarkt Geld mit seinen Erdbeeren verdient. Der kaufe aktuell lieber Billig-Erdbeeren aus Spanien oder den Niederlanden, minderwertige Ware, die zu günstigeren Preisen angeboten werde.

Rahmann rechnet vor: Für eine 500-Gramm-Schale Erdbeeren würde er knapp einen Euro und einen Cent vom Einzelhandel bekommen, er zahle damit sogar drauf. In der Direktvermarktung verkaufe er dieselbe Menge für 4,50 Euro. Damit könne er auch seinen 20 Erntehelfern aus Rumänien gut den Mindestlohn zahlen und sie vernünftig unterbringen, erklärt er.

NRW: Landwirte üben Kritik – „Wir tragen das Risiko“

Rahmann: „Wir Landwirte tragen das Risiko von Hagel, Starkregen, schlechtem Wetter und von der Situation in der Ukraine.“ Er verstehe nicht, warum die Preisspanne des Einzelhandels so groß sein soll und die der Landwirte so klein. Sein Appell: „Wenn wir Verbraucher weiterhin Erdbeeren aus Deutschland haben wollen, dann müssen wir dafür mehr Geld bezahlen – anders geht es nicht.“

Auch der Erdbeer- und Spargelbauer Stephan Bäcker aus Münster teilte seinen Frust gegenüber dem WDR: Er habe auf 20 Hektar Erdbeeren angebaut, doch auch er rechne damit, dass er ein Drittel davon nicht ernten werde.

Seine Kritik: Bauern im Ausland dürften unter anderen Bedingungen produzieren als in Deutschland, hierzulande gebe es strengere Auflagen, das führe zu den hohen Preisunterschieden.

Die drastischen Aktionen der Bauern, über die der WDR berichtet hat, führten zu einiger Empörung auf Twitter. Ein User fragte, warum die Bauern die Erdbeeren nicht einfach viel günstiger als im Supermarkt auf ihrem Hof anbieten. „Dann würden mehr Leute dort kaufen und die Bauern hätten auch was davon.“ Ein anderer meint: „Was ist mit Selbstpflücker*innen-Angeboten? Geht eigentlich immer…“

Andere wiederum zeigten Verständnis für die Landwirte: „Wenn die Politik die Preise so drückt, dass Landwirte die Erdbeeren nicht mehr wirtschaftlich verkaufen können, ist das nicht die Schuld der Landwirte, sondern der Politik. Sie schimpfen auf die falschen.“

Drastische Preise in Supermärkte: Inflation lässt Nachfrage sinken

Die Inflation spielt bei der aktuellen Lage für die Landwirte dennoch eine Rolle, wie der Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW gegenüber dem WDR erklärte: Zwar sei das Wetter gut, aber das führe auch dazu, dass es ein Überangebot an Erdbeeren gebe, die Preise sinken.

Gleichzeitig sei eben durch die Inflation die Nachfrage gering. Die Menschen hätten weniger Geld zu Verfügung und würden dreimal überlegen, bevor sie Geld für die Früchte ausgeben. (mg)