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Wolfsgruß, Erdogan und ÖzilDie Türkei schadet sich selbst – und der Stimmung in Deutschland

Die türkische Nationalmannschaft tritt nach dem 1:2 gegen die Niederlande im Viertelfinale der EM in Deutschland die Heimreise an. Bei vielen neutralen Fans löst dies Freude aus. Dafür gibt es Gründe.

von Denis Canalp  (can)

Die Türkei ist bei der EM in Deutschland ausgeschieden. Das freut viele neutrale Zuschauer und Zuschauerinnen. Das liegt nicht am Fußball der Nationalmannschaft, sondern an Präsident Recep Tayyip Erdogan und politischen Zeichen, die bei einem Fußballturnier nichts zu suchen haben. Ein Kommentar.

Fußball und Politik sollten nicht vermischt werden. Die türkische Nationalmannschaft hat dies bei der EM in Deutschland in Person von Merih Demiral (26) mit dem Zeigen des Wolfsgrußes – der von verschiedenen politischen Lagern in der Türkei benutzt wird – getan. Die Folgen sind ziemlich verheerend.

Merih Demiral zeigt den Wolfsgruß – mit verheerenden Folgen

Demirals folgerichtige Sperre, das Verhalten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (70) nach der Kritik der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (53) und der türkischen Fans im Berliner Olympiastadion und auf den Fan-Festen lösen regelrechte Turbulenzen aus, belasten am Ende auch das deutsch-türkische Verhältnis.

Der Vorfall schlug hohe Wellen und führte zu politischen Spannungen, unter anderem bestellten Deutschland und die Türkei die jeweiligen Botschafter ein. Auch Mesut Özil (35) goss mit einem Social-Media-Post und seinem Erscheinen in der deutschen Hauptstadt noch zusätzlich Öl ins Feuer.

Tausende türkische Fans solidarisierten sich mit Demiral und zeigten am Samstag (6. Juli 2024) nicht nur während der türkischen Nationalhymne den Wolfsgruß. Teilweise aus politischer Überzeugung, teilweise aus Trotz. Unter anderem deshalb, weil Erdogan seit Jahren in seiner Heimat das Bild der unterdrückten und ungerecht behandelten Türkei zeichnet.

Erdogan hätte mit Kritik an Demirals Geste die Situation sofort beruhigen können. Doch, dass dies gar nicht in seinem Sinne ist, zeigt nicht nur sein Statement (Der Spieler habe damit nur sein „Begeisterung“ ausgedrückt), sondern auch sein kurzfristiges Erscheinen beim Viertelfinale in Berlin, für das er sogar einen lang geplanten außenpolitischen Termin absagte.

Die Fotos von Erdogan in der türkischen Kabine und das Zeichen, das Erdogan durch das Händeschütteln auch von Demiral in die Heimat sendete, waren eindeutig: Der Präsident steht demonstrativ hinter seinen Spielern, hinter allen Türken. Dass Erdogan bei seinem Propaganda-Besuch den deutschen Weltmeister Mesut Özil im Stadion neben sich platzierte, verleiht der ganzen Diskussion ein zusätzliches Geschmäckle. Erdogan treibt mit diesen Aktionen einen zusätzlichen Keil zwischen den in Deutschland lebenden Türken und den Deutschen.

Es ist schade für die türkische Nationalmannschaft, dass ihr sportliches Abschneiden maximal noch am Rande thematisiert wird. Und das, obwohl die EM ein sportlicher Erfolg für die Türkei war.

Was hängen bleibt, sind nicht die Traumtore von Arda Güler (19) und Mert Müldür (25) gegen Georgien, nicht das dramatische Weiterkommen im Achtelfinale gegen Geheimfavorit Österreich, nicht die leidenschaftlichen und stimmungsvollen Fans. Es sind stattdessen die politischen Zeichen und die aufgeheizte Stimmung im Deutschland, die in den Köpfen bleiben, wenn man von der Türkei bei der EM 2024 spricht. Das ist schade, aber leider auch selbstverschuldet.