Frauenfußball-KolumneWas bis zur WM im Sommer noch besser funktionieren muss

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg leitet das Training.

Martina Voss-Tecklenburg, hier am 19. Februar 2023, hat mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft vor der Fußball-WM im Sommer noch Arbeit vor sich.

Im Sommer 2023 findet die Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland statt. Was bis dahin noch besser werden muss bei den DFB-Frauen, lesen Sie in der EXPRESS.de-Kolumne.

von Annika Becker  (abe)

Beim Testspiel gegen Schweden am vergangenen Dienstagabend (23. Februar 2023) war Deutschlands auffälligste Spielerin Torhüterin Merle Frohms.

Sie zeigte beim 0:0 erneut eine starke Leistung, was wieder einmal die Frage aufbrachte, warum die 28-Jährige es bei der Wahl zur Welttorhüterin eigentlich nicht in die Top-3 geschafft hat. Dass nach dem Spiel völlig zurecht alle lobend über die Torfrau sprachen, macht aber auch deutlich, wie wenig im Spiel ansonsten rund lief.

Lena Oberdorf bei DFB-Frauen nicht zu ersetzen

Daraus machten Spielerinnen und Bundestrainern Martina Voss-Tecklenburg (55) selbst nach der Partie auch kein Geheimnis.

Beim Lehrgang in Marbella habe man ein paar neue Dinge einstudieren wollen, um das eigene Spiel flexibler zu machen. So startete Deutschland zwar im bekannten 4-3-3, stellte rund um die 70. Minute aber auf eine Dreierkette um, die es in der Form bisher nicht zu sehen gab.

Einzig beim EM-Spiel gegen Spanien hatte es im Spiel mal eine Anpassung zu einer Fünferkette gegeben. Deswegen machte sich bemerkbar, dass die Abläufe noch nicht ganz stimmen.

Das Hauptproblem aber ist eines, das im besten Fall gar keines ist: die Unersetzbarkeit von Lena Oberdorf. Die 21-Jährige fehlte im Aufgebot aufgrund einer Erkrankung, für sie rückte Sjoeke Nüsken (22) in die Startformation.

Lena Oberdorf ist Dreh- und Angelpunkt

Oberdorf ist normalerweise Deutschlands Dreh- und Angelpunkt, sie läuft Räume zu und hält das Zentrum dicht, gewinnt Zweikämpfe und Bälle, ist fast immer anspielbar und hat sowohl die Physis als auch die Technik, um sich aus Drucksituationen befreien zu können.

Und Druck gab es in diesem Spiel vonseiten der Schwedinnen viel, sie liefen immer wieder hoch und gezielt an und bewegten sich dabei so, dass das deutsche Mittelfeld aus dem Spiel genommen wurde. In der ersten Halbzeit war das besonders markant.

Rekordhalterin sprengt vorigen Rekord

Die teuersten Transfers im Frauenfußball

Milene Domingues fasst sich mit der Hand ins Gesicht.

Sie war für knapp 20 Jahre die teuerste Fußballerin der Welt: Milene Domingues (hier im September 2002) gilt als Pionierin, dabei durfte sie zunächst gar nicht spielen. Ihre Geschichte und die anderen Spielerinnen in den Top 20 gibt es in der Bildergalerie zum Durchklicken.

Hanna Bennison im Zweikampf mit Gegenspielerin Caitlin Foord.

Platz 20: Hanna Bennison (l.) wechselte 2021 im Alter von 18 Jahren aus ihrer schwedischen Heimat von Serienmeister FC Rosengard nach England zum FC Everton, der 225.000 Euro nach Skandinavien überwies. Die Mittelfeldspielerin ist längst eine Säule in der Nationalmannschaft und auch bei den „Toffees“ im Zentrum gesetzt. (Foto: 12. November 2021)

Lauren James dribbelt im Trikot von Manchester United.

Platz 19: Lauren James (r.), hier noch am 27. März 2021 im Trikot von Manchester United, zog es wenige Monate später für 227.000 Euro innerhalb der englischen Women’s Super League zum FC Chelsea.

Ashley Sanchez beim Warm-Up mit dem US-Nationalteam.

Platz 18: Als feste Größe im US-Nationalteam empfahl sich Ashley Sanchez für ihren Winter-Wechsel Anfang 2024 innerhalb der NWSL. Für 228.000 Euro ging es von Washington Spirit zu North Carolina Courage. (Foto: 30. September 2023)

Laura Blindkilde Brown im Juniorinnen-Länderspiel für England am Ball.

Platz 17: Laura Blindkilde Brown spielte sich bereits mit ihren 20 Jahren in die Notizbücher aller Top-Vereine – und das vor ihrem ersten A-Länderspiel für England. Der Zuschlag im Januar 2024 ging schließlich an Manchester City, das 234.000 Euro an Aston Villa für die Mittelfeldspielerin zahlte. (Foto: 30. Oktober 2023)

Milene Domingues hält bei ihrer Vorstellung bei Rayo Vallecano einen Ball hoch.

Platz 16: Milene Domingues war knapp zwei Jahrzehnte lang die teuerste Fußballerin der Geschichte, nachdem Rayo Vallecano sie 2002 für 235.000 Euro von Fiamma Monza nach Madrid holte. Das Besondere: Damit folgte die Brasilianerin ihrem Ehemann, den es beruflich nach Madrid verschlagen hatte – einem gewissen Ronaldo. Kein Wunder, dass die spanische Presse Milene schnell den Spitznamen „Ronaldinha“ verpasste. Für Stadtteil-Klub Rayo durfte die feine Technikerin zunächst aber gar nicht spielen, weil ausländische Spielerinnen im spanischen Frauenfußball zu dieser Zeit nicht spielberechtigt waren. So sprangen nur eine Handvoll Einsätze heraus. (Foto: 26. September 2002)

Alex Morgan winkt den Fans nach einem Länderspiel der USA.

Platz 15: Alex Morgan gehört auf und neben dem Platz zu den bekanntesten Fußballerinnen der Welt. Kein Wunder, dass San Diego Wave etwas vom Glamour abhaben wollte und Ende 2021 an Orlando Pride 245.000 Euro für die Offensiv-Allrounderin mit der stolzen Vita von mehr als 200 Länderspielen für die USA zahlte. Auf Leih-Basis spielte Morgan auch zweimal kurz in Europa: 2017 für Olympique Lyon und 2020 für die Tottenham Hotspur.

Thembi Kgatlana bei einem Spiel am Ball.

Platz 14: Trotz einer Größe von gerade mal 1,57 Metern gehört Thembi Kgatlana zu den bekannten Namen im Frauenfußball. Für große Überraschung sorgte im Januar 2024 ihr Wechsel von Racing Louisville aus den USA nach Mexiko, wo sie von da an für Spitzenklub Tigres UANL auf Torejagd ging. 250.000 Euro an Basis-Ablöse wurden fällig, die Summe kann sich durch Bonus-Zahlungen aber noch weiter erhöhen. (Foto: 15. September 2023)

Maite Oroz dribbelt im Trikot von Real Madrid über den Platz.

Platz 13: Maite Oroz sollte Real Madrid helfen, die Übermacht des FC Barcelona in Spanien zu brechen. Mit einer Ablöse von 250.000 Euro an Athletic Bilbao setzten die Königlichen im Sommer 2020 ein Zeichen, doch der erhoffte Erfolg blieb aus: Maite wurde nicht die überragende Spielerin und Real muss weiterhin mit ansehen, wie Barça von Titel zu Titel eilt.

Rocky Rodríguez beim Aufwärmprogramm.

Platz 12: Innerhalb der USA verschlug es Costa Ricas Mittelfeldspielerin Rocky Rodríguez von den Portland Thorns zum Angel City FC. 253.000 Euro wechselten im Januar 2024 in der NWSL den Besitzer. (Foto: 29. Oktober 2022)

Bethany England posiert nach der Unterschrift mit ihrem neuen Trikot der Tottenham Hotspur.

Platz 11: Beth England schob sich in der Saison 2022/2023 zwischenzeitlich aufs Podium der teuersten Transfers, dabei ging ihr Wechsel innerhalb der Stadtgrenzen von London über die Bühne. Im Januar 2023 wanderten 283.000 Euro innerhalb Londons von Tottenham Hotspur zum FC Chelsea, wo die Stürmerin jahrelang unter Vertrag gestanden hatte.

Jessie Fleming im Trikot des FC Chelsea.

Platz 10: Kanadas Fußball-Heldin Jessie Fleming hatte schon mit 25 Jahren weit über 100 Länderspiele für ihr Heimatland absolviert – kein Wunder, dass die Mittelfeldspielerin da nicht nur die europäischen Spitzenklubs auf sich aufmerksam machen konnte. Im Januar 2024 schlugen die Portland Thorns zu, transferierten 293.000 Euro an den FC Chelsea nach London und holten Fleming zumindest mal ein ganzes Stückchen näher zurück Richtung Heimat. (Foto: 20. Dezember 2023)

Geyse gestikuliert bei einer Trainingseinheit von Brasilien.

Platz 9: Obwohl es mit der einstigen Frauenfußball-Macht Brasilien bei der WM 2023 nicht nach Plan lief, konnte sich Stürmerin Geyse für einen lukrativen Deal empfehlen. Vom FC Barcelona wechselte sie nach dem Gewinn der Champions League zu Manchester United, spielte Barca damit eine Ablöse von 300.000 Euro ein. (Foto: 24. Juni 2023)

Kyra Cooney-Cross im Trikot des FC Arsenal.

Platz 8: Kyra Cooney-Cross bescherte Schweden-Klub Hammarby IF binnen anderthalb Jahren einen satten Transfer-Gewinn. Im März 2022 kam die Australierin ablösefrei aus der Heimat nach Europa, im September 2023 ging es dann für 320.000 Euro weiter zum FC Arsenal nach England. (Foto: 14. Januar 2024)

Kyra Cooney-Cross steht im

Platz 5: Über ihre gesamte Karriere pendelte Lindsey Horan zwischen ihrer US-amerikanischen Heimat und Frankreich hin und her, auch ein Wechsel über den Atlantik brachte ihr mit einer Ablöse über 350.000 Euro Platz fünf im Ranking ein. Nach anderthalb Leih-Jahren nahm Olympique Lyon im Sommer 2023 schließlich ordentlich Geld in die Hand, um die Mittelfeldspielerin fest zu verpflichten. (Foto: 5. Dezember 2023)

Pernille Harder stürmt im Trikot des FC Chelsea dem Ball hinterher.

Platz 5: Pernille Harder zog es 2020 für 350.000 Euro vom VfL Wolfsburg zum FC Chelsea – für zwei Jahre die absolute Bestmarke im Frauenfußball. In Deutschland kaum zu stoppen, konnte die Dänin in London auch verletzungsbedingt nur selten an ihre Weltklasse-Leistungen anknüpfen. (Foto: 5. März 2022)

Wolfsburgs Jill Roord steht bei einem Spiel auf dem Platz.

Platz 5: Eine weitere ehemalige Wolfsburgerin komplettiert den dreigeteilten fünften Rang: Auch Jill Roord brachte dem Auto-Klub 350.000 Euro ein, nach zwei Bundesliga-Jahren ging es für sie zurück in die Premier League. Die Mittelfeldspielerin war zuvor mit dem VfL ins Finale der Champions League gestürmt, wo es eine bittere 2:3-Niederlage gegen den FC Barcelona setzte. (Foto: 5. November 2023)

Keira Walsh im Zweikampf mit Gegenspielerin Sara Däbritz.

Platz 4: Keira Walsh (l.) holte sich am 31. Juli 2022 mit England den EM-Titel gegen Deutschland, danach staubte sie auch noch den zwischenzeitlichen Rekord als teuerste Fußballspielerin ab. 405.000 Euro strich Manchester City vom FC Barcelona für die defensive Mittelfeldspielerin ein, wobei Barça die Ablöse nur unter Mithilfe von Walsh stemmen konnte. (Foto: 1. Juli 2022)

Lena Oberdorf im Trikot des VfL Wolfsburg am Ball.

Platz 3: Völlig aus dem Nichts schob sich Lena Oberdorf im Februar mit ihrem angekündigten Transfer vom VfL Wolfsburg zum FC Bayern München in die Top 3 der teuersten Spielerinnen. Mit einer Ausstiegsklausel in Höhe von 450.000 Euro hatte sich der VfL eigentlich gegen einen Abgang abgesichert – doch dann zogen die Münchner die Option und nahmen Oberdorf für die Saison 2024/2025 unter Vertrag. Zwei Jahre zuvor hatte sie sich den Wechsel zum FC Bayern noch kaum vorstellen können. (Foto: 5. November 2023)

Mayra Ramírez im Trikot des FC Chelsea.

Platz 2: Mayra Ramírez kehrte nach der starken WM 2023 mit Kolumbien erst verspätet zu UD Levante zurück, absolvierte gerade mal sieben Ligaspiele in der neuen Saison, da griff der FC Chelsea in der Winterpause tief in die Tasche. Die Rekord-Summe von 500.000 Euro wanderte im Januar 2024 aus England nach Spanien, sorgte so für den teuersten Wechsel der Frauenfußball-Geschichte – allerdings nur für wenige Wochen. (Foto: 27. Januar 2024)

Racheal Kundananji bei der Frauen-WM 2023 im Trikot von Sambia.

Platz 1: Im Februar 2024 sprengte Rachael Kundananji alle bisher dagewesenen Dimensionen, torpedierte den erst im Januar aufgestellten Bestwert von Mayra Ramírez und avancierte mit dem Transfer für 805.000 Euro von Madrid CFF zum Bay FC in den USA zur neuen teuersten Spielerin der Welt. Bei der WM im Sommer hatte sie mit Sambia für Aufsehen gesorgt, in der spanischen Liga überzeugte sie anschließend mit acht Treffern in 14 Spielen. (Foto: 26. Juli 2023)

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Deutschland ist es seit der EM gewohnt, sich aus solchen Situationen spielerisch befreien zu können, um das zu ermöglichen, fehlte vor allem in der ersten Halbzeit aber die Bewegungen in die richtigen Räume.

Besonders Nüsken hatte immer wieder Probleme mit dem großen Druck der Schwedinnen und der eigenen Positionierung. Voss-Tecklenburg merkte dazu nach Abpfiff richtig an, dass das Spiel von Deutschland insgesamt zu statisch war.

Lena Oberdorf schon jetzt in der Weltklasse angekommen

Eine Spielerin wie Lena Oberdorf ist personell nicht zu ersetzen, sie gehört auf ihrer Position schon jetzt zu den besten Spielerinnen der Welt. Im Idealfall ist das für Deutschland ein großes Plus.

Sollte die Gevelsbergerin aber mal ausfallen, braucht es gute Abläufe, damit das Team dies in der Gruppe auffangen kann, dazu gehört eben einerseits viel Laufarbeit, andererseits aber auch das Zutrauen, mal einen Steckpass durch zwei Gegenspielerinnen hindurch zu versuchen, statt über Außen zu spielen.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Diese Gelegenheiten gab es ein paar Mal, weil Sara Däbritz (28) sich klug im Rücken der Schwedinnen weggeschlichen hatte, nur kam dann der Pass nicht.

Hoffnung für DFB-Frauen vor WM im Sommer

Eine andere Alternative gegen Schweden wäre es gewesen, mit langen Bällen das Pressing zu überspielen, ein paar Mal konnte Alexandra Popp (32) solche hohen Bälle sichern, hatte dann aber nicht immer eine Mitspielerin für eine Ablage um sich herum. Dabei war gut zu sehen, dass Schweden eigentlich anfällig ist, sobald der vordere Block einmal überspielt ist, nur konnte Deutschland das eben zu selten ausnutzen.


Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Zwar ist es bis zur Weltmeisterschaft nicht mehr lang, aber das klare Aussprechen der Mängel durch Spielerinnen wie Popp und die Bundestrainerin machen genauso Hoffnung auf eine Verbesserung, wie die Entwicklung vor der EM.

Auch da gab es zum gleichen Zeitpunkt nämlich jede Menge Kritik, die sich nach einem akribischen Trainingslager Deutschlands vor dem Turnier dann noch während der Gruppenphase in Wohlgefallen auflöste. Klar ist nur: zu viele Schlüsselspielerinnen dürfen natürlich im Sommer nicht ausfallen.