Frauenfußball-KolumneVerhalten von Gunnarsdóttirs Ex-Klub Lyon schockiert zutiefst

Sara Bjork Gunnarsdottir im Trikot von Juventus Turin.

Sara Björk Gunnarsdóttir am 27. Oktober 2022 in Aktion für Olympique Lyon.

Sara Björk Gunnarsdóttir wurde während ihrer Schwangerschaft kein Gehalt gezahlt. Das Verhalten ihres Ex-Klubs Olympique Lyon schockiert dabei zutiefst.

von Alina Ruprecht  (aru)

Im April 2021 gab Sara Björk Gunnarsdóttir (32) ihre Schwangerschaft bekannt. Drei Monate zuvor war von der Fifa ein neues Statut in Kraft gesetzt worden, das die Rechte schwangerer Profi-Fußballerinnen festhält.

Die neuen Normen sollten ihnen Sicherheit und den Vereinen klare Handlungsanweisungen geben. Doch im Fall der Isländerin wurden die verbindlichen Regeln einfach übergangen. Jetzt hat sie die schockierende Geschichte öffentlich gemacht.

Olympique Lyon verweigerte Zahlungen während Gunnarsdóttir-Schwangerschaft

Gunnarsdóttir spielte von 2020 bis 2022 für Olympique Lyon und war dort die erste aktive Spielerin, die ein Kind zur Welt brachte. Entsprechend herrschten bei ihr und den Verantwortlichen des Vereins die Unsicherheit vor. Man sicherte der Spielerin dennoch die volle Unterstützung zu, sei es vor der Geburt oder bei der Rückkehr ins Training.

Doch das stellte sich als leeres Versprechen heraus. Der französische Verein überwies der Isländerin plötzlich kein Geld mehr. Auf Druck Gunnarsdóttirs und ihres Agenten erfolgten Rückzahlungen über zwei Monatsgehälter.

Danach verweigerte Olympique Lyon weitere Überweisungen und berief sich dabei auf französische Rechtsnormen. Und das, obwohl die neuen Fifa-Regelungen zum Mutterschutz weltweit gültig sind.

Olympique Lyon drohte Sara Björk Gunnarsdóttir

Als Gunnarsdóttir die Spielergewerkschaft Fifpro einschaltete und beschloss, den Fall vor ein Fifa-Tribunal zu bringen, reagierte Olympique Lyon mit einer unfassbaren Drohung: Wenn sie diesen Schritt ginge, hätte sie bei dem Verein keine Zukunft mehr.

Das französische Team gilt als eines der weltweit besten im Fußball der Frauen. Achtmal gewann Olympique Lyon die Uefa Women’s Champions League, sowie zahlreiche nationale Titel. Zudem ist der Klub bekannt dafür, seinen Spielerinnen hohe und faire Gehälter zu zahlen.


Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF – Frauen reden über Fußball.


Umso schockierender ist nun das Verhalten, das Gunnarsdóttir beschreibt. Wie kann ein Verein, der sich als Vorreiter und gar Pionier im Fußball der Frauen sieht, eine Spielerin dermaßen schlecht behandelt?

Zu den ausbleibenden Gehaltszahlungen kommt auch die fehlende Unterstützung während der Schwangerschaft. Die Isländerin berichtet, dass sich der Klub zu keinem Zeitpunkt ihr nach ihrem körperlichen und psychischen Wohlbefinden erkundigte, während sie sich auf die Geburt vorbereitete.

Sara Björk Gunnarsdóttir durfte Sohn nicht auf Auswärtsfahrten mitnehmen

Bei Gunnarsdóttirs Rückkehr in den regulären Spielbetrieb dann der nächste Schock: Der Verein untersagte ihr, ihren neugeborenen Sohn Ragnar, den sie zu dem Zeitpunkt noch stillte, zu Auswärtsfahrten mitzunehmen. Man begründete dies damit, dass sein Weinen die anderen Spielerinnen stören könnte.

Den Rechtsstreit vor dem Fifa-Tribunal gewann Fifpro zugunsten der Spielerin. Von den knapp 110.000 Euro, die der Verein ihr während der Schwangerschaft hätte überweisen sollen, gingen anfangs nur etwas mehr als 27.000 auf ihrem Konto ein. Die restlichen 83.000 Euro plus Zinsen müssen Gunnarsdóttir, laut dem Gerichtsbeschluss, nun nachträglich ausgezahlt werden.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Der Fall zeigt, dass es trotz vieler guter Entwicklungen im Fußball der Frauen noch immer viel zu tun gibt. Nach wie vor herrscht bei vielen Vereinen der Business-Gedanke vor, das Wohlbefinden der Spielerinnen wird nicht selten hinten angestellt. Eine Schwangerschaft wird, wie bei Olympique Lyon, eher als etwas Negatives angesehen, das sich nachteilig auf den Spielbetrieb auswirkt.

Rückkehr in den Spielbetrieb nach der Geburt ist möglich

Dabei braucht es nicht viel, um eine Spielerin in dieser Situation zu unterstützen. Der springende Punkt ist, mal wieder, das Geld. Wenn Vereine und Verantwortliche nicht bereit sind, notwendige finanzielle Mittel bereitzustellen, läuft man Gefahr, aktive Profi-Spielerinnen indirekt davon abzubringen, schwanger zu werden.

Die Frauen befinden sich dann wiederum in der Situation, sich zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Positivbeispiele, wie Sara Björk Gunnarsdóttir oder auch Melanie Leupolz (28) und Almuth Schult (31), hatten zuletzt gezeigt, dass eine Rückkehr in den Spielbetrieb nach der Geburt definitiv möglich ist. Diese Entwicklung gilt es nun, in der Fußballkultur zu verankern und zu fördern.

Umso wichtiger ist die starke Botschaft, die Gunnarsdóttir mit ihrem Schritt an die Öffentlichkeit sendet. „Ich will sicherstellen, dass keine Spielerin jemals wieder das Gleiche durchmachen muss, wie ich“, erklärt die Isländerin. „Es ist nicht einfach ‚nur Business‘. Es geht um meine Rechte als Arbeitnehmerin, als Frau und als Mensch.“