Freigeist Ewald Lienen trainierte einst den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach. 2012 ging er ein Wagnis, unterschrieb ein weiteres Mal in Griechenland. Ein tragischer Fehler, wie sich herausstellen sollte.
Ex-FC-TrainerDoku beleuchtet größten Karriere-Fehler – „war eine Extremsituation“
Ewald Lienen wird Ende November 70 Jahre alt. Nicht zu Unrecht zählt er zu den kultigsten Persönlichkeiten des deutschen Fußballs, genießt an vielen Orten hohes Ansehen. Mönchengladbach, Köln, Duisburg, Bielefeld, St. Pauli.
Als Trainer zog es ihn immer wieder auch nach Griechenland. Panionios Athen, Olympiakos Piräus, AEK Athen. Die am Donnerstag (7. September 2023) erschienene Dokumentation „Ewald Lienen – Eine griechische Tragödie“ (MagentaTV) beleuchtet den vermutlich größten Fehltritt seiner Karriere.
Ewald Lienen: Eigentlich wollte ich nie Fußballprofi werden
Im Herbst 2012 unterschrieb Ewald Lienen, der zuvor Arminia Bielefeld trainiert hatte, beim griechischen Traditionsklub AEK Athen. Mickrige zwei Punkte nach sechs Spieltagen hatte der Klub auf dem Konto. In seiner Antrittsrede versprach Lienen selbstbewusst: „Wir werden alles tun, um AEK dahin zu bringen, wo dieser Verein hingehört.“
Doch sein Engagement sollte in einem Drama enden. Denn: Der Verein befand sich in einem katastrophalen Zustand, war klamm. Die Schuldenkrise hatte ganz Griechenland finanziell getroffen, auch den Fußball – und besonders AEK. Stars waren vor der Spielzeit 2012/2013 verkauft, junge Nachwuchskicker geholt worden.
Lienen fand eine Mannschaft vor, die „nicht wettbewerbsfähig war“. Besonders die jungen Spieler hatten teilweise nicht einmal genügend Geld, um sich vernünftig zu ernähren. Lienen improvisierte, besorgte seinen Jungs ein gesundes Frühstück.
Die Gehälter der Spieler konnten im Saisonverlauf nicht mehr gezahlt werden. „Wenn ich mich sorgfältig informiert hätte, dann hätte ich sagen müssen: Das kann man nicht schaffen.“ Und so kam es dann auch: Lienen scheiterte, den Verein zurück in die Erfolgsspur zu hieven. Er wurde im April 2013 nach einer 0:2-Niederlage gefeuert.
Der traurige Höhepunkt der Saison ereignete sich einen Spieltag später, als Lienen schon weg war: Im vorletzten Spiel der Saison gegen Panthrakikos Komotini stürmten die AEK-Fans kurz vor Schluss das Spielfeld des heimischen Olympiastadions, gingen auf die eigenen Spieler los.
Der Platzsturm hatte Konsequenzen: Der Verband wertete die Partie 0:3 gegen AEK Athen. Außerdem wurden dem Klub drei Punkte abgezogen. Dadurch stieg der Hauptstadtklub ab. Über seine Zeit bei AEK resümiert Lienen: „Das war eine Extremsituation, wie ich sie weder als Spieler noch als Trainer jemals erlebt habe“