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„Recht auf Reparatur“Verbraucherschützer erklärt, warum Geräte oft so schnell kaputtgehen

Elektroschrott

Computer, Waschmaschine, Fernseher: Jeder Deutsche produziert im Schnitt etwas mehr als zehn Kilogramm Elektroschrott im Jahr.

Das neue Gesetz zum „Recht auf Reparatur“ kommt frühestens in zwei Jahren – dabei wäre es schon jetzt so nötig. Den Herstellern allerdings dürfte trotzdem jetzt schon die Düse gehen.

von Andrea Kahlmeier  (ak)

So ein Mist! Die Waschmaschine schleudert nicht mehr, der Staubsauger pfeift aus dem letzten Loch und das verdammte Smartphone gibt seinen Geist auf – natürlich genau nach Ablauf der Garantie. Pech gehabt, hieß das bisher.

Doch die EU hat Anfang Februar neue Rechte auf den Weg gebracht, die Hersteller auch noch Jahre später zur Reparatur verpflichten sollen. Das dauert zwar noch mindestens alles zwei Jahre, bis der Gesetzesentwurf durch alle Instanzen gegangen ist, doch Herstellern dürfte jetzt schon die Düse gehen – aus gutem Grund.

Wegschmeißen statt reparieren: So viel Elektroschrott produzieren wir

Pfui! Jeder in Deutschland produziert im Schnitt etwas mehr als zehn Kilogramm Elektroschrott im Jahr. In anderen EU-Ländern sieht es ähnlich aus. Deshalb soll das neue EU-Gesetz Reparaturen attraktiver machen. Nur ein paar Beispiele aus dem Katalog, der erst mal für Haushaltsgeräte (die sogenannte weiße Ware), Smartphones, Tablets und Co. gelten soll:

  1. Hersteller werden verpflichtet, Infos über Ersatzteile auf ihrer Webseite bereitzustellen, was den Wettbewerb unter Reparaturanbietern verbessern soll.
  2. Praktiken sollen verboten werden, die unabhängige Betriebe daran hindern könnten, gebrauchte oder 3D-gedruckte Ersatzteile zu verwenden.
  1. Bei kleinen Geräten sollen Hersteller für sieben, bei größeren für zehn Jahre verpflichtet werden, Ersatzteile vorzuhalten  – das könnte allein schon logistisch für viele ein Problem werden.
  2. Die Kundschaft muss bereits beim Kauf über die Kosten von Ersatzteilen informiert werden und ob ein Gerät überhaupt repariert werden kann. Könnte zur Folge haben, dass „Made in China“ es künftig schwerer hat!

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  1. Damit Reparieren attraktiver wird als Ersetzen, sollen Hersteller für die Dauer der Reparatur Leihgeräte zur Verfügung stellen.
  2. Software-Updates für Smartphone und Co. sollen noch fünf Jahre bereitgestellt werden, denn fehlende Updates führen häufig dazu, dass neue Geräte gekauft werden.
  3. Das Schlimmste für die Hersteller: Damit man sich darauf verlassen kann, dass eine Reparatur sich auch lohnt, soll auch eine einjährige Gewährleistung auf die Geräte eingeführt werden. Das heißt im Gegensatz zur freiwilligen Garantie, dass der Verkäufer für den Mangel haftet und reparieren MUSS.

Recht auf Reparatur: Hersteller müssen im Kunden-Sinn umdenken

Und genau der letzte Punkt könne dazu führen, dass auch bei den Herstellern ein Umdenken stattfinde, was die Qualität ihrer Produkte angehe, hofft Verbraucherexperte Ron Perduss.

Er könne den Herstellern ebenso wie Stiftung Warentest nach Untersuchungen zwar keine bewusste Trickserei unterstellen, damit Geräte schnell kaputtgehen. Aber Fakt sei, dass viele aus Kostengründen zu Materialien greifen, die schneller verschleißen.

Verbraucherschützer Ron Perduss nennt Beispiele:

  1. „Aus Kostengründen sind Zahnräder oft nicht aus Metall – sondern aus Kunststoff.“
  2. „Der Föhn ist für gewöhnlich verschweißt, was günstiger ist, als ihn zu verschrauben, und deshalb ist er nicht für Reparaturen geeignet.“
  3. „Akkus sind im Gegensatz zu früher bei vielen Geräten fest eingebaut, was dazu führt, dass man sie nicht mehr selbst austauschen kann.“

Die Firma HTV hat in langjährigen Materialanalysen noch mehr „Ärgernisse“ für den Verbraucher beobachtet: Bei LCD-Displays stellten die Prüfer zum Beispiel fest, dass Kondensatoren direkt neben heißen Kühlkörpern platziert wurden, obwohl genügend Platz an anderen Stellen gewesen wäre. Dumm, denn die Lebensdauer von Kondensatoren ist abhängig von der Umgebungstemperatur.

Und bei Motoren, zum Beispiel für Waschmaschinen, Staubsauger und Co. seien oft sehr kurze Kohlenbürsten eingesetzt worden, die schneller verschleißen. Häufig handele es sich dabei um Cent-Beträge, weiß Perduss. „Das EU-Gesetz ist deshalb ein Anfang, der in die richtige Richtung geht. Hersteller werden wertigere Geräte herstellen, um nicht permanent in die Pflicht zur Reparatur genommen zu werden.“

Verbraucherschützer erklärt, wann sich eine Reparatur wirklich lohnt

Doch er appelliert auch an die Verbraucher, umzudenken: „Bei Markenwaschmaschinen oder Backöfen wie von Miele, Bosch oder Siemens lohnt auch noch nach mehr als zehn Jahren eine Reparatur.“

Tests von Stiftung Warentest haben ergeben, dass Billigwaschmaschinen unter 550 Euro schon nach weniger als fünf Jahren den Geist aufgaben: „Wer tiefer in die Tasche greift, schont langfristig den Geldbeutel und die Umwelt.“ Denn bei der Entsorgung des Kühlschrankes z. B. würden extrem viele Treibhausgase freigesetzt. Das rechtfertige oft nicht, sich nur wegen der Energieeffizienz ein neues Gerät anzuschaffen, wenn das alte noch funktioniert.

Hier gern an der EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:

Die CO2-Einsparungen, die durch Reparaturen möglich sind, machen einen gewaltigen Unterschied: Die Verlängerung der Lebensdauer von Smartphones, Notebooks, Waschmaschinen und Staubsauger in der EU um fünf Jahre würde bis 2030 jährlich fast zehn Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen einsparen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von fünf Millionen Autos über ein Jahr, hat die Umweltorganisation Greenpeace errechnet.

Mit diesen Tipps verlängert sich die Lebensdauer von Geräten

Sozialökonom und Umweltberater Sepp Eisenriegler appelliert in seinem Buch „Konsumtrottel“ aber auch an Verbraucher, schonender mit den Geräten umzugehen, um ihr Leben zu verlängern: „Man kann nicht erwarten, dass eine Spülmaschine eine lange Lebensdauer hat, wenn man immer mehr Chemie in sie hineinstopft, um eingekochte Speisereste von den Tellern zu bekommen. Das macht die Schläuche porös.“

Bei Waschmaschinen würden die Stoßdämpfer bei Billigmodellen am schnellsten kaputtgehen. Folge: Das unterdimensionierte Lager werde zerstört, das wiederum sei heutzutage fest mit dem Bottich verbunden, sodass Bottich, Trommel und Lager ausgetauscht werden müssten. Lohnt nicht. Sein Tipp: „Die Maschine regelmäßig entkalken, das Flusensieb reinigen und alle drei Monate einen Kochwaschgang gegen die Ablagerungen in den Schläuchen machen.“

Kölner Reparaturwerkstatt: „Warum werden Möbel ausgeklammert?“

Holz ist ein Rohstoff, der immer knapper und teurer wird. Dennoch produzieren wir hierzulande jährlich 37 Kilogramm Sperrmüll pro Person, das sind mehr als drei Millionen Tonnen pro Jahr. Darunter oft Spanplatten, versetzt mit umweltschädlichen Lacken und chemischen Bindemitteln, die nicht wiederverwertet werden können.

Doch diese Möbel werden oft nicht nur entsorgt, weil sie nicht mehr gefallen, sondern weil es für fragile Teile wie Scharniere und Co. keine Ersatzteile gibt oder die Reparatur zu teuer ist. „Warum werden Möbel aus der Gesetzesvorlage der EU ausgeklammert?“, fragen sich nicht nur Umweltorganisationen, sondern auch Felix Dietz, Leiter der Reparaturwerkstatt „Ehrenwerk“ in Köln.

Felix Dietz leitet das Reparaturzentrum Ehrenwerk für Möbel und Upcycling in Köln

Designer Felix Dietz zeigt im Repair-Café Ehrenwerk, wie ein langweiliger, durchgesessener Stuhl mit einem ausrangierten Lattenrost aufgepeppt werden kann.

In der großen offenen Werkstatt helfen der Designer und Tischler Hobbyhandwerkern (auch ohne Vorkenntnisse) ihren alten Möbeln neues Leben einzuhauchen und notfalls wird ein fehlendes Ersatzteil auf dem 3-D-Drucker sogar selbst hergestellt. Und die Resonanz ist groß, besonders bei Frauen. Sie machen ca. 80 Prozent der Besucher aus.

„Es geht quer durch die Gesellschaft“, sagt Dietz, „da kommen Jugendliche und Senioren, Menschen, die nicht viel Geld haben und aus finanziellen Gründen ein Möbelstück selbst reparieren wollen, aber auch viele, die die Nase voll davon haben, alles sofort wegzuwerfen, wenn es nicht mehr richtig funktioniert.“

Selber reparieren in Köln: Sparsam und extrem kreativ

Viele hätten auch eine emotionale Bindung zum Möbelstück, etwa eine Frau, die ein altes Erbstück aus den 70ern ein einfacher, sicherlich nicht wertvoller Schrank so zurechtsägte, verkleinerte und neu lackierte, dass er als Vintage-Hingucker in die neue Küche passte.

Stühle bekommen mit ausrangierten Lattenrosten eine neue Sitzfläche, Hipster basteln sich aus alten Fahrradteilen coole Designerlampen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und das alles ist, ebenso wie Einstiegs-Workshops für Schönheitsreparaturen an Wänden und Parkett, sogar kostenlos.

Thüringen: Deutschlands Reparatur-Vorbild

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert hierzulande einen staatlichen Zuschuss zu Reparaturkosten. Was in Österreich übrigens schon gängige Praxis ist. Wer sein defektes Gerät reparieren lässt, bekommt bis zu 200 Euro zu den Reparaturkosten hinzu.

Diesen Weg beschreitet in Deutschland bereits Thüringen – mit 100 Euro Zuschuss pro Jahr für eine Reparatur – seit 2021 „mit großem Erfolg“, wie Projektleiter Peter Schmöger bestätigt. Tausende von Anträgen (mit Zahlungsbeleg) seien eingegangen und fast alle positiv beschieden worden. Vor allem Handy-Reparaturen (30 Prozent) seien gefragt und die sogenannte „weiße Ware“. Aber es sei auch schon eine Reparatur eines über 30 Jahre alten Plattenspielers eingereicht worden.