Der Start ins WM-Jahr verlief für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft alles andere als rund. Für einige DFB-Stars wird es ein Wettlauf gegen die Zeit.
Frauenfußball-KolumneSorgen und Hoffnungen: Wer schafft es in den WM-Kader?
Bis zur Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) sind es noch drei Monate. Bei der letzten Länderspielpause waren die Leistungen des deutschen Nationalteams unabhängig von den Ergebnissen (1:0-Sieg gegen die Niederlande, 1:2-Niederlage gegen Brasilien) nicht überzeugend.
Überspieltheit und Verletzungssorgen waren dabei entscheidend, aber auch taktisch passte es an manchen Stellen nicht. Gerade die Verletzungen sorgen in den letzten Monaten auf manchen Positionen für einen Wettlauf gegen die Zeit.
Wie könnte der Kader zur WM aussehen?
Das WM-Casting ist in vollem Gange. Viele Möglichkeiten bleiben Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (55) nicht mehr, um vor der Reise nach Down Under zu testen. Am 24. Juni steht ein Länderspiel gegen Vietnam an, am 7. Juli geht es gegen Sambia. Wie könnte der finale Kader aussehen?
Tor: Merle Frohms (28) zwickt aktuell der Rücken, deshalb musste sie auch vor dem Brasilien-Spiel von der Nationalelf abreisen. Wenn die Wolfsburgerin fit ist, ist sie seit letztem Sommer klar gesetzt, mit Chelseas Ann-Katrin Berger (32) als erfahrener Nummer Zwei und Elfmeterkillerin. Der dritte Platz ist offen. Einladungen gab es für Stina Johannes (23, Eintracht Frankfurt), Ena Mahmutovic (19, MSV Duisburg) und Maria-Luisa Grohs (21, Bayern München), Einsatzzeiten aber für keine von ihnen. Almuth Schult, die noch immer vereinslos ist, erwartet Nachwuchs.
Abwehr: Hier gibt es aus gesundheitlichen Gründen gleich zwei Wackelkandidatinnen, denn einerseits fällt Innenverteidigerin Marina Hegering (33, VfL Wolfsburg) immer wieder mal aus. Andererseits arbeitet Giulia Gwinn (23, Bayern München) hart an ihrem Comeback nach Kreuzbandriss. Ob die Rechtsverteidigerin bis zur WM fit wird, dann auch in Spielform ist und eine sofortige harte Belastung dann eine kluge Idee ist, sind aber berechtigte Fragen.
Die meisten Einsätze auf der rechten Abwehrseite hatte in der Zwischenzeit Sophia Kleinherne (23), auch einsetzbar als Innenverteidigerin, gefolgt von Eintracht-Frankfurt-Kollegin Nicole Anyomi (23), bekanntlich sonst Offensivspielerin. Eine Alternative wäre Kölns Ally Gudorf (21), die bis zu ihrer zwischenzeitlichen Verletzung starke Leistungen auf der rechten Seite zeigte und seit ihrer Genesung auch wieder sehr wichtig für den FC ist. Auch sie ist eigentlich weiter vorne zu Hause, spielt aber zumindest im Verein diese Saison auf der rechten Defensivseite. Gudorf bringt sehr viel Dynamik, Kampfgeist, aber auch Übersicht mit und könnte ein Aktivposten sein, gleichzeitig den Spielerinnen vor ihr den Rücken freihalten.
Sollte Hegering fehlen, wären Kathrin Hendrich (31, VfL Wolfsburg) und Sara Doorsoun (31, Eintracht Frankfurt) in der Innenverteidigung gesetzt, mit Kleinherne als Wechseloption. Sjoeke Nüsken (22, Eintracht Frankfurt) konnte auf dieser Position wiederholt nicht überzeugen. In der Innenverteidigung fehlt es an Nachwuchstalenten, die sich aufdrängen.
Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.
Auf der linken Abwehrseite ist Felicitas Rauch (26, VfL Wolfsburg) gesetzt. Carolin Simon (30, Bayern München) musste zuletzt verletzungsbedingt absagen. Die Hoffenheimerin Chantal Hagel (24) durfte sich zudem auf der Position mal zeigen, sie ist eigentlich eine Mittelfeldspielerin, hat bei der TSG aber auch schon in der Innenverteidigung ausgeholfen und könnte als Allrounderin in den WM-Kader rutschen. Wolfsburg hat sich ihre Dienste bereits für nach dem Sommer gesichert.
Mittelfeld: Im Mittelfeld ist Lena Oberdorf klar gesetzt, sie ist aber eine der Spielerinnen, die von einem Urlaub vor der Vorbereitung profitieren dürften, denn so richtig fit wirkt die 21-jährige seit Wochen nicht. Überspielt scheint auch Lina Magull (28), weil beim FC Bayern verletzungsbedingt die Wechseloptionen fehlen.
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Ansonsten hat die Bundestrainerin im zentralen Mittelfeld die Qual der Wahl zwischen Melanie Leupolz (29, Chelsea), Sara Däbritz (28, Olympique Lyon) und Sydney Lohmann (22, Bayern München), zumal eigentlich auch eine Janina Minge (23) vom SC Freiburg mit ihrer Torgefahr und ihrem guten Blick für andere eine wertvolle Option sein könnte. Im Falle einer weiteren Verletzung ist sie die erste Kandidatin für eine Nachnominierung. Ob Lena Lattwein (22) rechtzeitig gesund wird, ist unklar.
Schmerzlich vermisst wird Linda Dallmann (28). Bei ihr ist ungewiss, ob sie nach ihrem Syndesmoseriss für die WM fit wird. Dallmanns Qualitäten im Dribbling auf engstem Raum und ihre Steckpässe fehlen besonders. Laura Freigang (25, Frankfurt) ist eine etwas andere Art von Spielerin, könnte aber als Zehnerin oder hängende Spitze hinter einer anderen Stürmerin für die bisher fehlenden Ideen sorgen. Sie durfte sich aber erneut nur in Kurzeinsätzen zeigen. Auch Jule Brand (20, Wolfsburg) wurde zuletzt vereinzelt vom Flügel nach innen gezogen und wusste zu überzeugen.
Angriff: Alexandra Popp (32, Wolfsburg) ist ähnlich wie Hegering eigentlich gesetzt, aus gesundheitlichen Gründen aber immer eine Wackelkandidatin, aktuell zwickt die Wade. Lea Schüller (25, Bayern München) ist ihre logische Nachfolgerin, ihr fehlt noch etwas von Popps Killerinstinkt, trotzdem können sich ihre Torausbeute und ihr Gespür für Vorlagen sehen lassen. Auf dem Flügel ist Svenja Huth (32, Wolfsburg) rechts gesetzt, links gibt es mit Klara Bühl (22, Bayern München) und Jule Brand zwei herausragende Optionen.
Und dann ist da noch Tabea Waßmuth (26, Wolfsburg), die im Verein diese Saison kaum zum Zug kommt, aber als Jokerin auf verschiedenen Positionen immer überzeugt. Eine Überraschungskandidatin aufgrund ihrer starken Saisonleistungen hätte Bayern Münchens erst 18-jährige Franziska Kett sein können, allerdings fällt auch sie für den Rest der Saison aus.