Mit seinem 657. Spiel in der Bundesliga beendet Johannes Bitter am Sonntag seine eindrucksvolle Handball-Karriere. Schafft er in Hamburg die Wende?
Handball-BundesligaBitters Abschied: Überragender Torhüter, „super Charakter“
Etwas Gänsehaut bekommt Johannes Bitter schon, wenn er an seinen Abschied denkt. „Ich bin sicher, dass es emotional wird“, sagt der Torhüter des Handball-Bundesligisten HSV Hamburg. Am Sonntag, gegen den Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt, wird Bitter seine Karriere beenden. Nach offizieller Zählung der Handball-Bundesliga (HBL) wird der Weltmeister von 2007, deutsche Meister von 2011 und Champions-League-Sieger von 2013 dann 657 Bundesligapartien absolviert haben. Dazu kommen 175 Einsätze im Nationaltrikot.
„Ich freue mich unwahrscheinlich über die Wertschätzung, dass so viele Leute zu diesem Spiel kommen und mich noch einmal im Trikot sehen wollen“, sagt der 2,05-Meter-Mann. Seine Karriere begann für den gebürtigen Oldenburger bei der SG VTB Altjührden und führte ihn über den Wilhelmshavener HV zum SC Magdeburg und zum HSV Hamburg. Dort erlebte er 2016 die Insolvenz und den Zwangsabstieg des Clubs. Es folgten fünf Jahre beim TVB Stuttgart, ehe er sich 2021 wieder den Hanseaten anschloss.
Highlight-Spiel bei der Weltmeisterschaft 2007
Bitter, den eigentlich alle nur „Jogi“ nennen, hatte absolute Highlight-Spiele, die in Erinnerung geblieben sind. So auch bei Andreas Michelmann, dem Präsidenten des Deutschen Handballbundes (DHB): „Wenn ich an Johannes Bitter denke, erinnere ich mich an seinen grandiosen Einsatz im Finale der Weltmeisterschaft 2007, als Henning Fritz verletzt ausgeschieden war.“ Bitter kam auf das Feld, hielt den 29:24-Sieg über Polen fest und sicherte das zweite deutsche WM-Gold nach 1978.
„Klar, die Spiele, die zu Titeln geführt haben, die waren schon besonders. Das sind Sachen, die dich dein Leben lang begleiten, weil sie einfach deine Karriere beeinflusst haben“, sagt Bitter, den in der Rückschau auf seine Laufbahn eine Zeit ganz besonders geprägt hat: „Was immer hängen bleiben wird, sind die ersten zwei Jahre beim SC Magdeburg, wo Alfred Gislason mich ins kalte Wasser geschmissen und einfach hat spielen lassen.“
Auch Gislason, mittlerweile seit 2020 Trainer der deutschen Nationalmannschaft, hat gute Erinnerungen an die gemeinsamen Jahre: „Als Trainer in Magdeburg habe ich den jungen Johannes Bitter zum SCM geholt. Er war ein überragender Torhüter und sehr intelligenter Handballer“, sagt der 65-Jährige. Und er hebt noch eine weitere Bitter-Besonderheit hervor: „Jogi ist ein super Charakter und Mannschaftsspieler - eine Führungspersönlichkeit auf und außerhalb des Spielfeldes.“
Das Spiel wird immer rasanter
Auf dem Spielfeld hat sich in den langen Jahren viel getan. Das Spiel sei durch die Einführung der schnellen Mitte sehr viel rasanter geworden. Bitter: „Ohne despektierlich zu sein: Früher wurde ein bisschen gekreuzt und es gab mehr Würfe aus dem Rückraum.“ Mittlerweile sei der Torwart der erste Angriffsspieler geworden und durch „das Sieben-gegen-Sechs ist es auch viel mehr Lauferei“.
Anfang Oktober, nach der 27:30-Pokalniederlage gegen den THW Kiel, gab Bitter sein Karriereende bekannt. Seitdem konzentriert er sich auf seine neuen Aufgaben als Vizepräsident und Sportchef des Clubs. „Ich habe in den letzten Jahren schon etwas reinriechen und viele Sachen mitgestalten dürfen. Jetzt auch Verantwortung zu tragen, macht mir schon wahnsinnig viel Spaß, aber es bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich.“
Jetzt plant Bitter die sportliche Zukunft des HSV Hamburg
Vor der laufenden Saison hatte der HSV Hamburg große Sorgen um die Lizenz, die erst in letzter Instanz erteilt wurde. Auch das ist ein Feld, mit dem sich Bitter nun beschäftigen muss. „Idealerweise haben wir da bis zum Ende dieser Saison Ruhe drin“, sagt der 42-Jährige. Sein Ziel ist es, die Hamburger Handballer dauerhaft in die obere Tabellenhälfte zu führen. Das aber mit Geduld und Augenmaß: „Klar ist, dass wir schon ambitioniert in Richtung Zukunft denken wollen, aber wir werden nicht den Fehler machen, jetzt irgendwie durchzudrehen und zu sagen, dieses Ziel muss dann erreicht sein.“
Gegen die SG Flensburg-Handewitt wird Bitter nun am Sonntag (15.00 Uhr/Dyn) zum letzten Mal in die höchstwahrscheinlich ausverkaufte Arena im Hamburger Volkspark einlaufen. Die Vorbereitung auf den finalen Akt beschreibt er so: „Ich habe in den vergangenen Wochen mit der U21 trainiert, damit ich unseren Jungs aus der Bundesliga-Mannschaft nicht allzu sehr im Weg bin. Mal gucken, wie das Spiel dann läuft. Es gibt keine Einsatzgarantie, das ist ja vollkommen klar. Aber eine Bankgarantie gibt es auf jeden Fall.“ Und auf jeden Fall wird hinterher mit der Familie, Freuden und alten Weggefährten noch ordentlich gefeiert. (dpa)