Ein paar Hundert Unverbesserliche auf beiden Seiten machen ein friedliches Fußball-Fest kaputt. Nach den Ausschreitungen in Nizza werden die Vorwürfe aus Köln gegen die Gastgeber immer lauter, auch wenn der Sturm über die Haupttribüne unentschuldbar bleibt.
„Zwei Kölsch“ von Hooligans gejagtSo wurde das Traumlos Nizza für die FC-Fans zum Albtraum
Die erschütternden Bilder aus dem Stadion von OGC Nizza gehen um die Welt. Kölner Fan-Chaoten lieferten sich heftige Prügeleien mit den Anhängern der Gastgeber, es flogen E-Roller, Pyros und Tische. Ein Anhänger von PSG stürzt fünf Meter von der Tribüne. 32 Menschen wurden verletzt, weil vor allem die Sicherheitskräfte in Südfrankreich versagt hatten.
Mittendrin auch das Duo „Zwei Kölsch“, Michael Wurzer und Thomas Lambertz. Nach der Tour in der Qualikation zum FC Fehervar wollten sich die beiden Kult-Fans natürlich auch den Trip an die Cote d’Azur nicht entgehen lassen. Was traumhaft begann, endete gemeinsam mit dem früheren Mitgliederrats-Vorsitzenden Stefan Müller-Römer in einem Albtraum – inklusive Verfolgungsjagd mit drei französischen Hooligans.
Massive Vorwürfe an Sicherheitskräfte des OGC Nizza
Ihre Beobachtungen decken sich mit denen anderer Fans, die mit EXPRESS.de gesprochen haben und unterstreichen die massiven Vorwürfe, die FC-Boss Christian Keller (44) in Richtung der französischen Organisatoren loswurde („Da hat sich niemand mit Ruhm bekleckert.“). Wurzer: „Schon in der Stadt hat man den Unterschied gesehen. In Ungarn war alles top organisiert, die Franzosen haben sich aber null um die Kölner Fans gekümmert.“
Dann der Sündenfall: „Vor dem Stadion war keine Polizei, die Fans konnten ohne Kontrolle ins Stadion kommen. Jeder konnte alles mitnehmen“, erzählt Wurzer. Während das Fan-Duo und Anwalt Müller-Römer im Block stehen, kommt die Nachricht von den Messerattacken auf Kölner Fans. In einer Kurve warteten gewaltbereite Nizza-Anhänger, überfielen normale Anhänger des 1. FC Köln mit Latten von einer benachbarten Baustelle, nahmen ihnen Handys, Schals und Trikots ab.
Bei den Ultras, bis dahin ebenfalls friedlich, begann es zu brodeln, dann folgte die unverzeihliche Attacke auf die Nizza-Fans. „Bis zum Abend war es eine traumhafte Reise. Ein Meer an Autos aus Köln, Bergheim, Euskirchen oder der Eifel fuhr Richtung Nizza, die Stimmung in der Stadt war friedlich und toll. Es waren natürlich auch andere Jungs im Stadion, aus Dortmund, Essen und Paris. Doch auch sie waren friedlich. Niemand hat Ausschau nach den Gegnern gehalten, alle wollten nur feiern“, sagt ein Szene-Kenner EXPRESS.de. „Doch nach den Attacken auf die FC-Fans ging es dann los. Eine Gruppe wollte sich rächen und brach Richtung Nizza-Kurve auf.“ So stießen die Fan-Gruppen ungehindert aufeinander, die schlimmen Bilder gingen um die Welt.
FC-Fan sah Pariser stürzen: „Habe gedacht, er wäre tot!“
Zwei Augenzeugen standen auf der Haupttribüne. „Wir haben Steffen Baumgart rufen sehen: ‚Hört auf mit der Scheiße.“ Als wenige Meter neben ihnen der Pariser Ultra nach dem Fünf-Meter-Sturz auf den Boden stürzte. „Das Geräusch war furchtbar. Ich habe gedacht, er wäre tot“, sagt der Freund des FC-Fans, der früher selbst aktiv in Szene war (Name der Redaktion bekannt). „Im Stadion herrschte die totale Anarchie. Dass Favre behauptet, die Nizza-Anhänger hätten sich vorbildlich verhalten, ist blanker Hohn.“
Später kamen die Ultras der Gastgeber nämlich noch einmal von einer anderen Seite, da hielt sie aber eine Plexiglasscheibe von einer direkten Konfrontation ab. Müller-Römer: „Es wäre ein leichtes gewesen, die 200 gewaltbereiten Nizza-Fans von den Kölnern fernzuhalten, doch daran bestand offenbar kein Interesse.“
Auch die Abreise gestaltete sich als schwierig. Der öffentliche Nahverkehr fand in den Abendstunden nicht mehr statt, Taxis oder Ubers waren nicht zu bekommen. Auf dem Weg Richtung Stadt stellten sich „Zwei Kölsch“ und Co. drei monströse Nizza-Hooligans in den Weg, suchten Streit. „Nur ein Westerwälder Bus, der zwei von uns mitnahm, hat uns aus der Situation gerettet“, erzählt Wurzer. Das Kölsch-Duo flüchtete in ein Hotel, wo bereits 15 Kölner Zuflucht vor den Schlägern gesucht hatten. Erst Stunden später konnten sie die Rückfahrt in ihre Unterkunft antreten.
„Wir hatten richtig Angst“, sagt Wurzer nach der Hooligan-Jagd. „Die standen irgendwann in der Hoteldrehtür, haben aber dann doch irgendwann den Rückzug angetreten.“ So kamen sie unbeschadet, aber mit einem miesen Gefühl zurück in ihr Hotel. Das Traumlos entpuppte sich als Albtraum. Und wird für den 1. FC Köln und seine Fans Konsequenzen haben.