DFB-BebenDiese Kandidaten werden nun gehandelt: Doppel-Lösung als Bierhoff-Ersatz?

Oliver Bierhoff ist weg. Das Aus für den DFB-Direktor frustriert Hansi Flick. Wer füllt das Vakuum an der Spitze des Fußball-Bundes? Viele Namen werden gehandelt.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Ein „geordnetes Verfahren“ hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf (61) nach dem WM-Aus angekündigt. Derzeit sieht vieles erst einmal nach einem geordneten Rückzug aus. Geschäftsführer Oliver Bierhoff (54) hat seinen bis 2024 laufenden Vertrag aufgelöst. Möglicherweise folgt ihm auch noch Hansi Flick (57).

Unabhängig von der Bundestrainer-Frage stehen die Verantwortlichen vor einem kompletten Neuanfang. Es gilt ein großes Vakuum zu füllen: Geschäftsführer weg, Position des Sportdirektors seit vielen Jahren nicht mehr besetzt. 18 Monate vor der Europameisterschaft läuft das DSDS-Casting: Deutschland sucht den Sportdirektor. Oder wären nicht gleich zwei Lösungen besser?

Reiner Calmund wirbt für Aufteilung der Verantwortung

„Wir brauchen eine kurzfristige Lösung, die vor der EM etwas bewirkt. Mittelfristig muss in Sachen Nachwuchsförderung und Ausbildung einiges umgestellt werden“, sagt ein beteiligter Funktionär zu EXPRESS.de. Während Bierhoff also die Bereiche Nationalmannschaft und Akademie gleichermaßen zu verantworten hatte, könnte nun ein Schnitt her.

„Richtung EM sollte der DFB auf absolute Erfahrung setzen“, sagt Fußball-Experte Reiner Calmund (74). „Es geht jetzt erst mal darum, für das Turnier die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Dem früheren Leverkusen-Boss schweben Größen wie Matthias Sammer (55), Lothar Matthäus (61), Rudi Völler (62), Michael Zorc (60) oder Karl-Heinz Rummenigge (67) vor.

„Bis zur EM müssen einige Dinge sofort angepackt werden. Es fehlt eine Alternative im Angriff, die Abwehr muss stabilisiert werden und die Stimmung sowie die Ausstrahlung der Mannschaft verbessert werden“, sagt Calmund. „Wir haben vor allem im Mittelfeld echte Weltklasse. Das Potenzial ist vorhanden. Es muss nur besser zur Geltung kommen.“

Vize-Präsident Hans-Joachim Watzke (63), der beim ganzen Prozess nun federführend die Strippen zieht, hat zu einigen Kandidaten einen engen Draht. Sammer wäre möglicherweise bereit, als Chef-Berater – wie er es bereits mit Watzke beim BVB macht – zu helfen. Aber ein Fulltime-Job beim DFB ist beim früheren Sportdirektor (2006 bis 2012) nicht vorstellbar. „Helfen für den Fußball, für die Sache, das ist mein Leben. Aber gewisse Positionen brauche ich nicht mehr“, kündigte er an.

Borussia-Legende Zorc machte nach 17 Jahren als Sportdirektor im Sommer Platz für Sebastian Kehl (42). Er hat in dieser Zeit vertrauensvoll mit Watzke zusammengearbeitet. Gehandelt wird mit Fredi Bobic (51) ein weiterer Experte aus der Liga. Dieser erlebt bei Hertha BSC schwierige Zeiten. Ihm eilt der Ruf voraus, auch unbequem sein zu können. Genau das braucht der „DFB-Kuschelverein“ (Europameister Markus Babbel (50)).

Mit dem ehemaligen Stuttgarter Vorstandschef Thomas Hitzlsperger (40), Per Mertesacker (38) als Leiter der Fußball-Akademie beim FC Arsenal, ARD-Experte Bastian Schweinsteiger (38) oder Manager-Auszubildender Benedikt Höwedes (34) geistern jede Menge junger Kandidaten durch die Gegend. Nur fehlt ihnen allen die Erfahrung, die sie für die Krise eigentlich bräuchten.

Philipp Lahm (39) ist als Turnierdirektor der Heim-EM gebunden, Ralf Rangnick (64) als Nationaltrainer Österreichs. Traditionell wird aktuell wieder viel Hinterzimmer-Politik betrieben. Interessierte Kreise versuchen, ihre Wunschkandidaten in Stellung zu bringen.

Während Neuendorf und Watzke zunächst vor allem die Verantwortung bei der Nationalmannschaft klar definieren müssen, sind auch schon viele Namen für die künftige Akademie-Leitung zu hören. Jochen Sauer (50) scheidet als Nachwuchschef des FC Bayern im kommenden Sommer aus. Michael Reschke (65) ist ein Querdenker im positiven Sinne und national wie international bestens vernetzt.

Sollte Hansi Flick auch gehen, wäre Thomas Tuchel ein Kandidat

Sven Mislintat (50) hat sich zu Dortmunder Chefscout-Zeiten einen Ruf als „Diamanten-Auge“ erarbeitet. Problem: Das Verhältnis zu Watzke gilt seit ihrer BVB-Vergangenheit als angespannt. U20-Nationaltrainer Hannes Wolf (41) genießt im Verband großes Ansehen.

Sollte auch Flick seinen Vertrag vorzeitig auflösen oder die Verantwortlichen ihm das Vertrauen entziehen, rückt vor allem Thomas Tuchel (49) in den Fokus. Der Ex-Coach des FC Chelsea und von Paris St. Germain gilt als Top-Kandidat, auch wenn Watzke ihn einst als „schwierig“ bezeichnet hat.