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„Ihr habt bereits verloren“Irans Fußballer besuchen Präsident, Reaktionen sind verheerend

Carlos Queiroz (l.), Trainer der Nationalmannschaft des Iran, Hamid Sajjadi, Minister für Sport und Jugend, Ebrahim Raisi, Präsident des Iran, und Mehdi Taj, Präsident des iranischen Fußballverbandes, während eines Treffens zwischen der iranischen Fußballnationalmannschaft mit dem Präsidenten im Präsidentialamt.

Irans Präsident Ebrahim Raisi (3. v.l.) trifft die Nationalmannschaft mit Trainer Carlos Queiroz (l.) vor der Reise nach Katar.

Die Nationalmannschaft des Iran hat Präsident Ebrahim Raisi besucht, obwohl das Regime die Proteste brutal niederschlägt. Das sorgt für wütende Reaktionen.

von Alexander Haubrichs  (ach)

Die Fußball-WM in Katar wird nicht nur durch den Ausrichter überschattet. Mit dem Iran nimmt eine Mannschaft am Turnier teil, die ein Regime repräsentiert, das gerade im eigenen Land mehr als 15.000 Menschen inhaftiert hat, Todesurteile in Serie verhängt und Menschen auf offener Straße erschießen lässt.

Prominente Fußballer haben sich den Protesten angeschlossen, der Ex-Hamburger Mehdi Mahdavikia (45), auch der Ex-Bochumer Vahid Hashemian (46) etwa oder der frühere Bayern-Star Ali Karimi (46). Sein ebenfalls einst bei Bayern, Hertha und Bielefeld aktiver früherer Bundesliga-Kollege Ali Daei (53) wurde sogar kurzzeitig festgenommen, als er 40 Tage nach dem Tod von Mahsa Amini zu den Protesten in ihrer Heimatstadt reiste.

Ex-Stars schlagen Irans Einladung nach Katar aus

Eine Einladung nach Katar für die Spiele unter anderem gegen Gruppengegner England schlug Ali Daei aus. „Ich möchte mit euch in meinem Land sein und all den Familien, die in diesen Tagen ihre Angehörigen verloren haben, mein Mitgefühl aussprechen. In der Hoffnung auf gute Zeiten für den Iran, die Iranerinnen und Iraner“, ließ der Vater zweier Töchter wissen.

Er ist immer noch eine Legende, nur Portugals Superstar Cristiano Ronaldo (37, 117) schoss mehr Länderspieltore als der Ex-Nationaltrainer (109). Auch Rekordnationalspieler Javad Nekounam (42) unterstützt die Proteste.

Doch das Nationalteam lässt sich nun vom Regime instrumentalisieren, besuchte vor dem Turnier den Präsidenten Ebrahim Raisi (61) und applaudierte brav dem obersten Vertreter des Ayatollah-Regimes. Die Reaktionen darauf sind verheerend, wie ZDF-Korrespondentin Golineh Atai auf Twitter öffentlich macht.

„Hey Nationalspieler, der Besuch bei Raisi war für Euch die beste Gelegenheit, die Stimme des trauernden, unterdrückten Volkes dort zu Gehör zu bringen. Im Fach Erkenntnis kann man Euch nun nicht weniger als die Note 6 geben“, schimpfte etwa Yahya Golmohammadi (51), Trainer bei Persepolis Teheran. Der Double-Sieger verzichtete nach Saisonschluss auf Jubel und setzte so ein Zeichen der Solidarität.

Der Ehemann von Elahe Mohammadi, der Journalistin, die wegen der Amini-Enthüllung im Gefängnis sitzt, postete die Tickets für das Spiel gegen England mit den Worten: „Elahe, du bist rauf und runter gesprungen und hast gebrüllt, wie du 90 Minuten lang Iran! Iran! Iran! rufen wirst. Wie geht es dir in diesen Tagen? Hast du überhaupt Lust, das Spiel zu gucken? Hast du überhaupt Luft in deiner winzigen Zelle, wenn du schon keinen Fernseher hast? Tausend Fragen, auf die ich keine Antwort bekomme. Aber ich bin sicher, du wirst zurückkehren. Du wirst, mit dem Stift in der Hand, wieder für das Land schreiben.“

Enttäuschung im Iran über Nationalmannschaft

Auch viele normale Iraner zeigen in den sozialen Netzwerken offen ihre Verachtung. „Selbst wenn ihr Weltmeister würdet – ihr habt bereits verloren“, postet ein Regimegegner. Der im Iran extrem populäre Fußball ist wichtig für das Regime, weil man gerade die Unentschlossenen mit Erfolgen ruhigstellen kann. Weil man aber Proteste befürchtet, sind Zuschauer derzeit nicht erlaubt, Heimspiele der Nationalmannschaft finden nicht statt.

Deshalb haben nicht wenige einen Ausschluss der Mannschaft vom Turnier gefordert, die FIFA aber bislang nicht reagiert. Auch eine entsprechende Forderung der iranischen Frauenrechtsbewegung blieb ohne Folgen.