Ziemlich blass war's. Nicht nur die Trikots der türkischen Spieler, sondern auch deren Spiel: 0:3 wurden sie von den Portugiesen abgefieselt. Dagegen brachten die Flitzer, die in der zweiten Halbzeit das Feld enterten, Farbe - vor allem am Hals von Christoph Kramer.
Flitzer jagen RonaldoChristoph Kramer platzt der Kragen „Wie panne sind die denn?“
Die Erwartungen waren groß: Welche Comic-Figur würde Katrin Müller-Hohensteins Knöchel diesmal umschmiegen? Wer würde das Duell des Wunderkinds Güler (Türkei) mit dem Monster-Opi Ronaldo (Portugal) gewinnen? Was würde Per Mertesacker diesmal verwetten? Und dann: nix. Müller-Hohenstein trug Unschuldsweiß am Fuß, Güler saß 70 Minuten auf der Bank und Mertesacker verzichtete gleich auf ein Sakko - und hatte dann gegenüber seinem Tipp-Konkurrenten Christoph Kramer auch noch das feinere Näschen. Dabei war seins schon fünfmal gebrochen.
Vor dem Anpfiff war KMH richtig heiß. Auf die Doku „Joshua Kimmich - Anführer & Abtreiber“, die - für alle, die KMHs Werbung nicht mitbekommen haben - „total interessant und faszinierend“ und „schon jetzt n der ZDF-Mediathek zu sehen“ ist. Darin geht's auch um Kimmichs Impf-Zögerlichkeit und seine Enttäuschung über Bayern München.
Da hakte KMH nach und brachte sogar Christoph Kramer ein bisschen ins Stolpern. Am Ende umdribbelten er, Kollege Per und Experten-Kollegin Fritzy Kromp den damaligen „Corona-Skandal“ so souverän, wie Cristiano Ronaldo seine türkischen Gegenspieler: erfolgreich, aber ziemlich holprig. Alle haben irgendwie schon bessere Tage gesehen.
Cristiano Ronaldo: Mehr Kontakte mit Flitzern als mit dem Ball
Cristiano Ronaldo hatte vor allem in der zweiten Halbzeit, als alles schon gelaufen war, mehr Kontakte mit Flitzern als mit dem Ball. Fünf (zum Glück textilisierte Störenfriede) enterten das Spielfeld und hetzten Ronaldo, um ein Selfie zu ergattern. Beim ersten, einem couragierten Bub, posierte die Kick-Legende noch freundlich lächelnd, danach verging ihm schnell die Lust. Christoph Kramer auch, dem schwoll ein wenig der Kamm: „Wenn das ein Kind macht, find ich das geil. Kinder dürfen doch erstmal alles. Aber wenn das Erwachsene sind, denk ich mir, wie Panne sind die denn? Erwachsene Flitzer? Also, nee.“
Über Ronaldo wollte Chris nicht ganz so Tacheles reden. „Ich fühl mich nicht gut, wenn ich über ihn was Negatives sage.“ Jedoch: „Er lebt von seiner Aura. Ich ziehe den Hut so tief wie vor keinem anderen. Aber der alte Ronaldo, der Angst und Schrecken verbreitete, ist er nicht mehr.“
Slapstick der Türken und Ronaldo verzichtet auf ein Tor
Was auch im Spiel deutlich wurde. Ja, er hatte den ersten Torschuss, andere würden es Rückgabe nennen. Vor dem 1:0 seiner Truppe rutschte er unglücklich aus - oder glücklich: für den hinter ihm stehenden Torschützen Bernardo Silva. Vor dem 2:0 winkte CR7 genervt ab, weil der Pass nicht auf ihn geschlagen wurde - der dann aber vom Türken Akaydin zum unglaublichsten Eigentor verwertet wurde. Per No-look-Pass aus rund 16 Metern am ihm entgegen eilenden Keeper vorbei.
Bei Mbappé wird gerne vom Unterschiedsspieler gesprochen. Die Zeiten, da dieses Prädikat für Ronaldo erfunden schien, sind vorbei. Jetzt läuft er eher unter dem Motto „Stört nicht beim Bügeln“ auf. Aber genug der Schmäh: Vor dem 3:0 hätte CR7 die Chance zum eigenen Tor gehabt - und servierte stattdessen Kumpel Fernandes das Tor uneigennützig auf dem Silbertablett. Ronaldo uneigennützig? Das lobte Fritzy, die Fußballtrainerin mit dem schönsten Grinsen seit Grinsekatz: „Er ist kein Ego-Shooter mehr.“
Türkische Fans sauer auf Schiedsrichter Zwayer
Ja, leider, mögen die Fans des „alten“ Ronaldo seufzen, der noch jeden verdammten Ball haben wollte, bekam und nicht selten verwertete. Aber egal. Der König spielt noch. Und er hat ja schon früher, Mertesacker hatte die Zahlen parat, gar nicht sooo selten aufgelegt. 47-mal. Ne Menge Holz. Er ist halt echt ein Legendärer. Es möge sein Traum vom eigenen Tor wahr werden. Es ist seine Rekord-EM. Die sechste. Keiner schaffte das bisher. Er wird keine siebte (als Spieler) erleben. Also: Hau ihn rein. Wenigstens einmal. Aber nicht gegen Schlaaand.
Alle lieben Ronaldo. Oder verehren ihn. Respektieren ihn wenigstens. Das dürfte in diesem Moment alles nicht für den deutschen Schiedsrichter Felix Zwayer gelten. Jedenfalls nicht in der Türkei. Er pfiff so oft, dass er bei einem etwaigen Urlaub in Antalya nicht mit Rabatten oder Gastgeschenken rechnen sollte. Die Fans waren phasenweise echt sauer.
Neue Werbung von Toni Kroos: Breitseite gegen Uli Hoeneß?
Apropos sauer: Das könnte auch auf Uli Hoeneß zutreffen, wenn er die neue Werbung von Toni Kroos sieht - und die läuft dauernd in und um die EM-Sendungen. Darin zitiert Kroos negative Kritikerstimmen gegen sich („Du bist zu langsam“, „Dein Spielstil ist veraltet“, „Du bist oldschool“) und sagt dann, wie er dank ausgeprägtem Selbstbewusstsein (“Die einzige Stimme, die wirklich zählt, ist meine eigene“) und offenbar einem geilen Deo zur „Krönung“ emporstieg.
Bei dem Spot dürfte es Hoeneß, der all diese kritischen Sätze sinngemäß oder gar wörtlich einst über Kroos sagte, warm an Hals, Nacken und Achseln werden. Kann auch sein, dass ihm der 72-Stunden-Schutz von Rexona trotzdem schnurz ist. (tsch)