Im Interview mit EXPRESS.de spricht der ehemalige Eishockey-Nationalspieler Andreas Renz (46) über sein neues Buch, zahlreiche Affären und die Kölner Haie.
Ex-KEC-Star im InterviewAndi Renz über Krisen, Affären in Köln und den Titel-Fluch der Haie
Andreas Renz (46) war zu Beginn der 2000er Jahre einer der härtesten Verteidiger im deutschen Eishockey. Jetzt hat der ehemalige Star der Kölner Haie ein Buch geschrieben: „Dein härtester Gegner bist du selbst – Wie mich das Leben lehrte, mich radikal selbst zu lieben.“ (Erscheinungstag: 30. August 2023).
Renz öffnet seine Seele, erzählt von Enttäuschungen und Rückschlägen in der Kindheit, von seinem steilen Weg nach oben und heftigen Krisen in Köln. Dazu zählen auch zahlreiche Affären. Wir sprachen mit Renz über sein Werk. Das Interview:
Andreas Renz: Haie-Verteidiger schreibt Buch über Krisen
Andi, wie kam es dazu, ein Buch zu schreiben?
Andreas Renz: Das ist natürlich ein Prozess. Aber es war nicht die Eishockey-Karriere, die den Impuls gegeben hat. Ich wollte also kein Buch schreiben, weil ich mich für so einen tollen Spieler halte, der Grund waren vielmehr die Krisen in meinem Leben.
Das Buch ist packend, du öffnest dich wirklich nahezu komplett und erzählt viele private Dinge …
Andreas Renz: Ich wollte ein Buch schreiben, was anderen Menschen in ähnlichen Lebensumständen hilft. Keinen klassischen Ratgeber. Irgendwann dachte ich: ‚Warum erzählst Du nicht deine eigene Geschichte?‘ Mein Wusch ist es, dass sich Menschen in meiner Geschichte wiedererkennen und ihnen die Zusammenhänge zwischen Kindheit und ihrem aktuellen Leben bewusst werden. Das war damals ein wichtiger Schritt aus meiner Krise.
In dem Buch schreibst du auch sehr offen über deinen Betrug in der Ehe, One-Night-Stands und dein jahrelanges Hin und Her zwischen zwei Frauen. Hast du vorher mit allen Beteiligten gesprochen, dass du alles auf den Tisch legst?
Andreas Renz: Natürlich habe ich da vorher überlegt und nachgedacht. Dann habe ich mir von allen das Okay eingeholt. Auch mit den Eltern habe ich gesprochen, mit den ehemaligen Teamkollegen oder Trainern wie Hans Zach. Alle haben gesagt: ‚Mach das, schreib das Buch, es ist deine Geschichte. Die soll in die Welt.‘ Das hat mich sehr berührt. Alle kennen mich sehr gut und ich glaube, sie wissen, dass ich mit dem Buch anderen Menschen helfen möchte.
Ist dieses Gefühl, nicht gut genug zu sein, nicht auch ein Stück weit Voraussetzung dafür, ein erfolgreicher Profisportler zu werden? Das treibt einen doch an, oder?
Andreas Renz: Absolut, aber ich wäre ein noch besserer Sportler geworden, wenn ich mir vorher Hilfe geholt hätte, was die mentale Gesundheit angeht. Durch schmerzhafte Erlebnisse als Kind hatte ich große Versagensängste, immer Angst, dass ich weggeschickt werde. Natürlich war das der Motor für meine Karriere, denn ich konnte mich wie kein anderer im Training quälen. Zeitgleich war ich aber stets leistungsgetrieben und abhängig von der Anerkennung im Außen. Irgendwann wurde mir klar, dass ich unbewusst mein Leben lang etwas in mir bekämpft habe: Meine Verletzlichkeit und das Gefühl in mir nicht gut genug zu sein.
Gehört in einer Leistungsgesellschaft, in der wir leben, nicht auch eine gewisse Härte dazu?
Andreas Renz: Ich glaube, gerade fangen wir in der westlichen Welt und in Deutschland speziell an, uns zu hinterfragen. Um was geht es im Leben wirklich? So viele von uns sind in ihrem Leistungsmaschinen-Hamsterrad aus höher, weiter, besser gefangen und fahren gegen die Wand. Die Burnout-Rate steigt stetig, immer mehr Menschen leiden unter Depressionen. Ich sehe viele unglückliche Menschen, obwohl sie materiell immer mehr haben. Deutschland muss umdenken in vielen Bereichen.
Wo muss konkret umgedacht werden?
Andreas Renz: Viele Menschen sind derart im Leistungsmodus, dass sie keine Verbindung mehr zu sich selbst haben. Wer keine Verbindung zu sich selbst hat, steht nicht stark im Leben. Warum? Weil er Sicherheit, Liebe und Anerkennung immer im Außen sucht. In Beziehungen, materiellen Dingen und sicheren Jobs. Bricht das aus irgendeinem Grund weg, ist die Krise da. Aktuell herrscht in unserem Land viel Angst. Wir leben in einer wilden Zeit der Veränderung. Herausfordernd. Es wird zukünftig daher immer wichtiger, Sicherheit, Zufriedenheit und Sinn in sich selbst zu finden. Ich fühle mich gerufen, Menschen auf diesem Weg zu begleiten.
Würdest du sagen, dass du heute angekommen bist? Bist du ein durch und durch glücklicher Mensch?
Andreas Renz: Ich bin auf dem Weg, von meinem härtesten Gegner zu meinem besten Freund zu werden. Und ja, ich bin ein glücklicher Mensch, was nicht bedeutet, dass ich keine Höhen und Tiefen haben. Insgesamt habe ich durch meine Krisenjahre einen anderen Blick aufs Leben bekommen. Ich habe das große Glück nach meiner Liebe, dem Eishockey, eine neue Berufung gefunden zu haben. Auch privat habe ich zusammen mit meinen Ex-Partnerinnen und meiner jetzigen Partnerin Veronika einen Weg gefunden, wie Patchwork mit vier Kindern (2, 4, 13, 16) großartig funktionieren kann. Es war ein anspruchsvoller Weg, der sich gelohnt hat. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen und darauf sind wir mega stolz.
Betreust du als Coach auch Eishockey-Profis, oder rufen dich sogar Spieler an, die in Krisen geraten sind?
Andreas Renz: Hin und wieder finden auch Profisportler den Weg zu mir. Die meisten Klienten sind aber Menschen, die sich im Leben verloren haben, in Beziehungskrisen stecken oder auf der Suche nach Sinn und Zufriedenheit sind.
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Eine Frage zu den Kölner Haien: Zuletzt gab es 2002 die Meisterschaft zu feiern, wie geht ein Klub damit um, dass es lange keinen Erfolg gab?
Andreas Renz: Bei den Haien ist immer Druck da. Dass der letzte Titel über 20 Jahren zurückliegt, macht die Sache natürlich nicht einfacher. Wie im Leben ist es auch im Sport wichtig, es nicht mit der Brechstange zu versuchen. Es braucht Gelassenheit, aber trotzdem eine Siegermentalität. Die war den Haien in den letzten Jahren etwas abhandengekommen. Ich habe das Gefühl, dass sich aktuell wieder etwas aufbaut. Es ist ein Plan zu erkennen und das nötige Budget scheint da zu sein. Der KEC ist auf einem guten Weg und ich würde es den Machern, Fans, Spielern und ganz Kölle so sehr wünschen. Allerdings zählen sie für mich nur zum erweiterten Kreis der Titelfavoriten. An den drei Schwergewichten München, Mannheim und Berlin muss man erstmal vorbei.