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Frauenfußball-KolumneDas Kapitänsbinden-Debakel trifft auch die Spielerinnen

Eine Eckfahne in Regenbogenfarben weht im Stadion an der Hafenstraße in Essen.

Beim Spiel der Frauen-Bundesliga im Stadion an der Hafenstraße in Essen weht am 19. November 2022 eine Eckfahne in Regenbogenfarben.

Sportlich ging es am Wochenende um den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals, überschattet werden die Tage danach aber von der WM der Männer in Katar und dem Verhalten des DFB und der anderen Nationalverbände.

von Annika Becker  (abe)

Denn diese sind nun mal auch für ihre Spielerinnen zuständig und diese werden nach den Vorkommnissen rund um die „One Love“-Binde befragt. Die deutschen Spielerinnen müssen sich nun mit einem Verband auseinandersetzen, der seine Spielerinnen ansonsten nur zu gerne mit der Pride-Kapitäninnenbinde und Regenbogen-Eckfahnen präsentiert. Der sich damit rühmt, dass es im Fußball der Frauen so viele oute lesbische und bisexuelle Spielerinnen gibt und sich auch durch ihre Biografien als modern und offen darzustellen versucht.

Während es im Fußball der Männer in Deutschland gar keinen und auf der ganzen Welt nur sehr wenige aktive, oute Spieler gibt, ist das im Fußball der Frauen in vielen Teilen der Welt Normalität.

DFB-Spielerinnen gehen in Sachen Diversität mit gutem Beispiel voran

Spielerinnen wie Lea Schüller präsentieren sich in den sozialen Medien ganz selbstverständlich mit ihren Partnerinnen und sind durch ihre Sichtbarkeit und Lockerheit Vorbilder. Und auch für ihre heterosexuellen Teamkolleginnen ist das alles kein großes Thema, sie tragen die Pride-Armbinden mit Stolz für ihre Mitspielerinnen.

Das war allerdings nicht immer so, wie man sehr schnell merkt, wenn man sich mit ehemaligen Spielerinnen unterhält, und diese Vergangenheit liegt nicht weit zurück. Die aktuelle Akzeptanz innerhalb des Fußballs der Frauen und dass diese nach außen getragen wird, ist erkämpft.

Beim VfL Wolfsburg war es im Jahr 2017 die ehemalige Kapitänin des schwedischen Nationalteams Nilla Fischer, die sich vehement für das Tragen einer Pride-Binde im Verein einsetzte. Sie war die erste Bundesliga-Spielerin, die mit einer Pride-Binde auflief.

Bei den großen internationalen Turnieren gab es in der jüngeren Vergangenheit von Verbandsseite oder einem Gastgeberland keine Repressionen zu befürchten.

Auch UEFA und FIFA war bisher immer daran gelegen, den Fußball der Frauen als möglichst sauber, möglichst familienfreundlich und möglichst progressiv zu präsentieren – selbst wenn die dafür bereitgestellte Bühne nicht immer so groß war, wie sie hätte sein sollen.

Nun sind die Spielerinnen selbst gerade nicht mal zum Zuschauen in Katar, ihre Wettbewerbe laufen weiter. Unter der Woche spielen Wolfsburg und Bayern in der Champions League und am Wochenende steht wieder der Bundesliga-Alltag an.


Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Man kann es ihnen aber nicht verübeln, wenn sich einige von ihrem männlichen Kollegen und dem DFB selbst im Regen stehen gelassen fühlen, egal wie groß der Druck der FIFA auch gewesen sein mag. Zumal es nicht ausgeschlossen ist, dass zumindest die Nationalspielerinnen in ihrer Karriere mal in eine ähnliche Situation kommen, in der sie selbst für ihre Rechte als Teil der queeren Community oder auch einfach nur als Frauen einstehen wollen.

Dafür braucht es nicht mal eine WM am Golf. Die USA bewerben sich für die WM 2027, der Oberste Gerichtshof kippte im Juni diesen Jahres das vorher landesweit geltende Recht auf Abtreibung. Seitdem gelten die Gesetze der zum Teil christlich-rechten Bundesstaaten, in einigen von ihnen sind Abtreibungen verboten, weitere könnten folgen und auch die Menschenrechte der LGBTQIA+-Community sind zunehmend in Gefahr. Vergleichbar ist die rechtliche Lage in Polen, das sich um die EM 2025 bewirbt. Und um die WM 2031 bewirbt sich China.

Der Fußball der Frauen ist für viele Spielerinnen wie Fans ein Schutzraum, ein Ort zum Wohlfühlen. Das ist er nicht wegen, sondern trotz der Verbände. Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen ist es nur schwer vorstellbar, dass es auf lange Sicht so bleibt. (abe)