Frauenfußball-Kolumne„Sind es leid, ständig für faire und gleichberechtigte Behandlung kämpfen zu müssen“

Fußballerin Janine Beckie (Kanada) hebt auf dem Spielfeld die Hände hoch.

Frauen-Länderspiel: Kanada gegen Südkorea am 26. Juni 2022 mit Janine Beckie. Kanadas Frauen kämpfen für mehr Gleichberechtigung im WM-Jahr 2023.

Es ist nicht alles Gold was glänzt: 2021 gewann die kanadische Frauen-Nationalmannschaft bei Olympia in Tokyo die Goldmedaille. Den Kampf um Gleichberechtigung und Anerkennung fechten die Spielerinnen jedoch bis heute aus.

von Alina Ruprecht  (aru)

Die Fronten zwischen den Spielerinnen, die jüngst mit einem deutlichen Statement ihrem Ärger Luft machten, und dem Verband sind verhärtet wie nie zuvor. „Das größte Turnier in der Geschichte des Frauenfußballs findet in weniger als sechs Monaten statt und unsere Vorbereitungen (…), und der zukünftige Erfolg des Frauennationalmannschaftsprogramms werden durch die anhaltende Unfähigkeit des kanadischen Fußballverbands (…) beeinträchtigt.“

Es sind klare Worte, die die Nationalspielerinnen finden und Aussagen, die voller Frustration und Unmut sind. In dem Statement des kanadischen National-Teams heißt es weiter: „Trotz unserer starken Erfolgsbilanz (…) wird uns weiterhin gesagt, dass es nicht genug Geld gibt, um unser Programm und das der Jugendmannschaften angemessen zu finanzieren.“ Der kanadische Fußballverband hatte kürzlich drastische Budgetkürzungen bekannt gegeben.

Kanada: Männer bekommen viel mehr Geld vom Verband als Frauen

Im WM-Jahr 2023 bedeutet dies konkret, dass weniger Nationalspielerinnen und Staff-Mitgliederinnen und Staff-Mitglieder an Trainingsmaßnahmen teilnehmen, die Dauer der Trainingscamps gekürzt wird, sowie bis auf Weiteres keine Spiele mehr vor heimischem Publikum stattfinden. Auch erfährt die kanadische Frauen-Nationalmannschaft nach wie vor nicht die gleiche finanzielle Zuwendung vom Verband wie das Team der Männer.

2021 erhielten die Spielerinnen umgerechnet knapp 3,5 Millionen Euro, während die Summe für ihre Kollegen mit etwa 7,8 Millionen Euro mehr als doppelt so viel betrug. Für das Frauen-Team steht im Februar die Teilnahme am SheBelievesCup, einem Einladungsturnier in den USA, an, bei dem es gegen namhafte Gegnerinnen geht.

Es ist ein wichtiger Test vor der WM (ab 20. Juli in Australien und Neuseeland), bei der Kanada durchaus Chancen auf den Titel hat. Jedoch kündigten die Nationalspielerinnen als Reaktion auf die Kürzungen des Verbands einen Streik an. Man wollte bis auf Weiteres an keiner Trainingseinheit sowie an keinem Spiel mehr teilnehmen.

Es ist ein bemerkenswertes Opfer, das die Spielerinnen in einer so wichtigen Phase vor der historischen WM bereit sind zu geben. Angesichts der langen Erfolgsstory der kanadischen Frauen-Nationalmannschaft ist das Handeln des Verbands nicht nachvollziehbar. In einem so wichtigen Jahr wie diesem sollte es die oberste Priorität sein, das Team bei der Vorbereitung bestmöglich zu unterstützen und ihm sämtliche Steine aus dem Weg zu räumen. Stattdessen wird bei den Spielerinnen unnötige Unruhe und Chaos geschürt.


Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF – Frauen reden über Fußball.


Ihr Streik währte indes nur kurz: Der Verband drohte den Spielerinnen mit heftigen juristischen Konsequenzen und Strafzahlungen, sollten sie den SheBelievesCup boykottieren. „Wir werden gezwungen, kurzfristig weiterzuarbeiten“, erklärte die Kapitänin der Nationalmannschaft, Christine Sinclair, auf Twitter. „Wir werden weitermachen und für das kämpfen, was wir verdienen, und wir werden gewinnen.“

Viele Fußballspielerinnen aus anderen Nationalmannschaften lobten die starken Statements der Kanadierinnen und zeigten sich solidarisch mit ihnen. Der Fall erinnert an einen anderen aus dem Jahr 2017. Damals boykottierte das dänische Frauen-Nationalteam ein wichtiges WM-Qualifikationsspiel im Kampf für gleichberechtigte Bezahlung durch seinen Verband. Die Aktion kostete die Mannschaft am Ende die Teilnahme an dem Turnier.

Auch ein anderes Team befindet sich derzeit im Streik. 15 namhafte spanische Nationalspielerinnen laufen seit 2022 nicht mehr für ihre Mannschaft auf, der Protest richtet sich gegen den Nationaltrainer Jorge Vilda. Sie werfen ihm vor, sie während Länderspielphasen systematisch zu kontrollieren und zu überwachen, sowie sie psychisch unter Druck zu setzen. Der spanische Verband hält an der umstrittenen Personalie fest, während die Spielerinnen ihren Boykott ebenfalls konsequent fortsetzen.

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Es sind Beispiele, die verdeutlichen, welche Kämpfe der Fußball der Frauen trotz des jüngsten Erfolgsaufschwungs noch immer ausfechten muss. Mit ihrem Mut und Nachdruck gehen jetzt die Nationalspielerinnen Kanadas gegen die ungerechte Behandlung durch den Verband vor.

Der Druck der Öffentlichkeit auf ihn wächst stetig. Zeitgleich ist klar, dass die Stimmen der Frauen-Nationalmannschaft nicht verstummen werden, bis sich nachhaltig etwas ändert.