IOC vor PräsidentenwahlHinter verschlossenen Türen: Der Kampf um Thomas Bachs Erbe

Steht vor dem Abschied: IOC-Präsident Thomas Bach.

Steht vor dem Abschied: IOC-Präsident Thomas Bach.

Sechs Männer und eine Frau: Im Rennen um die Nachfolge von IOC-Chef Thomas Bach wird es ernst. Beim wichtigsten Wahlkampftermin darf die Öffentlichkeit nicht zuschauen.

Das Schaulaufen seiner möglichen Thronerben bringt Thomas Bach wieder ein Stück näher an den Abschied vom höchsten Amt im Weltsport. Wenn die sieben Bewerberinnen und Bewerber für seine Nachfolge als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees am Donnerstag in Lausanne dem IOC-Zirkel ihre Wahlprogramme vorstellen, biegt der 71-Jährige auf die Zielgerade seiner Laufbahn ein. „Der tägliche Blick auf den Genfer See wird mir vielleicht das eine oder andere Mal fehlen. Aber im Prinzip sind ja alle Weichen gestellt, und ich bin mit mir selbst im Reinen“, sagte Bach der Deutschen Presse-Agentur.

Den Protokolltermin der Kandidaten hält das IOC hinter verschlossenen Türen in seiner Zentrale ab. So dürfte vorerst Spekulation bleiben, welchen Einfluss die auf jeweils 15 Minuten begrenzte Präsentation der Bewerber hat. Fragen der derzeit 110 IOC-Mitglieder sind nicht zugelassen. Auch sonst unterliegt der Wahlkampf offiziell starken Beschränkungen. Gewählt wird der neue IOC-Chef bei einer Generalversammlung vom 18. bis 21. März in Griechenland.

Die Favoriten

Sebastian Coe ist einer der Favoriten auf die Nachfolge von Thomas Bach.

Sebastian Coe ist einer der Favoriten auf die Nachfolge von Thomas Bach.

Sebastian Coe (68): Der Präsident des Weltverbands der Leichtathletik ist wie Bach Olympiasieger, aber würde wohl den stärksten Bruch mit der Politik des Deutschen organisieren. „Es ist zu viel Macht in den Händen von zu wenigen Leuten“, sagte der britische Lord. Als Organisator der prächtigen Sommerspiele von London 2012 mit besten Kontakten in aller Welt hat Coe viele gute Argumente. Aber auch viele Gegner im IOC-Establishment. Als 68-Jähriger würde er schon vor dem Ablauf der ersten Amtsperiode an die aktuell geltende Altersgrenze für IOC-Mitglieder stoßen. Er verspricht daher, sich schon nach vier statt erst nach acht Jahren zur Wiederwahl zu stellen.

Kirsty Coventry (r) gilt als Thomas Bachs Wunschkandidatin für seine Nachfolge beim IOC.

Kirsty Coventry (r) gilt als Thomas Bachs Wunschkandidatin für seine Nachfolge beim IOC.

Kirsty Coventry (41): Die einzige Frau im Bewerberkreis gilt als Bachs Wunschkandidatin. Coventry wäre bei einem Sieg die erste IOC-Chefin der Geschichte, das ließe sich für den scheidenden Präsidenten als Signal der Modernisierung der Ringe-Organisation deuten. Die Schwimm-Olympiasiegerin ist als Sportministerin von Simbabwe wegen einiger politischen Affären umstritten. Zudem könnten fehlende Erfahrung und oft eher blasse Auftritte ihre Chancen schmälern. 

Der Franzose David Lappartient will bei der IOC-Wahl den Rückenwind von Olympia in Paris nutzen.

Der Franzose David Lappartient will bei der IOC-Wahl den Rückenwind von Olympia in Paris nutzen.

David Lappartient (51): Der Chef des Rad-Weltverbands führte die französische Bewerbung für die Winterspiele 2030 zum Erfolg. Zudem organisierte er für das IOC einen langjährigen Deal mit Saudi-Arabien als Gastgeber olympischer E-Sport-Spiele. Der Aufstieg des Kommunalpolitikers in der Sportwelt ist bemerkenswert. Die glanzvollen Spiele in Paris im vergangenen Sommer könnten dem Franzosen weitere Punkte gebracht haben. Die Frage ist, ob er in weniger als drei Jahren als IOC-Mitglied schon genügend Unterstützer auf seine Seite ziehen konnte.

Juan Antonio Samaranch jr. ist der Sohn eines früheren IOC-Präsidenten.

Juan Antonio Samaranch jr. ist der Sohn eines früheren IOC-Präsidenten.

Juan Antonio Samaranch jr. (65): Der Bankier ist Sohn eines der umstrittensten IOC-Präsidenten. Juan Antonio Samaranch führte den Ringe-Zirkel von 1980 bis 2001 und steht für die Kommerzialisierung der olympischen Welt. Die Ära des Spaniers steht wegen Korruptionsskandalen und seines autokratischen Führungsstils in der Kritik. Sein Sohn hat es in 23 Jahren als IOC-Mitglied zum Vizepräsidenten gebracht und sich ein dichtes Netzwerk aufgebaut. Samaranch jr. lockt mit dem Versprechen neuer Einnahmequellen und will die Olympia-Vergaben wieder offener gestalten.

Die Außenseiter

Morinari Watanabe wirbt mit ungewöhnlichen Ideen für sich.

Morinari Watanabe wirbt mit ungewöhnlichen Ideen für sich.

Morinari Watanabe (65): Der Japaner sorgte zuletzt mit einer gewagten Idee für Aufsehen. Er beabsichtigt, Olympische Spiele jeweils gleichzeitig in fünf Städten auf fünf Kontinenten auszurichten. Damit könnten aus den verschiedenen Zeitzonen rund um die Uhr live Wettbewerbe gezeigt werden. Auch weitere Vorschläge seines Wahlprogramms sind konkreter als die meisten seiner Mitbewerber. Der Turn-Weltverbandschef war nie selbst Spitzensportler und hat für seine Reformideen wohl nur wenig Zuspruch im IOC. 

Ski-Präsident Johan Eliasch ist erst seit kurzem IOC-Mitglied.

Ski-Präsident Johan Eliasch ist erst seit kurzem IOC-Mitglied.

Johan Eliasch (62): Der gebürtige Schwede ist erst seit wenigen Monaten IOC-Mitglied, seine Kandidatur ist wohl die überraschendste. Mit dem Ski- und Tennis-Ausrüster Head verdiente Eliasch viel Geld. Sowohl für seine ruppigen Klima-Initiativen wie auch als Präsident des Ski-Weltverbands machte er sich viele Feinde. Er wirbt mit seiner jahrzehntelangen Führungserfahrung im Sport und in der Wirtschaft.

Prinz Feisal al-Hussein fehlen im IOC-Wahlkampf wohl die Unterstützer.

Prinz Feisal al-Hussein fehlen im IOC-Wahlkampf wohl die Unterstützer.

Prinz Feisal al-Hussein (61): Der jüngere Bruder von Jordaniens König Abdullah II. verspricht den IOC-Mitgliedern mehr Mitbestimmung und zeigt sich ähnlich wie Coe offen für Preisgelder bei Olympischen Spielen. Er rückte 2010 in den Ringe-Zirkel und gehört inzwischen wie Coventry und Samaranch zum Exekutivkomitee, dem Regierungskreis um Bach. Der frühere Hubschrauber-Pilot setzt auf seine militärische und diplomatische Erfahrung, hat sich aber bislang wohl zu wenig als Anführer in schwierigen Zeiten profiliert. (dpa)