Früherer Bayern-CoachEx-Manager erinnert sich an van Gaal: „Er sagte: Sie müssen Liebe machen“

Bayern-Trainer Louis van Gaal (r) und Sportdirektor Christian Nerlinger.

Christian Nerlinger (l.) und Louis van Gaal am 26. Januar 2011 vor dem DFB-Pokalspiel bei Alemannia Aachen.

Louis van Gaal war in diesem Jahrtausend mit Sicherheit eine der kultigsten Trainerfiguren an der Seitenlinie des FC Bayern. Ex-Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger erinnert sich an die Zeit des Niederländers.

von Tobias Schrader  (tsc)

Keine zwei Jahre hat es Louis van Gaal (72) auf dem Trainerstuhl des FC Bayern gehalten. Trotz seines vorzeitigen Rauswurfs war der Niederländer vor allem bei den Fans sehr beliebt – auch wenn sein Führungsstil gerne mal etwas härter war.

Darüber hat jetzt Ex-Bayern-Manager und -Sportdirektor Christian Nerlinger (50) gesprochen. Im Gespräch mit dem „Kicker“ erinnerte er sich an die Gepflogenheiten des Niederländers.

Christian Nerlinger: „Van Gaal hat wie ein Künstler in eine Tonmasse gegriffen“

„Seine Analysen waren zwar respektvoll und nicht beleidigend, aber so hart, dass der eine oder andere Spieler sogar geweint hat“, berichtete der 50-Jährige.

Zudem habe van Gaal (wurde in seiner ersten Saison direkt Double-Sieger) seiner Mannschaft die Defizite detailliert erklärt, sogar jeden Fehlpass thematisiert: „Das führte dazu, dass wir einmal in Freiburg 63 Rückpässe gespielt haben, weil die Spieler Angst hatten, dass die Fehlpässe am nächsten Tag seziert werden.“

Nerlinger weiter: „Van Gaal hat wie ein Künstler in eine Tonmasse gegriffen und etwas geformt. Das war sicher eine schwere, aber im Nachhinein gewiss sehr positive Zeit.“

Van Gaal kam im Sommer 2009 zum FC Bayern, wurde Nachfolger von Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann (59) – und machte grundsätzlich alles anders als sein Vorgänger. Klinsmann habe laut Nerlinger versucht, „eine Wohlfühloase für die Spieler zu schaffen“.

Christian Nerlinger: Louis van Gaal hatte strikte Regeln

Ganz anders van Gaal, der seine klare Linie mit strikten Regeln und großer Disziplin durchziehen wollte: „Er hat seine Philosophie erklärt, wollte den Spielern nicht nur das Passen beibringen, sondern auch ihre Persönlichkeit fördern. Das Frühstück war um Punkt neun Uhr und ging erst los, wenn alle da waren. Wenn jemand ihm nicht folgte, war das okay, nur konnte dieser dann auch keine Einsätze mehr erwarten.“

Jedes Spiel sei für van Gaal wie ein Champions-League-Spiel gewesen, so habe er seine Mannschaft immer vorbereitet. Im Urlaub sah es der 72-Jährige allerdings nicht ganz so streng.

Mittlerweile ist es üblich, dass Profis in der Sommerpause detaillierte Trainingspläne erstellt bekommen, um beim Trainingsauftakt möglichst fit zu sein. Van Gaal habe dies laut Nerlinger anders gehandhabt: „Er sagte nur: Sie müssen Tennis spielen, sie müssen schwimmen, und sie müssen Liebe machen.“

Louis van Gaal stemmte sich gegen Neuer-Verpflichtung

Im Umgang mit den Vereinsverantwortlichen sei er aber nicht ganz so einfach gewesen, habe zum Beispiel bei sportlichen Themen nur Gesprächspartner akzeptiert, die auch täglich die Trainingseinheiten gesehen haben. Nerlinger: „Das war neu und hat natürlich zu Reibungspunkten geführt.“

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Im Frühjahr 2011 war der FC Bayern dann am damaligen Schalke-Keeper Manuel Neuer (37) dran – wogegen sich van Gaal gestemmt haben soll und deshalb am Ende auch seinen Hut an der Säbener Straße nehmen musste.

Trotzdem lobt Nerlinger den Niederländer ausdrücklich: „Alles in allem war das Paket, das van Gaal für Bayern München bedeutet hat, schon enorm. Er hat das Fundament für spätere Erfolge geschaffen.“