Der Traum von einer EM-Medaille wird sich die deutschen Handballerinnen nach der 22:30-Niederlage gegen Dänemark nicht erfüllen. Die Verantwortlichen sehen eine große Lücke zur Weltspitze.
Frauen-EMHandball-Frauen glauben nicht an EM-Wunder
Das im EM-Medaillenkampf benötigte sportliche Wunder wollten Deutschlands Handballerinnen vor dem Showdown mit Olympiasieger und Rekord-Europameister Norwegen gar nicht erst beschwören. „Wenn man die Spiele anschaut, ist das irrelevant. Jetzt noch vom Halbfinale zu sprechen, wäre total überzogen“, sagte Bundestrainer Markus Gaugisch vor dem Duell mit dem heißen Gold-Favoriten am Montag in Wien (18.00 Uhr/Sportdeutschland.TV).
Durch die 22:30-Pleite gegen den Olympia-Dritten Dänemark ist der Traum von der ersten EM-Medaille seit 30 Jahren geplatzt. Die Chance zum Weiterkommen besteht nur noch auf dem Papier. Daran glauben mag im DHB-Team niemand mehr, bräuchte es dafür doch nicht nur zwei eigene Siege gegen Norwegen und zum Hauptrunden-Abschluss gegen Slowenien, sondern auch völlig verrückte und unrealistische Patzer der Gruppenrivalen Niederlande und Dänemark.
Sportchef sieht große Lücke zur Weltspitze
DHB-Sportvorstand Ingo Meckes zog daher schon vor dem Ende der Endrunde ein ernüchterndes Fazit. „Natürlich geht man immer mit dem Wunsch in ein Turnier, den großen Wurf zu schaffen. Aber momentan reicht es dafür nicht. So ehrlich müssen wir zueinander sein“, sagte Meckes der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Jahr vor der Heim-WM sieht der Sportvorstand die DHB-Auswahl von der Weltklasse ein gutes Stück entfernt. „Wir haben gegen zwei Topteams jeweils hoch verloren. Da steht die Mannschaft derzeit“, sagte Meckes zum Leistungsstand der DHB-Frauen. „Wir sind momentan nicht besser. Das müssen wir akzeptieren“, räumte Linksaußen Antje Döll selbstkritisch ein.
Mit Blick auf das WM-Highlight 2025 im eigenen Land sieht der 48 Jahre alte Meckes, der erst seit wenigen Monaten im Amt ist, noch viel Arbeit: „Wir müssen schauen, wie wir uns weiterentwickeln können, Talente nach oben ziehen und den Konkurrenzkampf anheizen. Diese Fragen müssen wir nach dem Turnier erörtern.“
Bundestrainer benennt Schwächen
Gaugisch legte ebenfalls den Finger in die Wunde. „Man sieht den Unterschied zu den Top 3, Top 4 oder Top 5. Die treffen aus dem Rückraum, treffen im Eins-gegen-Eins, treffen vom Kreis, treffen von Außen. Bei uns ist diese Konstanz nicht vorhanden“, sagte der 50-Jährige und ergänzte: „Wir müssen hart arbeiten, Dinge klar ansprechen und uns verbessern.“
Der Bundestrainer kommt sich dabei manchmal vor wie im Hamsterrad. Denn auf dem angestrebten Weg in die Weltspitze stagniert die DHB-Auswahl. Aufgeben will Gaugisch aber nicht. „Es wäre nicht richtig, wenn ich das einfach so hinnehme. Natürlich kommt man immer wieder in Situationen, wo man sich denkt, dass hätte ich mir anders gewünscht. Aber damit muss man umgehen. Da alles über einen Haufen zu werfen, wäre nicht richtig“, sagte er.
Vor der Herkulesaufgabe gegen das derzeit wohl weltbeste Team aus Norwegen hofft der Bundestrainer auf den nächsten kleinen Schritt in der Entwicklung. „Wir haben gegen die Niederlande und Dänemark jeweils deutlich verloren. Das eine Mal hatten wir 20 gute Minuten, das andere Mal 40. Wir wollen die Dinge, die wir uns vornehmen, bedingungslos umsetzen“, sagte Gaugisch nach einer kurzen Nacht. Rückraumspielerin Viola Leuchter gab das Motto vor: „Es ist an der Zeit, dass der Knoten gegen einen großen Gegner mal platzt.“ (dpa)