Kommentar zur Handball-WMDeutschland im Sieges-Rausch – aber die Lage ist trügerisch

Deutschlands Trainer Alfred Gislason jubelt vor der deutschen Bank.

Deutschlands Trainer Alfred Gislason jubelt am 21. Januar 2023 während des WM-Spiels gegen die Niederlande.

Deutschland steht schon vor dem abschließenden Spiel der Hauptrunde gegen Norwegen am Montagabend sicher im Viertelfinale der Handball-WM. Das Team überrascht positiv, überzeugt auf ganzer Linie. Dennoch kann Mittwoch schon alles vorbei sein. Ein Kommentar.

von Denis Canalp  (can)

Fünf Spiele, fünf Siege – die Bilanz der deutschen Handballer bei der WM ist makellos. Dabei galt das deutsche Team vor dem Turnier in Polen und Schweden als eine Wundertüte.

Vor dem Abschluss der Hauptrunde am Montagabend gegen Norwegen (23. Januar 2023, 20.30 Uhr) lässt sich festhalten, dass das deutsche Team Spaß macht – und in der bisherigen Form ein Medaillenkandidat ist. Wäre da nicht der Spielplan. Denn der verheißt für die DHB-Auswahl für das Viertelfinale wenig Gutes.

Frankreich oder Spanien als nächster Gegner – Deutschland ist Außenseiter

Trotz aller aufkeimender Euphorie in Deutschland droht dem Team von Bundestrainer Alfred Gislason bereits am Mittwoch das Aus. Bei einem Sieg oder einem Remis gegen Norwegen heißt der deutsche Gegner am Mittwoch Spanien, bei einer Niederlage wartet Olympiasieger Frankreich. So oder so: Deutschland geht als Außenseiter ins Viertelfinale.

Und die Iberer sind der absolute Angstgegner der deutschen Mannschaft. In 41 Vergleichen gab es gerade einmal elf Siege für das deutsche Team, 28 Mal hatte Spanien das bessere Ende für sich. Den letzten Sieg über Spanien feierte Deutschland am 23. Januar 2019 – bei der WM in Köln gewann Deutschland in einem echten Krimi 31:30!

Überhaupt: Der direkte Vergleich bei Weltmeisterschaften macht mehr Mut als die Gesamtbilanz, denn hier heißt es lediglich 4:6 aus deutscher Sicht.

DHB-Auswahl im Überblick

Der deutsche Kader für die Handball-WM 2023

Deutschlands Andreas Wolff feiert einen gehaltenen Ball.

Tor: Andreas Wolff (Team: Vive Kielce, 31 Jahre, 128 Länderspiele, 13 Tore)

Joel Birlehm reckt jubelnd die geballten Fäuste nach vorne.

Tor: Joel Birlehm (Team: Rhein-Neckar Löwen, 25 Jahre, 6 Länderspiele, 0 Tore)

Lukas Mertens (l) wirft gegen Islands Torwart Viktor Gisli Hallgrimsson (r).

Linksaußen: Lukas Mertens (Team: SC Magdeburg, 26 Jahre, 14 Länderspiele, 26 Tore)

Rune Dahmke jubelt nach einem Tor.

Linksaußen: Rune Dahmke (Team: THW Kiel, 29 Jahre, 43 Länderspiele, 76 Tore)

Deutschlands Paul Drux.

Rückraum links: Paul Drux (Team: Füchse Berlin, 27 Jahre, 118 Länderspiele, 207 Tore)

Philipp Weber (l) setzt sich gegen Islands Elvar Örn Jonsson (r) durch.

Rückraum links: Philipp Weber (Team: SC Magdeburg, 30 Jahre, 66 Länderspiele, 157 Tore)

Julian Köster (oben) versucht die schwedische Verteidigung zu überwinden.

Rückraum links: Julian Köster (Team: VfL Gummersbach, 22 Jahre, 19 Länderspiele, 35 Tore)

Juri Knorr hält den Ball im Nationaltrikot.

Rückraum Mitte: Juri Knorr (Team: Rhein-Neckar Löwen, 22 Jahre, 28 Länderspiele, 60 Tore)

Cheftrainer Alfred Gislason und Luca Witzke umarmen sich nach dem Spiel.

Rückraum Mitte: Luca Witzke (Team: SC DHfK Leipzig, 23 Jahre, 14 Länderspiele, 24 Tore)

Leipzigs Simon Ernst (l) wird von Flensburgs Simon Hald behindert.

Rückraum Mitte: Simon Ernst (Team: SC DHfK Leipzig, 28 Jahre, 56 Länderspiele, 38 Tore)

Kai Häfner jubelt nach einem Tor.

Rückraum rechts: Kai Häfner (Team: MT Melsungen, 33 Jahre, 122 Länderspiele, 283 Tore)

Djibril M'Bengue jubelt über ein Tor.

Rückraum rechts: Djibril M’Bengue (Team: Bergischer HC, 30 Jahre, 11 Länderspiele, 11 Tore)

Christoph Steinert in Aktion.

Rückraum rechts: Christoph Steinert (Team: HC Erlangen, 32 Jahre, 15 Länderspiele, 34 Tore)

Patrick Groetzki am Ball.

Rechtsaußen: Patrick Groetzki (Team: Rhein-Neckar Löwen, 33 Jahre, 158 Länderspiele, 382 Tore)

Deutschlands Johannes Golla feiert einen Treffer.

Kreis: Johannes Golla (Team: SG Flensburg-Handewitt, 25 Jahre, 50 Länderspiele, 163 Tore)

Jannik Kohlbacher (l), setzt sich gegen Islands Arnar Freyr Arnarsson (M) und Islands Ymir Örn Gislason durch.

Kreis: Jannik Kohlbacher (Team: Rhein-Neckar Löwen, 27 Jahre, 85 Länderspiele, 170 Tore)

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Und auch gegen Olympiasieger Frankreich weist Deutschland eine negative Bilanz auf. Von 38 Spielen gewann die DHB-Auswahl 13 – 20 Mal triumphierte Frankreich. Doch beim letzten Aufeinandertreffen am 9. Januar 2022 gewann Deutschland knapp mit 35:34. Die deutschen Nationalspieler wissen also, wie man die Franzosen schlägt. Bei Weltmeisterschaften ist die deutsche Bilanz gegen Frankreich jedoch eindeutig. Und zwar positiv. Von 14 Begegnungen gewann Deutschland neun.

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Das deutsche Team überzeugt bei der WM bislang jedoch auf ganzer Linie. Trainer Alfred Gislason (63) hat es geschafft, eine echte Mannschaft zu formen. Die Torhüter Andreas Wolff (31) und Joel Birlehm (25) gelten als das beste Torhüter-Duo der WM, die Abwehr steht sicher und im Angriff glänzt Spielmacher Juri Knorr (22). Diesem deutschen Team ist bei der WM vieles zuzutrauen.

Und geht es im Viertelfinale gegen einen der großen Turnierfavoriten schief, wird nach den bisherigen Auftritten, das Geschrei auch nicht groß sein. Das nimmt auch den Druck von der weitgehend neu formierten DHB-Auswahl. Nach dem schwachen Abschneiden bei der WM 2021 (12. Platz) und bei Olympia (Platz sechs) hat das aktuelle Turnier aus Sicht der deutschen Handball-Fans endlich wieder Spaß – und gleichzeitig auch Mut für die Zukunft gemacht. Der deutsche Handball ist wieder auf der internationalen Landkarte – eine wichtige Erkenntnis ein Jahr vor der Heim-EM in Deutschland. (can)