Warum waren Pariser Ultras dabei?Nach Ausschreitungen mit FC-Fans in Nizza: Jetzt meldet sich sogar PSG

Allianz Riviera Stadion in Nizza: Vor dem Spiel gab es Ausschreitungen unter den Fans.

Hässliche Szenen auf der Tribüne am 8. September 2022 beim Conference-League-Spiel zwischen OGC Nizza und dem 1. FC Köln

Friedliche Fußball-Fans in ganz Europa sind entsetzt nach den Ausschreitungen von Nizza. Dort prügelten sich Ultras aus Köln und Paris mit OGC-Hooligans. Jetzt meldet sich sogar PSG zu Wort.

von Jürgen Kemper  (kem)Uwe Bödeker  (ubo)Marcel Schwamborn  (msw)

Die Schande von Nizza hallt auch am Tag nach den skandalösen Vorkommnissen beim Conference-League-Spiel des 1. FC Köln beim OGC Nizza nach.

Der Schock bei allen Beteiligten sitzt am Freitag, 9. September 2022, immer noch tief. Die Bilder, wie ungezügelte Krawallmacher aus beiden Lagern aufeinander eindroschen, werden weiter für Gesprächsstoff sorgen.

Gewalt in Nizza: PSG distanziert sich von Ultras

„Es waren ein paar Menschen da, für die mir ein paar Wörter einfallen würden, die sind aber alle so, dass ich sie lieber nicht sagen möchte. Mir persönlich geht es richtig auf den Sack“, sagte Christian Keller (43) hörbar aufgebracht. Der Kölner Sportchef war fassungslos über die rohe Gewalt auf beiden Seiten, unabhängig davon, wer angefangen hat.

Was auffiel: Bei den irren Schlägern waren nicht nur Kölner Farben vertreten, es waren auch einige dabei mit rot-weiß-blauen Sturmhauben – die Farben von Paris St. Germain. Einer davon war derjenige, der von der Brüstung in die Tiefe gestürzt war.

Am Freitag meldete sich nun sogar PSG und nahm zu den Ausschreitungen klar Stellung. Die Frage: Warum prügelten die Hools aus der französischen Hauptstadt an der Seite der Kölner? Tiefe Einblicke in die Ultra-Szene zu bekommen, ist oft schwierig, doch eine Antwort liefert die Fan-Freundschaft zwischen Köln und Paris St. Germain.

Kölner Fan-Freundschaft mit Pariser Ultras

Seit 2003 pflegen die Kölner Ultra-Gruppierungen „Wilde Horde“ und „Coloniacs“ freundschaftliche Beziehungen zu Fangruppen der Auteuil-Kurve im Prinzenpark von Paris Saint-Germain. Zu einer der größten Ultra-Gruppierung bei PSG zählen die „Supras Auteuil“.

Sie feierten im Jahr 2016 ihr 25-jähriges Bestehen. Damals gratulierten die Kölner Fans mit einem riesigen Banner beim Heimspiel gegen Hoffenheim zum Jubiläum der Franzosen. „25 ans mentalité Ultrá“ (25 Jahre Ultra-Mentalität) stand auf dem Spruchband, welches in der Südkurve präsentiert wurde.

Die Ultra-Gruppierung von PSG wurde am 26. Oktober 1991 gegründet und bildete mit ihrem multikulturellen Touch einen Kontrast zur extrem rechts orientierten Boulogne-Tribüne. 2016 gratulierten die Ultras der „Wilden Horde“ ihren französischen Freunden auch auf Französisch via Homepage: „Seit 13 Jahren gehen wir Seite an Seite, und sogar eine Auflösung konnte uns nicht voneinander trennen. Unser größter Respekt für die vergangenen 25 Jahre! Herzlichen Glückwunsch an alle unsere Brüder von den Supras!“

Was hatte es mit der Auflösung auf sich? Das französische Innenministerium verbot die Gruppe im Jahr 2010 nach gewalttätigen Auseinandersetzungen in Paris, wobei sogar ein Mensch ums Leben kam. Auch PSG distanziert sich von der Ultra-Gruppierung, die nun in Nizza bei den Gewaltakten dabei war.

Der Verein twitterte am Freitag: „Paris Saint-Germain verurteilt aufs Schärfste die Gewalt während des Spiels zwischen OGC Nizza und dem 1. FC Köln.“ Zudem weist PSG darauf hin, dass die „Supras Auteuil“ per Dekret vom 29. April 2010 aufgelöst wurden und nicht anerkannt werden. Einen Beitrag auf Twitter sehen Sie hier:

Von PSG-Seite heißt es weiter: „Seit mehr als zehn Jahren ist Paris Saint-Germain einer der Vereine, die sich am stärksten für die Beseitigung von Gewalt in Fußballstadien einsetzen. Der Klub möchte darauf hinweisen, dass die Gruppe Supras Auteuil nicht als Anhänger von Paris Saint-Germain anerkannt wird und ihnen der Zutritt zum Parc des Princes untersagt ist.“

Bei den Aufklärungsarbeiten der Gewaltausbrüche will PSG auch die Ultras belangen. Der Klub klärt, ob die Ultras für das rufschädigende Verhalten belangt werden können. Und beim 1. FC Köln ist man gespannt, wie das Urteil der UEFA ausfallen wird. Aktuell besteht jedenfalls keine Bewährung für den FC.

Und in Nizza nehmen die Ermittlungen Fahrt auf. Die Präfektur sprach von einem „inakzeptablen Verhalten einiger Dutzend alkoholisierter Ultras“. Die Täter sollen nun identifiziert werden, mit Hilfe von Video- und Bildmaterial. Die Auswertungen laufen. Laut offiziellen Angaben wurden bei den Krawallen 32 Menschen verletzt.

Die heimische Staatsanwaltschaft hat schon Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es geht dabei um gemeinschaftliche Sachbeschädigung am offiziellen Fan-Shop des OGC im Stadion und um gemeinschaftliche Gewalt. Auch Pyro-Vergehen sind Bestandteil der Ermittlungen. Staatsanwalt Xavier Bonhomme will die beteiligten Personen identifizieren und fassen.