Kommentar zu Gratis-TicketsNur Gewinner: Fortuna macht's allen vor – aber ein Rest-Risiko besteht

Die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf feiert mit den Fans am 26. August 2022 den Sieg gegen Jahn Regensburg

Die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf feiert mit den Fans am 26. August 2022 den Sieg gegen Jahn Regensburg. Langfristig sollen in Düsseldorf die Eintrittspreise komplett wegfallen.

Fortuna Düsseldorf hat sich eine ehrgeizige Mission auferlegt: Auf lange Sicht sollen bei den Heimspielen des Fußball-Zweitligisten keine Eintrittspreise mehr erhoben werden. Ein Kommentar.

von Anton Kostudis  (kos)

Fußball-Revolution in Düsseldorf! Der Zweitligist will auf lange Sicht Eintrittspreise komplett abschaffen. Unter dem Motto „Fortuna für alle“ soll möglichst bald jeder Fan gratis zu den Heimspielen dürfen. Es ist ein Projekt, welches enormes Aufsehen erregt. Komplett naiv oder total genial? Ein Kommentar.

Der leidenschaftliche Fan und der Profi-Fußball – diese Beziehung ist längst ausgesprochen zerrüttet. Gründe dafür gibt es zuhauf. Seien es die teils astronomischen Gehälter, die fortschreitende Abschottung der Stars, die Flut an neuen Wettbewerben, das fortwährende Rechte-Geschacher und TV-Abo-Gewirr, Misswirtschaft, Ego-Trips und Wechsel-Streiks, nichtssagende Floskel-Interviews am Spielfeldrand, andauernde Skandale in den Verbänden. Nicht zuletzt aber eben auch: immer höhere Bier-, Bratwurst- und Ticket-Preise.

Fortuna Düsseldorf geht mutigen und konsequenten Schritt

Was also tun, um dem „geliebten“ Fan wieder näherzukommen, für den angeblich ja alle immer noch spielen? Nun: Natürlich ist es nett, wenn sich Nationalspieler in horrend teuren (allerdings modisch eher fragwürdigen) Designer-Jäckchen vor dem Fünf-Sterne-Hotel Zeit nehmen, um Autogramme zu schreiben. Oder die Fans in den sozialen Netzwerken mit pathetischen Statements nach dem Spieltag versorgt werden. Auch, wenn dann „leider nicht jede persönliche Nachricht beantwortet werden kann“. Lobenswert auch, einmal pro Saison die dritte Klasse der Hans-Schulze-Irgendwas-Gesamtschule zum Heimspiel einzuladen. Oder die Anhängerinnen und Anhänger mit „authentischen“ Team-Dokus im Internet abzuholen (die dummerweise meist bei kostenpflichtigen Streaming-Anbietern laufen, aber gut).

Spürbare Effekte einer nennenswerten Annäherung sind bislang jedenfalls nicht zu verzeichnen. Das beweist schon der Blick auf unzählige Banner in den Blöcken, Woche für Woche. Wie wäre es denn, endlich mal konsequent und mutig zu sein, um zu zeigen: Uns ist die Sache ernst! Große Teile der restlichen Fußball-Republik werden es nicht zugeben wollen, aber: Fortuna macht's vor!

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Mit der Ankündigung, die Fans künftig gratis ins Stadion zu lassen, haben die Düsseldorfer ein mittelschweres Fußball-Beben ausgelöst. Und natürlich folgten die erwartbaren Unkenrufe auf dem Fuß. Unter anderem von einem Bundesligisten, bei dem in dieser Saison in bislang 15 Heimspielen (Stand 29. Spieltag) im Schnitt 6000 Plätze freigeblieben sind. Nun ja...

Dabei gibt es bei der Aktion nach eingehender Betrachtung ausschließlich potenzielle Gewinner: Die Sponsoren, die sich auf die Fahnen schreiben dürfen, das innovative Fortuna-Projekt überhaupt erst möglich gemacht zu haben. Der Klub, der sich auf eine deutlich imposantere Heim-Kulisse und damit auch eine gesteigerte Attraktivität als Profi-Verein freuen darf. Die Frauen- und Jugend-Abteilungen der Fortuna, für die künftig mehr Geld bereitstehen soll. Die Stadt, welche das im Profi-Fußball einmalige Projekt unterstützt und nun (vor der Heim-EM) als echter Fußball-Innovations-Standort gelten darf. Und letztlich auch jeder Fan, dem beispielsweise 38 Euro für ein Fortuna-Heimspiel gegen den Karlsruher SC schlichtweg zu viel sind.

Ticket-Revolution bei Fortuna: Es bleibt ein Rest-Risiko

Natürlich bleibt ein wirtschaftliches Risiko. So konnten – und wollten – die Fortuna-Bosse bei der Präsentation des Projektes am Mittwoch (26. April 2023) noch keine endgültigen Versprechen abgeben. Ein erstes Agreement über 45 Millionen Euro und fünf Jahre ist getroffen. Ob alle Partner langfristig an Bord bleiben oder künftig weitere hinzukommen, ist heute noch nicht abzusehen.

Damit ist nach wie vor unklar, wann und – vor allem – ob die Merkur-Spiel-Arena überhaupt langfristig zum Gratis-Stadion werden kann. Mut macht allerdings, dass unter anderem Fortunas Kölmel-Knebel-Vertrag im Sommer 2024 ausläuft, der den Klub seit vielen Jahren finanziell lähmt. Zudem hat die Stadt in Person von Oberbürgermeister Stephan Keller nun vor sehr vielen Kameras und Mikrofonen signalisiert, dem Klub entgegenzukommen und bald noch einmal über das leidige Thema Stadion-Miete zu sprechen. Und wer weiß: Vielleicht wurde hinter den Kulissen ja auch noch ein stattlicher Betrag für mögliche Knaller-Transfers im Sommer vereinbart...

Fakt ist: Fortunas Ticket-Mission ist jetzt schon ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Fußballs. Komplett naiv oder total genial? Das werden am Ende die entscheiden, die nach wie vor die stärkste Stimme haben: die Fans.